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Wir wurden vor einiger Zeit von Freunden zu einem Dinner in einem Restaurant in Köln eingeladen. Durch Corona musste der Termin mehrfach verschoben worden. Jetzt sollte also schnell gehandelt werden ehe neue Katastrophen auftauchen.
Mehrere Häuser kamen in die engere Wahl. Zum Wunschdatum klappte es (nur) im Sahila.
Ambiente
Das Lokal ist recht klein. Es passen etwas mehr als 20 Leute hinein. Die Einrichtung ist „einfach“ gehalten. Die Zweiertische sind relativ klein und haben eine quadratische Platte.
Auf Tischdecken wird verzichtet. Aber das Besteck ist schon originell und edel gewählt.
Für uns fünf wurden zwei Tische zusammen geschoben und eingedeckt.
Service
Die drei jungen Männer machten einen ausgezeichneten Service. Sie waren empathisch eingestellt und durchaus schlagfertig und humorvoll noch dazu.
Auch die Chefin servierte teilweise einzelne Gänge persönlich und erkundigte sich nach dem Wohlbefinden.
Die Karte(n)
Menü in 5, 6 oder 7 Gängen / umfangreiche Weinkarte
Die verkosteten Speisen
Kenzolie – Olivenöl und Kaffee
Brot und Butter
Auf einem Holzbrett wurden zuerst „Oliven“ und kleine „Türmchen“ serviert. Brot und eine Möhrenpaste rundeten die Eröffnung ab.
Die grünen „Dinger“ sahen täuschend echt aus; es waren aber eher Pralinen aus einen cremigen Masse (außen grün, kein Kern und eine schmackhafte Paste). Zarte Teigscheiben und wiederum eine köstliche Creme bildeten die Türme.
Das Brot war frisch und hatte eine feine Kruste. Die Möhrenbutter passte gut dazu.
Amuse - Austernperle – Sellerie – Apfel – Senfsaat (Frankreich)
In einer Muschel wurde eine vegetarische Version einer Auster präsentiert. Und sie hat „trotzdem“ geschmeckt. Gemüse, Obst, Gewürze und etwas Queller ergaben die Aromen.
Gang 1 – Spargel – Kirschblüte – Shiso – Sakura (Japan)
Aus verschiedenen Pflanzen (u.a. feine Streifen von weißem Spargel) wurde die Blüte geformt. Es sah optisch hinreißend aus und schmeckte auch noch nach Kräutern.
Die grüne Spargelstange war fein gegart und hatte noch Biss; obenauf waren Cremes und Gemüseperlen aufgetragen. Eine spannende Komposition.
Die weiße Spargelform bestand komplett aus einer weichen Paste. Es war eine Art Spargel-Püree.
Nach den vegetarischen Speisen folgten nun Meeresfrüchte und Fisch.
Gang 2 – Jakobmuschel – Tamale – Bohne – Jalapeno (Mexico)
Insgesamt handelte es sich um eine Form von Cevice (bisher habe ich diese Zubereitungsart Peru zugeschrieben, aber es gibt sie sicher auch in anderen amerikanischen Ländern). Die Muschelstücke waren in Limette „gegart“ worden, mit Gemüse angereichert und noch scharf, sauer abgeschmeckt.
Die grüne Sauce diente als Würze und gleichzeitig als Begleiter der „Teigtaschen“, die in Pergament und mit Kordel verschnürt gegart worden waren. Die Päckchen lagen in einer Extra-Schüssel.
Gang 3 – Hirmmasa Kingfisch – Salat – Fischsauce – Kräuter (Vietnam)
Der Fisch war gut gegart – vielleicht confiert. Er schmeckte zart und saftig. Dazu gab es Gemüse bzw. Salat. Das „Päckchen“ war zu einem Quader geformt worden. Blüten und Blätter verzierten pittoresk Optik und Geschmack.
Dann wurde noch die Sauce – eine Art Fischsuppe – angegossen. Sie passte köstlich zu Fisch und Gemüse; allein jedoch verzehrt, wirkte sie für mich jedoch recht salzig. Es war aber nicht versalzen, sondern mutig gewürzt worden.
Das Salatsträußchen wurde separat in einer Bambusschale gereicht.
Aber auch Fleisch stand auf der Karte.
Gang 4 – Kaninchenfilet – Karotte – Blumenkohl – Curry (Indien)
Das Filet war leicht gegrillt und sanft gegart worden; so blieb das Fleisch saftig und zart. Das Kaninchen wurde von einer hellen Buttersauce begleitet. Die Möhre wurde als Creme und als ausgestochene Blume präsentiert. Der Blumenkohl war kurz und stark erhiltzt verarbeitet worden. Ich mag das gerne so, am besten noch mit Ras el Hanout gewürzt. Ob jetzt „Curry“ auf das Gemüse oder die Gewürze gemünzt war, weiß ich nicht genau. Aber es hat gut zusammen gepasst und mich erfreut.
Gang 5 – Khoresht-e-Rivas Blonde d´Aquitaine Kalbstafelspitz – Rhabarber – Sellerie – Minze (Iran)
Das Fleisch war geschmort worden. Und das war sehr gut gelungen: Es war zart, saftig, aber noch nicht bis zum Zerfall gegart. Das Stück konnte bzw. musste noch mit dem Messer geschnitten werden. Für mich muss das auch so sein – Brei-Fleisch mag ich nicht so gerne. O.K. - Sauce mag ich lieber unter dem Fleisch, als über dem Stück. Aber die Sauce war schmackhaft und das entschädigt dann doch.
Unter dem Fleisch und teilweise in der Sauce waren dann noch Minze- und vielleicht Spinatblätter blanchiert als Gemüse angerichtet.
Etwas Reis war ebenfalls bissfest gegart und mit einer Paste überbacken worden, sodass fast ein Reisbällchen entstand.
Die drei Beilagen-Stagen waren wieder Überraschungen: der Rhabarber war bissfest, die Sellerieportion war weich, aber zusammenhängend und die dritte Komponente war wieder eine helle Paste ohne feste Struktur.
Nun folgte der süße Teil.
Pré Dessert – Waldspaziergang – Weizengras – Fichtensprosse – Elster (Deutschland)
Wunderschön waren wiederum die Zutaten angerichtet worden. Von den Zutaten her erinnerte es mich eher an „nordische Küche“, weil einige Pflanzen, die nicht unbedingt als lieblich gelten, verwendet wurden.
Der Apfel hatte die Form einer Blüte angenommen. Das Weizengras war gemahlen und mit bräunlichem Puder zu einer kleinen Stange geformt worden. Zuerst hielt ich es fast für ein Stück Marzipan. Die Konsistenz war für mich ähnlich, aber der Geschmack doch etwas anders. Eine dunkelbraune Rolle befand sich daneben und erinnerte etwas an Schokolade. Wie feiner Streusel wirkte die dritte Komponente, die weiß und körnig erschien. Das Fichtengrün war wohl die Grundlage der grünen Sauce.
Das Dessert hat mich völlig überzeugt. Endlich einmal eine pflanzliche Nachspeise, die mich überzeugte.
Gang 6 – Erdbeertraum – Thaibasilikum – Kokos – Pandan (Thailand)
Auch die Hauptnachspeise war lecker. Trotz der vielen Komponenten und „fremden“ Zutaten wirkte sie am Ende jedoch etwas „bieder“. Erdbeeren mag ich einfach gerne und die weiteren Zutaten passten gut zum fruchten Geschmack.
In einer weiteren Schale waren zwei kalte Komponenten. Die weiße Creme erinnerte an aufgeschlagene Sahne oder Crème fraîche: Erfrischend und rund. Die grüne Nocke enthielt dann wohl Pandan. Ebenfalls frisch und etwas fruchtig dazu.
(Gang 7 – Feine Käseauswahl von Maitre Affineur Waltmann – haben wir ausgelassen)
Petit Fours
Zum Kaffee gab es eine Macadamia-Nuss mit einem Überzug von weißer Schokolade und ein kleines Tortenstück, das feine Bisquit-Schichten und helle Cremes enthielt.
Getränke
Campari Soda
Gin Tonic
Gerolsteiner medium und still
Schloss Vaux Rosé Brut
Sektmanufaktur - Hubertus Reis Riesling brut
J. Hofstätter - Oberkerschbaum Sauvignon 2019
Springfontein - Jil´s Dune Chenin blanc 2017
Domaine des Masques Exception Chardonnay 2020
Barone Ricasoli - Roncicone Gran Selezione Chianti Classico DOCG 2016
Spreitzer - Oestricher Lenchen Eiserberg Riesling Spätlese „303“ VDP - Grosse Lage fruchtsüß 2020
Espresso
Die Weine waren durch die Bank großartig. Wir wollten nicht (einfach) die Weinbegleitung. Der Sommelier war hocherfreut und schlug nach Rücksprache jeweils einige Weine vor.
Preis-Leistungs-Verhältnis
Die Preise liegen (noch) leicht unter denen der Kölner Ein-Stern-Restaurants. Julia Komp eröffnete erst Januar 2022 und kam so (noch) nicht in die Wertung. Ihr Ziel sind jedoch Sterne, wie sie in mehreren Interviews betonte.
Fazit
4 – gerne wieder – schöne Teller und feine Zutaten. Alle sechs bis sieben Wochen werden die Menüs neu gestaltet.
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder – nach „Kuechenreise“)
Datum des Besuchs: 26.05.2022 – abends – 5 Personen
Meine Genießer-Erlebnisse stehen auch bei http://kgsbus.beepworld.de/archiv.htm
Gesamt – Service – Sauberkeit – Essen – Ambiente - P-L-V
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