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Gut, das einstige Aushängeschild der heimischen Feinschmeckerei, das Gourmetlokal „Zur Einigkeit“ vom Klöffer Franz – Gott hab‘ ihn selig! –, gibt es seit fast 10 Jahren nicht mehr. Eine Genusslücke, die leider nie mehr geschlossen wurde.
Jedoch gibt es für Freunde deftiger Hausmannskost eine ganze Reihe gutbürgerlich ausgerichteter Gasthäuser, die dem gemeinen Volkshunger nicht selten mit handfester Fleischhaftigkeit begegnen. Ein paar dieser – teilweise alteingesessenen – Sättigungsinstitute werde ich in den nächsten Monaten etwas näher beleuchten.
Über die ebenfalls in Maximiliansau beheimatete Gockelburg, diesen etwas anachronistisch anmutenden, mittlerweile schon zum Wörther Kulturgut zählenden Prototyp einer urigen Hähnchenbutze, habe ich bei GG ja bereits ausführlich berichtet. Und auch das von der gleichen Betreiberfamilie unterhaltene, in direkter Nachbarschaft befindliche Restaurant Bajazzo habe ich vor ein paar Jahren unter Messer und Gabel genommen.
Dagegen fiel meine Abhandlung über die geballte Gutbürgerlichkeit der immer noch existierenden, ebenfalls in Maximiliansau ansässigen Kaminstubb dem Niedergang unseres geliebten RK-Portals zum Opfer.
Aber keine Sorge liebe Rumpsteak- und Schnitzelschwelger, auch die kernigen Karnivorenteller dieses altehrwürdigen Gasthauses wird der Hausmannskosthasardeur in spe bald genauer inspizieren. Freut euch also schon jetzt auf eine vor Friteusenfett triefende Neuauflage aus der „Max’auer“ Keimzelle gediegener Haureinschaufelei demnächst auf diesem Kanal…
Doch zuvor geht es an den etwas außerhalb, in direkter Nähe zum Altrhein befindlichen Turnerplatz. Dort betreibt Gerold Knoch seine Turnerstube, die als Vereinsgaststätte des Turnvereins Pfortz-Maximiliansau 1901 e.V. fungiert und direkt neben den Tennisplätzen angesiedelt ist.
Idyllisch gelegen
Die direkte Nähe zu Vater Rhein macht die Turnerstube zu einem attraktiven Ausflugsziel. Und das sowohl für Radfahrer, die entlang des Rheinradwegs unterwegs sind als auch für mückenresistente Spaziergänger, die auf dem Hauptdeich rund um den „Hagenbacher Altrhein“ flanieren. Dementsprechend ist man auf Sportler wie Spaziergänger gleichermaßen eingestellt.
Ein stattlicher Biergarten lädt hier zum Verweilen unter freiem Himmel ein. Wir zogen es an jenem warmen Sonntagabend jedoch vor, auf der zwischen Außenbereich und Gaststube positionierten, komplett überdachten Terrasse zu sitzen. Es war noch nicht besonders viel los, denn wir hatten uns etwas früher auf den Weg gemacht, wohlwissend dass später die Moskitoplage über uns hereinfallen würde.
Auf der Veranda
Hier saß es sich recht kommod auf robusten Holzstühlen mit Strohsitzfläche, die durch Polsterkissen an Bequemlichkeit gewannen. Unser Blick fiel auf die benachbarten Tenniscourts.
Blick hinüber auf die Tennisplätze
Ein gar nicht mal kleiner Spielplatz war auch um die Ecke. Eine an einem Pfosten angebrachte Empfehlungstafel kündete von einem Spätburgunder Rosé vom Weingut Faubel aus Maikammer und einem Weißburgunder von Jungwinzer Fabian Nagel aus Vollmersweiler zu Preisen um die 5 Euro.
Wir blieben jedoch weinfrei an diesem Abend und orderten bei der Chefin eine Flasche Bellaris Classic zu 4,20 Euro sowie ein kleines Lord-Pils vom Fass (0,33l für 2,70 Euro) aus dem Hause Bellheimer.
Die auch auf der Homepage einsehbare Speisenkarte bot eine bunte Mischung aus kleineren Leckerbissen (Schafskäse, Maultaschen, Wurstsalat), mit Hausdressing und Baguette servierten Salaten (z.B. mit Rumpsteak- oder Putenstreifen), ein paar Pastatellern (z.B. Rigatoni mit Garnelen oder „Puttanesca“), veganer Trendkost (Black Bean Pattys, Bio Seitan-Gyros) und fleischhaftigen Hausmannsmahlzeiten, bei denen die üblichen Verdächtigen aus der brutzelnden Pfanne gehoben wurden. Rumpsteak aus Argentinien, Cordon Bleu vom Schweinelachs und natürlich das „artige“ Wiener frisch von der Paniermeile.
Fischfutzies durften sich an auf der Haut gebratenem, mit Zitrone und Thymian aromatisiertem Zanderfilet oder paniertem Kapseehecht mit Kartoffelsalat und Remoulade erfreuen. Suppenkasper hatten die Wahl zwischen hausgemachter Fleischbrühe mit Einlage und einer Curry-Ingwer-Suppe mit Shrimps.
Mein Hunger war groß. So groß, dass ich das Wagnis mit der Curry-Ingwer-Suppe (6,50 Euro) vorweg mutig einging.
Curry-Ingwer-Suppe mit Baguette
Meine Frau verzichtete dagegen auf eine Vorspeise. Sie hatte sich auf die Rigatoni Puttanesca (10,50 Euro) festgelegt.
Bei mir hatte schon das Bild vom Cordon Bleu (14,50 Euro) auf der Homepage reichlich Appetit ausgelöst. Warum also nicht das mit Schinken und Emmentaler gefüllte Schweineschnitzel ordern? Zur süffigen Unterfütterung der obligatorischen Pommesbeilage äußerte ich den Wunsch nach einer Pfeffersoße (1 Euro Aufpreise), wie man sie hier üblicherweise zum Rumpsteak reicht. Dem wurde ohne weiteres entsprochen.
Dass ich kurz nach Abschluss unseres Bestellvorgangs aus der Küche ein plattierendes Klopfen vernahm, erfüllte mich mit Vorfreude auf das deftige Panierstück, das gerne dem kulinarischen Erbe der Schweiz zugesprochen wird. Doch zuvor erschien nach angenehmer Wartezeit das sämige Curry-Ingwer-Süppchen, das zusammen mit einem Körbchen geschnittenen Baguettes in klassischer Terrinenform serviert wurde.
Gut, die Shrimps waren im Verhältnis zum flüssigen Inhalt der Tasse eher zurückhaltend portioniert. Sie waren quasi auf dem Boden der „Tat-Tasse“ gelandet. Aber die mit Chili-Fäden-Frisur und etwas Petersilie on top servierte Suppe hinterließ am Gaumen keinen schlechten Eindruck. Die leichte Ingwerschärfe tat der asiatisch angehauchten Tunke gut. Vielleicht wurde dem Curry-Sud mit einem Pülverchen zu Brühe gerückt. Aber das schmeckte man nur marginal heraus.
Mein "Süppchen" mit Chili-Faden-Frisse on Top
Insgesamt war das eine durchaus passable, pikant gewürzte Vorspeise, die den ersten Hunger des Tisches verwies und aus meiner Sicht lediglich etwas dünnflüssiger hätte ausfallen dürfen. Meine Frau war da jedoch ganz anderer Meinung. Denn was die Textur von Terrinen betrifft, gehen wir nicht immer konform. Muss ja auch nicht.
Keine Ahnung, was in italienischen Bordellen in den 50er Jahren so abgegangen sein muss, dass man ausgerechnet Sardellen in die mit scharfen Peperoni und Knoblauch verfeinerte Tomatensauce gab. Aber die Zubereitung nach „Hurenart“ („Puttanesca“) hat bis heute ihren Stellenwert in der (süd)italienischen Küche bewahrt. In unserem Fall waren es jedoch keine Spaghetti, die von der schmackigen Sauce benetzt wurden, sondern laut Karte Rigatoni.
Anscheinend war der gute „Nudel-Anton“ aus der lettischen Hauptstadt an diesem Abend ausgegangen und wurde von etikettenschwindelerregenden Penne rigate vertreten. Ja genau die kleinen Hartweizendübel mit den abgeschrägten Enden und der geriffelten Oberfläche, an der die Sauce so schön kleben bleibt. Schade, dass sie nicht etwas „al denter“ ausfielen, denn die sauber eingeköchelte, fruchtig-aromatische Tomatensauce hätte etwas bissfestere Pasta allemal verdient gehabt.
Die Rigatoni...ääh Penne "Puttanesca"
Natürlich monierten wir den Nudeltausch nicht. Waren ja nur Kleinigkeiten. Nur die Portionsgröße fand meine Frau zu üppig bemessen. Das war selbst für eine hungrige junge Dame im 8.Monat nicht zu schaffen. Ich wollte ihr ja helfen, aber Anchovis gehören nun wahrlich nicht zu meinen Favoriten. Schon gar nicht in der Pastasauce.
Außerdem lag da noch ein frisch der Butterpfanne – vielleicht kam es aber auch aus der Fritteuse (?) – entstiegenes Cordon Bleu neben einem ansehnlichen Frittenberg. Über das wacker gefüllte Schnitzel hatte man die dunkle, pikant-salzige Pfeffersauce vom scheinbar schwer verliebten Küchenchef gekippt.
Cordon Bleu Teller
Oh oh, à part hätte mir das deutlich besser gefallen. Zumal der großzügig portionierte Beiguss schlicht und ergreifend überwürzt war.
Cordon Bleu mit reichlich Pfeffersauce
Obwohl ich der Verwendung von Sahne in Saucen eher kritisch gegenüberstehe, hätten hier ein paar Milliliter für ein runderes Geschmacksbild gesorgt und zur allgemeinen Pfeffer-Salz-Eindämmung beigetragen. Schade drum, denn am Cordon Bleu selbst gab es nichts auszusetzen. Würzige Panade, mürbe geklopftes, dünnes Schweinefleisch vom Rücken und eine saftige Kochschinken-Emmentaler-Füllung zeugten von ehrlichem, hausmannsköstlichem Handwerk.
Cordon Bleu im Anschnitt
Dass zur papillenlahmlegenden Pfeffertunke dann auch noch die Fritten meine Zunge zur Salzsäule erstarren ließen, war natürlich too much, passte aber ins kulinarische Gesamtbild dieses Rustikaltellers. Egal, mir würde der Nachdurst sowieso ein paar Stunden später den freiwillig angetretenen Saucentrip heimzahlen. Da kam es auf ein paar salzige Pommes mehr oder weniger nun auch nicht mehr an.
Platz für einen süßen Abschluss war nach den strammen Portionen nun wirklich nicht mehr. So verließen wir die Turnerstube unter komplett gesättigten Umständen. Eberhard Gienger hätte hier wohl nur am Salatbouquet geknappert, während sich Fabian Hambüchen vielleicht das wochenlang am Reck abgehangene Rumpsteak ohne alles gegönnt hätte. Aber auch ohne Mitglied des örtlichen Turnvereins zu sein, lässt es sich in der gutbürgerlichen Gaststube am Turnerplatz gut aushalten. Nur eines sollte man definitiv dabeihaben: reichlich Hunger!
Kleiner Nachtrag
Wie ich auf der Facebook-Seite der Turnerstube erfahren habe, scheidet der derzeitige Pächter Gerold Knoch zum Jahresende aus, da er in seinen wohlverdienten Ruhestand geht. Deshalb sucht der Turnverein Maximiliansau einen neuen „engagierten und kontaktfreudigen“ (Zitat) Nachfolger, der diese idyllisch gelegene Vereinsgaststätte weiterführt. Ich drücke die Daumen, dass dies klappt, denn es wäre schön, wenn wir auf unseren zukünftigen Ausflügen mit der Säuglingskutsche dort aufschlagen könnten. Anstatt in Pfeffersauce werden dann die Fritten einfach in Ketchup getunkt und gut is(s)t!