Geschrieben am 29.03.2015 2015-03-29| Aktualisiert am
29.03.2015
Besucht am 29.03.2015
Im tristen Arbeitnehmer-Dasein ist es eine meiner größten Freuden, am Samstagvormittag den Markt und meine favorisierten Feinkost-Geschäfte anzusteuern, voller entspannter Vorfreude Leckereien für den Abend und Zutaten für das Sonntagsrezept zu besorgen und mir last not least dabei mittags etwas schnelles, in der Regel tendenziell eher ungesundes einzuverleiben.
Meine jüngste Entdeckung am Ohligser Markt war leider geschlossen, meine dort geliebte Pasta plötzlich in weiter Ferne, ich schleppte mich von Weinkrämpfen geschüttelt zurück zum Vehikel und steuerte resigniert eine örtliche Institution in Sachen Gyros an.
Des Schicksals glückliche Fügung ließ dort angekommen meinen Blick zur anderen Straßenseite schweifen. „Milkbar, Diner & Bakery“ las ich dort, „Try our Homestyle-Burgers!“ hieß es auf Emaille im Schaufenster, die amerikanische Flagge war präsent und man konnte Teile des Interieurs erahnen.
Man erkannte schnell, dass sich hier jemand viel Mühe gegeben hat, lediglich die noch fehlende Neon-Werbung über dem Schaufenster verlieh dem Exterieur einen etwas unfertigen Eindruck.
Doch davon ließ ich mich als Verfechter einer infantilen Wertschätzung der amerikanischen Diner-Küche nicht abschrecken, sollte es in meinem Kaff tatsächlich eine neue Hoffnung für dieses Genre geben?
Eingetreten wähnte ich mich zunächst in einer Art surrealer Vision, eine ca. 16 jährige kleine Maus im pinken Pettycoat mit passender Haarschleife begrüßte mich freudigst gut gelaunt. Um mich herum pinkes Pastell, überall 50iger Nippes an den Wänden, im Hintergrund dudelte Little Richard, ein anwesender twenty-something Gast verschlang einen Teller Pancakes mit Rührei, Toast und Bacon – „Ob ich was essen will? Ja, alles, sofort, danke!“
Ich konnte mir gut vorstellen, dass dies für viele meiner gerne von Foie Gras Orgien fachsimpelnden Feinschmecker-Mitstreiter irgendwo zwischen Vorhölle und kulinarischer Guantánamo Bay rangieren würde, war umso entschlossener hier zu essen und fühlte mich sehr bald sehr wohl in einer Mischung aus Pioniertatenlaune und wohliger Nostalgie in Gedanken an wundervolle USA Besuche vor vielen Jahren.
Die kleine Lady kam mit der Karte angewackelt, A4 laminiert, sehr liebevoll gestaltet und größer als erwartet (die Karte!). Hier zeigt sich eine schöne Auswahl von durchweg Elvis-kompatiblen Frühstückstellern (Ahornsirup, Pancakes, Bacon, baked Beans, Eier in allen Varianten), Fingerfood, etwas Pasta, einige Tellergerichte und natürlich Burger, letztere in einer erfreulichen, zum Teil sehr authentischen Bandbreite mit Angus Rind und passenden Buns (u.a. Brioche und einer dunklen Guinness Spielart).
Als Entscheidungs-Neurotiker hatte ich kein leichtes Spiel, ich wählte kurzentschlossen Pasta um mich für meine soeben erlebte Enttäuschung zu entschädigen, Spaghetti „Bel Air“ zu 7,90€ sollten es sein, laut dem durchweg zweisprachigen Menu mit einer „sweet & spicy meat sauce“, nehmt das ihr faulen Italiener von der Pizzeria am Markt!
Dazu eine Coke, mit Eis bitte! Die Coke kam (0.2l zu 2€), angenehm kühl aber leider ohne Eis, Eismaschine sei gestern kaputt gegangen, das täte ihr sehr leid und sie hoffe das mir die Cola trotzdem schmecken würde was ich gerne bejahte.
Nun, mit vereinzelten nicht therapierbaren Ausnahmen in diesem Forum kenne ich niemanden, der beim Anblick der lächelnden kleinen Maus im Pettycoat nicht sogar lauwarmen Lebertran freudig akzeptiert hätte.
Nach angenehmer Wartezeit folgte meine Pasta zusammen mit einem etwas klein geratenen Schälchen Parmesan und ich war erst mal überrascht. Das sah nett aus mit der kleinen Deko aus Basilikum und Kirschtomate und roch hervorragend, wenn auch mir etwas zu lieblich-tomatig.
Die Spaghetti waren auf den Punkt gegart und ich war sehr davon angetan, wie gut abgetropft diese waren, nicht ein Hauch Wasserpfütze am Boden des Tellers, das kenne ich leider oft „etwas“ anders, wenn diese nicht nach italienischer Art im Sugo geschwenkt wurden.
Die Sauce definitiv hausgemacht, der Hackfleisch-Anteil war großzügig bemessen, etwas Speck war zu sehen, Gemüse außer Zwiebeln, Tomaten und einem minimalen Hauch Knoblauch nicht wirklich zu vernehmen, was das Ganze optisch sicher hervorragend Kinder-kompatibel machen dürfte.
Geschmacklich war es keine an eine klassische Bolognese erinnernde Sauce, das „sweet & spicy“ war tatsächlich Programm, eine runde, schwere Tomatensüße und ein minimaler Chili-Kick, etwas ungewöhnlich aber geschmacklich gut und dabei ehrlich und solide gekocht.
Nach einem kleinen Plausch mit der Betreiberin, in dem sie mir verriet, dass es den Laden in dieser Form erst seit vier Wochen gäbe, sie aber schon seit einigen Jahren sehr erfolgreich mit handgemachten Designer Torten im 50er Design unterwegs sei, entschloss ich mich bald mal wieder reinzuschauen.
Gesagt getan, schon am nächsten Tag Madame überredet, ich lockte mit der Aussicht auf dekadente Milkshakes sowie leckere Frühstücksangebote mit Pfannkuchen.
Bedingt durch die Zeitumstellung war es allerdings schon früher Nachmittag, wir entschlossen uns daher beide für etwas aus der Burger-Abteilung und jeweils eine „Pink Lemonade“ (3,50€), eine frische Limonade mit Zitrone, Grapefruit und Orangen-Aroma.
Auch heute war wieder die kleine Pettycoat Lady am Werke und servierte die Limonaden, letztere kam ebenso herzallerliebst daher wie der Rest des Ladens, kleine Schraubgläser im Country-Style mit Strohhalm, was es alles gibt.
Hier war es sehr schade, dass die Eismaschine defekt war, eiskalt hätte mir dieses Getränk sicher etwas besser geschmeckt, das es frisch angemixt war konnte man deutlich sehen und schmecken.
Nach ca. 20 Minuten kamen unsere Burger, ein „Jack Daniels Pulled Pork Burger“ (14,90€) für mich, Madame optierte für einen „Chee-Cheeseburger“ (9,90€), beide mit standesgemäßer Begleitung aus einer in der Karte nicht näher deklarierten Kartoffel- und Gemüsebeilage sowie Cole-Slaw.
Da ich selber keinen Smoker besitze stürze ich mich gerne auf Pulled Pork wenn ich in England bin, ich mal in einem Hard Rock Cafe lande oder wann immer sich auch hierzulande die seltene Gelegenheit bietet. An dieser Stelle warne ich übrigens ausdrücklich vor dem widerlichen Convenience Produkt der Firma Tulip, das es momentan bei Edeka gibt, dagegen ist Frühstücksfleisch aus der Dose geradezu eine Delikatesse.
Der Pulled Pork Burger bestand aus einem rustikalen Roggen Brötchen mit Guinness im Teig, dessen leicht herbe Note hervorragend mit der Süße von Fleisch und der hausgemachten Jack Daniels BBQ Sauce funktionierte. Auch die Konsistenz des Brötchens war perfekt, leicht knusprig, innen fluffig aber insgesamt stabil genug um sich nicht schon bald zusammen mit den restlichen Komponenten in einen fettigen Pamp zu verwandeln. Frischer Salat sorgte auf der unteren Hälfte zudem zusätzlich für die gewünschte Barriere um genau dies zu verhindern.
Das Pulled Pork, es war wirklich gut, weich und aromatisch, mir aber einen Hauch zu unverbindlich in der Textur, ich kann nicht sagen, ob sehr, sehr gute Convenience oder heimischer Herd die Herkunft bestimmte.
Die Sauce war ein Traum, süß und rauchig, eine leichte Whiskey-Note, dürfte sogar Styropor in eine kleine Leckerei verwandeln, zusammen mit dem Löffel Rahm, den roten Zwiebeln, Fleisch und Brötchen ergab sich eine fantastische Burger-Erfahrung.
Die Kringel-Pommes waren gut frittiert, heiß und schmackhaft, mehr gibt es dazu nichts zu sagen.
Das mediterrane TK Mischgemüse aus Paprika, Zucchini u.ä. auf dem Teller war komplett überflüssig für meine Begriffe, zudem war er es übergart und hatte geschmacklich in Sachen Intensität gegen den Rest nicht den Hauch einer Chance.
Gut dagegen die Frische des ebenso für meine Begriffe hausgemachten Cole-Slaws, der Sahne-Krautsalat von der anderen Seite des Atlantiks überzeugte mit der genau richtigen Spur Cremigkeit und angenehmer, leicht kühler Temperatur.
Auch meine Begleitung war von ihrem Burger angetan, das Patty war geschmacklich und in der Konsistenz sehr gut aber TK, wer handgemachte frische Burger erwartet die man auch in Medium bestellen kann (oder im Bestfall nur so bekommt wenn nicht anders gewünscht), ist wohl auch hier leider fehl am Platze, habe dies aber nicht weiter hinterfragt.
Der optisch veritable Cheeseburger war neben Salat, Tomate, Gurke und roten Zwiebeln mit einer BBQ Sauce und einer Honig Senf Sauce versehen, war allerdings weder in Brioche oder Potato-Bun gekleidet sondern gab sich brav im Standard Weizenbrötchen mit Sesam.
Zwischenzeitlich kam auch heute die junge Dame immer wieder vorbei und fragte ob wir noch Wünsche hätten oder alles in Ordnung sei, da sollten sich einige der bergischen Platzhirsche mit ihrem Eiche-Rustikal-Interieur mal eine Scheibe, pardon „Slice“, abschneiden!
Wenn ich Hunger habe und es gut schmeckt kann ich schon etwas verdrücken, hier musste ich kapitulieren, das Gemüse blieb auf dem Teller und auch der Cole Slaw wurde nicht ganz verspeist, die Portion war schon für den hungrigen Gast bestimmt, soviel ist sicher.
Kartenzahlung ist momentan noch nicht möglich, die nostalgische Registrierkasse ratterte und wir erhielten einen Kassenbon mit einem handgemalten Herzchen mit begleitendem „Thank you!“ daneben, ein wenig gute Laune und Herzlichkeit an einem regnerischen Sonntag.
Fazit
Ein gewagter Versuch, so etwas in Solingen etablieren zu wollen, ich hoffe die Nähe zu Mettmann und Düsseldorf sowie die nahen Autobahnen verhelfen zu interessierten Gästen aus der Region.
Da es – ganz Milchbar – keinen Alkohol gibt, wird sich vielleicht auch der ein oder andere Jungs-Stammtisch überlegen, ob man hier zusammen leckere Burger essen geht.
Mir hat es gut geschmeckt, die Zutaten waren gut, vieles war hausgemacht, alles mit Liebe zubereitet, mehr als man meist über Gastronomie in dieser Preisklasse sagen kann – leider.
Der Service, ja was soll ich sagen, da möchte man noch mal 17 sein, (ich verkneife mir jetzt aber Schlager zu zitieren da Kollege First der Einzige wäre der die Ironie überlesen und begeistert mitsummen würde), gut war das! Und sooo putzig! :-)
Sauber war es bis ins kleinste Detail, auch das PLV gab keinen Grund zur Klage!
Für alle Liebhaber dieser Lebensart, USA Kulinarik-Fans oder unvoreingenommene Gerne-Esser die nicht nur dann alles gänzlich toll finden, wenn es im Feinschmecker einen Leitartikel darüber gab, sicher einen Blick wert!
Im tristen Arbeitnehmer-Dasein ist es eine meiner größten Freuden, am Samstagvormittag den Markt und meine favorisierten Feinkost-Geschäfte anzusteuern, voller entspannter Vorfreude Leckereien für den Abend und Zutaten für das Sonntagsrezept zu besorgen und mir last not least dabei mittags etwas schnelles, in der Regel tendenziell eher ungesundes einzuverleiben.
Meine jüngste Entdeckung am Ohligser Markt war leider geschlossen, meine dort geliebte Pasta plötzlich in weiter Ferne, ich schleppte mich von Weinkrämpfen geschüttelt zurück zum Vehikel und steuerte resigniert eine örtliche Institution... mehr lesen
4.0 stars -
"A-wop-bom-a-loo-mop-a-lomp-bom-bom!! Tutti Frutti, good booty…" ShaneymacIm tristen Arbeitnehmer-Dasein ist es eine meiner größten Freuden, am Samstagvormittag den Markt und meine favorisierten Feinkost-Geschäfte anzusteuern, voller entspannter Vorfreude Leckereien für den Abend und Zutaten für das Sonntagsrezept zu besorgen und mir last not least dabei mittags etwas schnelles, in der Regel tendenziell eher ungesundes einzuverleiben.
Meine jüngste Entdeckung am Ohligser Markt war leider geschlossen, meine dort geliebte Pasta plötzlich in weiter Ferne, ich schleppte mich von Weinkrämpfen geschüttelt zurück zum Vehikel und steuerte resigniert eine örtliche Institution
Geschrieben am 25.03.2015 2015-03-25| Aktualisiert am
26.03.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu
Restaurant Alt Ketzberg
Besucht am 25.03.2015
Meine letzte Kritik aus 2013 wurde bestätigt.
Bodenständig, einfache Küche, absolut kein Schick-Micki. Mitten in der Woche war der Besuch in dem Restaurant gut. 3/4 der Tische waren belegt, die Kegelbahn belegt und der Service in dem Familienbetrieb gut, ruhig und ohne jede Hektik.
Paprikaschnitzel (EUR 11,50), Wiener Schnitzel (EUR 10,00), der Jägerschmaus zu EUR 14,50 und mein Rumpsteak (EUR 14,90) waren allesamt gut und wie erwähnt bodenständig. Alle Fleischsorten waren von guter Qualität! Die Beilagen waren alle gleich, ein gemischter Salat und Pommes. Bitte keine großen kulinarischen Ansprüche, einfach hinsetzen, bestellen und einfache, aber gute Kost genießen.
Ansonsten verweise ich auf meine letzte Kritik, die sich heute auch bestätigte.
Fazit: nett, einfach und preiswert!
Meine letzte Kritik aus 2013 wurde bestätigt.
Bodenständig, einfache Küche, absolut kein Schick-Micki. Mitten in der Woche war der Besuch in dem Restaurant gut. 3/4 der Tische waren belegt, die Kegelbahn belegt und der Service in dem Familienbetrieb gut, ruhig und ohne jede Hektik.
Paprikaschnitzel (EUR 11,50), Wiener Schnitzel (EUR 10,00), der Jägerschmaus zu EUR 14,50 und mein Rumpsteak (EUR 14,90) waren allesamt gut und wie erwähnt bodenständig. Alle Fleischsorten waren von guter Qualität! Die Beilagen waren alle gleich, ein gemischter Salat und Pommes. Bitte keine großen kulinarischen Ansprüche, einfach hinsetzen, bestellen und einfache, aber gute Kost genießen.
Ansonsten verweise ich auf meine letzte Kritik, die sich heute auch bestätigte.
Fazit: nett, einfach und preiswert!
Restaurant Alt Ketzberg
Restaurant Alt Ketzberg€-€€€Restaurant0212591877Lützowstr. 133, 42653 Solingen
3.0 stars -
"Sehr gutes Preis-/Leistungverhältnis" Ehemalige UserMeine letzte Kritik aus 2013 wurde bestätigt.
Bodenständig, einfache Küche, absolut kein Schick-Micki. Mitten in der Woche war der Besuch in dem Restaurant gut. 3/4 der Tische waren belegt, die Kegelbahn belegt und der Service in dem Familienbetrieb gut, ruhig und ohne jede Hektik.
Paprikaschnitzel (EUR 11,50), Wiener Schnitzel (EUR 10,00), der Jägerschmaus zu EUR 14,50 und mein Rumpsteak (EUR 14,90) waren allesamt gut und wie erwähnt bodenständig. Alle Fleischsorten waren von guter Qualität! Die Beilagen waren alle gleich, ein gemischter Salat
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Meine jüngste Entdeckung am Ohligser Markt war leider geschlossen, meine dort geliebte Pasta plötzlich in weiter Ferne, ich schleppte mich von Weinkrämpfen geschüttelt zurück zum Vehikel und steuerte resigniert eine örtliche Institution in Sachen Gyros an.
Des Schicksals glückliche Fügung ließ dort angekommen meinen Blick zur anderen Straßenseite schweifen. „Milkbar, Diner & Bakery“ las ich dort, „Try our Homestyle-Burgers!“ hieß es auf Emaille im Schaufenster, die amerikanische Flagge war präsent und man konnte Teile des Interieurs erahnen.
Man erkannte schnell, dass sich hier jemand viel Mühe gegeben hat, lediglich die noch fehlende Neon-Werbung über dem Schaufenster verlieh dem Exterieur einen etwas unfertigen Eindruck.
Doch davon ließ ich mich als Verfechter einer infantilen Wertschätzung der amerikanischen Diner-Küche nicht abschrecken, sollte es in meinem Kaff tatsächlich eine neue Hoffnung für dieses Genre geben?
Eingetreten wähnte ich mich zunächst in einer Art surrealer Vision, eine ca. 16 jährige kleine Maus im pinken Pettycoat mit passender Haarschleife begrüßte mich freudigst gut gelaunt. Um mich herum pinkes Pastell, überall 50iger Nippes an den Wänden, im Hintergrund dudelte Little Richard, ein anwesender twenty-something Gast verschlang einen Teller Pancakes mit Rührei, Toast und Bacon – „Ob ich was essen will? Ja, alles, sofort, danke!“
Ich konnte mir gut vorstellen, dass dies für viele meiner gerne von Foie Gras Orgien fachsimpelnden Feinschmecker-Mitstreiter irgendwo zwischen Vorhölle und kulinarischer Guantánamo Bay rangieren würde, war umso entschlossener hier zu essen und fühlte mich sehr bald sehr wohl in einer Mischung aus Pioniertatenlaune und wohliger Nostalgie in Gedanken an wundervolle USA Besuche vor vielen Jahren.
Die kleine Lady kam mit der Karte angewackelt, A4 laminiert, sehr liebevoll gestaltet und größer als erwartet (die Karte!). Hier zeigt sich eine schöne Auswahl von durchweg Elvis-kompatiblen Frühstückstellern (Ahornsirup, Pancakes, Bacon, baked Beans, Eier in allen Varianten), Fingerfood, etwas Pasta, einige Tellergerichte und natürlich Burger, letztere in einer erfreulichen, zum Teil sehr authentischen Bandbreite mit Angus Rind und passenden Buns (u.a. Brioche und einer dunklen Guinness Spielart).
Als Entscheidungs-Neurotiker hatte ich kein leichtes Spiel, ich wählte kurzentschlossen Pasta um mich für meine soeben erlebte Enttäuschung zu entschädigen, Spaghetti „Bel Air“ zu 7,90€ sollten es sein, laut dem durchweg zweisprachigen Menu mit einer „sweet & spicy meat sauce“, nehmt das ihr faulen Italiener von der Pizzeria am Markt!
Dazu eine Coke, mit Eis bitte! Die Coke kam (0.2l zu 2€), angenehm kühl aber leider ohne Eis, Eismaschine sei gestern kaputt gegangen, das täte ihr sehr leid und sie hoffe das mir die Cola trotzdem schmecken würde was ich gerne bejahte.
Nun, mit vereinzelten nicht therapierbaren Ausnahmen in diesem Forum kenne ich niemanden, der beim Anblick der lächelnden kleinen Maus im Pettycoat nicht sogar lauwarmen Lebertran freudig akzeptiert hätte.
Nach angenehmer Wartezeit folgte meine Pasta zusammen mit einem etwas klein geratenen Schälchen Parmesan und ich war erst mal überrascht. Das sah nett aus mit der kleinen Deko aus Basilikum und Kirschtomate und roch hervorragend, wenn auch mir etwas zu lieblich-tomatig.
Die Spaghetti waren auf den Punkt gegart und ich war sehr davon angetan, wie gut abgetropft diese waren, nicht ein Hauch Wasserpfütze am Boden des Tellers, das kenne ich leider oft „etwas“ anders, wenn diese nicht nach italienischer Art im Sugo geschwenkt wurden.
Die Sauce definitiv hausgemacht, der Hackfleisch-Anteil war großzügig bemessen, etwas Speck war zu sehen, Gemüse außer Zwiebeln, Tomaten und einem minimalen Hauch Knoblauch nicht wirklich zu vernehmen, was das Ganze optisch sicher hervorragend Kinder-kompatibel machen dürfte.
Geschmacklich war es keine an eine klassische Bolognese erinnernde Sauce, das „sweet & spicy“ war tatsächlich Programm, eine runde, schwere Tomatensüße und ein minimaler Chili-Kick, etwas ungewöhnlich aber geschmacklich gut und dabei ehrlich und solide gekocht.
Nach einem kleinen Plausch mit der Betreiberin, in dem sie mir verriet, dass es den Laden in dieser Form erst seit vier Wochen gäbe, sie aber schon seit einigen Jahren sehr erfolgreich mit handgemachten Designer Torten im 50er Design unterwegs sei, entschloss ich mich bald mal wieder reinzuschauen.
Gesagt getan, schon am nächsten Tag Madame überredet, ich lockte mit der Aussicht auf dekadente Milkshakes sowie leckere Frühstücksangebote mit Pfannkuchen.
Bedingt durch die Zeitumstellung war es allerdings schon früher Nachmittag, wir entschlossen uns daher beide für etwas aus der Burger-Abteilung und jeweils eine „Pink Lemonade“ (3,50€), eine frische Limonade mit Zitrone, Grapefruit und Orangen-Aroma.
Auch heute war wieder die kleine Pettycoat Lady am Werke und servierte die Limonaden, letztere kam ebenso herzallerliebst daher wie der Rest des Ladens, kleine Schraubgläser im Country-Style mit Strohhalm, was es alles gibt.
Hier war es sehr schade, dass die Eismaschine defekt war, eiskalt hätte mir dieses Getränk sicher etwas besser geschmeckt, das es frisch angemixt war konnte man deutlich sehen und schmecken.
Nach ca. 20 Minuten kamen unsere Burger, ein „Jack Daniels Pulled Pork Burger“ (14,90€) für mich, Madame optierte für einen „Chee-Cheeseburger“ (9,90€), beide mit standesgemäßer Begleitung aus einer in der Karte nicht näher deklarierten Kartoffel- und Gemüsebeilage sowie Cole-Slaw.
Da ich selber keinen Smoker besitze stürze ich mich gerne auf Pulled Pork wenn ich in England bin, ich mal in einem Hard Rock Cafe lande oder wann immer sich auch hierzulande die seltene Gelegenheit bietet. An dieser Stelle warne ich übrigens ausdrücklich vor dem widerlichen Convenience Produkt der Firma Tulip, das es momentan bei Edeka gibt, dagegen ist Frühstücksfleisch aus der Dose geradezu eine Delikatesse.
Der Pulled Pork Burger bestand aus einem rustikalen Roggen Brötchen mit Guinness im Teig, dessen leicht herbe Note hervorragend mit der Süße von Fleisch und der hausgemachten Jack Daniels BBQ Sauce funktionierte. Auch die Konsistenz des Brötchens war perfekt, leicht knusprig, innen fluffig aber insgesamt stabil genug um sich nicht schon bald zusammen mit den restlichen Komponenten in einen fettigen Pamp zu verwandeln. Frischer Salat sorgte auf der unteren Hälfte zudem zusätzlich für die gewünschte Barriere um genau dies zu verhindern.
Das Pulled Pork, es war wirklich gut, weich und aromatisch, mir aber einen Hauch zu unverbindlich in der Textur, ich kann nicht sagen, ob sehr, sehr gute Convenience oder heimischer Herd die Herkunft bestimmte.
Die Sauce war ein Traum, süß und rauchig, eine leichte Whiskey-Note, dürfte sogar Styropor in eine kleine Leckerei verwandeln, zusammen mit dem Löffel Rahm, den roten Zwiebeln, Fleisch und Brötchen ergab sich eine fantastische Burger-Erfahrung.
Die Kringel-Pommes waren gut frittiert, heiß und schmackhaft, mehr gibt es dazu nichts zu sagen.
Das mediterrane TK Mischgemüse aus Paprika, Zucchini u.ä. auf dem Teller war komplett überflüssig für meine Begriffe, zudem war er es übergart und hatte geschmacklich in Sachen Intensität gegen den Rest nicht den Hauch einer Chance.
Gut dagegen die Frische des ebenso für meine Begriffe hausgemachten Cole-Slaws, der Sahne-Krautsalat von der anderen Seite des Atlantiks überzeugte mit der genau richtigen Spur Cremigkeit und angenehmer, leicht kühler Temperatur.
Auch meine Begleitung war von ihrem Burger angetan, das Patty war geschmacklich und in der Konsistenz sehr gut aber TK, wer handgemachte frische Burger erwartet die man auch in Medium bestellen kann (oder im Bestfall nur so bekommt wenn nicht anders gewünscht), ist wohl auch hier leider fehl am Platze, habe dies aber nicht weiter hinterfragt.
Der optisch veritable Cheeseburger war neben Salat, Tomate, Gurke und roten Zwiebeln mit einer BBQ Sauce und einer Honig Senf Sauce versehen, war allerdings weder in Brioche oder Potato-Bun gekleidet sondern gab sich brav im Standard Weizenbrötchen mit Sesam.
Zwischenzeitlich kam auch heute die junge Dame immer wieder vorbei und fragte ob wir noch Wünsche hätten oder alles in Ordnung sei, da sollten sich einige der bergischen Platzhirsche mit ihrem Eiche-Rustikal-Interieur mal eine Scheibe, pardon „Slice“, abschneiden!
Wenn ich Hunger habe und es gut schmeckt kann ich schon etwas verdrücken, hier musste ich kapitulieren, das Gemüse blieb auf dem Teller und auch der Cole Slaw wurde nicht ganz verspeist, die Portion war schon für den hungrigen Gast bestimmt, soviel ist sicher.
Kartenzahlung ist momentan noch nicht möglich, die nostalgische Registrierkasse ratterte und wir erhielten einen Kassenbon mit einem handgemalten Herzchen mit begleitendem „Thank you!“ daneben, ein wenig gute Laune und Herzlichkeit an einem regnerischen Sonntag.
Fazit
Ein gewagter Versuch, so etwas in Solingen etablieren zu wollen, ich hoffe die Nähe zu Mettmann und Düsseldorf sowie die nahen Autobahnen verhelfen zu interessierten Gästen aus der Region.
Da es – ganz Milchbar – keinen Alkohol gibt, wird sich vielleicht auch der ein oder andere Jungs-Stammtisch überlegen, ob man hier zusammen leckere Burger essen geht.
Mir hat es gut geschmeckt, die Zutaten waren gut, vieles war hausgemacht, alles mit Liebe zubereitet, mehr als man meist über Gastronomie in dieser Preisklasse sagen kann – leider.
Der Service, ja was soll ich sagen, da möchte man noch mal 17 sein, (ich verkneife mir jetzt aber Schlager zu zitieren da Kollege First der Einzige wäre der die Ironie überlesen und begeistert mitsummen würde), gut war das! Und sooo putzig! :-)
Sauber war es bis ins kleinste Detail, auch das PLV gab keinen Grund zur Klage!
Für alle Liebhaber dieser Lebensart, USA Kulinarik-Fans oder unvoreingenommene Gerne-Esser die nicht nur dann alles gänzlich toll finden, wenn es im Feinschmecker einen Leitartikel darüber gab, sicher einen Blick wert!