Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 15.05.2022 2022-05-15| Aktualisiert am
15.05.2022
Besucht am 18.03.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 35 EUR
Seit Juli 2021 gibt es in unserer neuen Heimat Wörth ein Ristorante, dessen feine Cucina italiana eine echte Bereicherung im kulinarischen Angebot der Stadt darstellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: egal, was wir bei unseren bisherigen Besuchen hier aufgetischt bekamen, es war immer sehr delikat zubereitet und wir verließen das kleine Lokal in der Altrheinstraße nicht nur gut gesättigt, sondern stets hochzufrieden.
Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Inhaber und Servicechef Filippo La Mastra, der sich mit diesem italienischen Kleinod einen lang gehegten Traum erfüllt hat. Er wollte schon immer sein eigenes Restaurant betreiben und das obwohl der 47-jährige, aus Sizilien stammende Padrone hauptberuflich einen ganz anderen Weg geht.
Die andere Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er nämlich als selbstständiger Bauunternehmer mit der Sanierung von Bädern bzw. dem Verlegen von Fliesen und Laminatböden. Der 1992 nach Deutschland gekommene, gelernte Bootsbauer ist ein wahrer Tausendsassa, dessen beruflicher Werdegang gehörigen Respekt abnötigt.
Seinen Weg vom Tellerwäscher in einem Karlsruher Restaurant zum passionierten Wirt mit Trockenbau-Hintergrund hat er beeindruckend absolviert. Ein durch und durch sympathischer Zeitgenosse, der kräftig anpacken kann, aber auch im Umgang mit Menschen seine Stärken voll ausspielt. Man merkt ihm an, wie er sein gastronomisches „Hobby“ genießt und dabei stets als charmanter Gastgeber fungiert.
Wie er beispielsweise bei unserer allerersten Einkehr spontan unser kleines Töchterchen auf dem Arm durchs Restaurant trug, damit Mama und Papa in Ruhe ihre Pastateller leer essen konnten, war eine ausgesprochen freundliche Geste, die uns in dem Moment sehr willkommen war.
Bereits an diesem ersten Abend im „Oro“ war uns klar, dass hier einer mit Leidenschaft und viel Herzblut agiert. Einer, der als „Nebenerwerbsgastronom“ deutlich mehr ehrlich vorgetragene Gastfreundschaft in seiner Handwerkerseele trägt als so mancher alteingesessene Restaurantbetreiber im langjährigen Routinemodus.
Auch die Tatsache, dass er zu unsicheren Pandemiezeiten sein Ristorante eröffnete, sagt über den in der Nähe von Catania aufgewachsenen Sizilianer einiges aus. Mit großem Arbeitsaufwand hat er das Gebäude, in dem früher ein Tennisladen untergebracht war, saniert und umgebaut. Aus dem ehemaligen Sportgeschäft wurde eine wertig eingerichtete Einkehradresse mit ca. 30 Sitzplätzen. Im Sommer erlaubt ihm die Stadt Wörth den direkt gegenüberliegenden Karl-Josef-Stöffler-Platz zusätzlich als Außenbereich zu nutzen.
Unterstützt wird Filippo La Mastra von seinem Freund Gaspare Cappitelli, der sich für die Zubereitung der Speisen verantwortlich zeichnet. Dieser war schon früher als Koch tätig und betreibt heute hauptberuflich eine Spedition im rechtsrheinischen Eggenstein (nördlich von Karlsruhe). So ganz hat ihn das Herdgeschehen aber nie losgelassen, weshalb er von Donnerstag bis Sonntag seiner Vorliebe fürs Zubereiten schmackhafter Italo-Kost freien Lauf lässt. Zwei Typen also mit ähnlicher Arbeitsauffassung – das scheint zu funktionieren.
An der ansonsten recht schmucklos wirkenden Außenfassade weckt der in goldener Schrift auf noblem Schwarz gedruckte Name des Lokals das Interesse der Einkehraspiranten. Von außen eher unscheinbar...
Der goldgelb leuchtende Olivenöltropfen fungiert dabei als Markenzeichen der als Feinkostladen getarnten Pizzeria. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch schnell heraus, dass hier deutlich mehr geboten wird als „nur“ italienische Rundbackwaren.
Der gegenüber der Theke auf mehrere Regale und Anrichten verteilte Feinkostbereich wartet mit einer erklecklichen Auswahl italienischer Weine, sizilianischem Olivenöl (natürlich kaltgepresst), feinem Balsamico-Essig und diversen anderen Köstlichkeiten, die einem, mit gutem Brot genossen, kulinarisch den Tag retten können, auf. Salami, Käse und Co. können übrigens – falls nicht vorrätig – auch geordert werden.
Das Interieur des sehr gepflegt anmutenden Lokals wird von verschiedenen Grautönen (Wände, Boden, Tischdecken) dominiert. Ein heller, aufgeräumt wirkender Gastraum mit einem sinnig platzierten Thekenbereich in der Mitte. Blick zur Theke
Dieser teilt die schlauchartig angelegte Räumlichkeit in einen vorderen und einen hinteren Bewirtungsbereich ein. Rückseitig gelangt man zu den Toiletten, die – wie sich das für einen gestandenen Sanitärfachmann auch gehört – einen äußerst adretten Eindruck machen.
Zusätzlich steht noch ein kleinerer Nebenraum zur Verfügung. Genug Platz also, um nicht zu eng beieinander zu sitzen. Besonders in Hochinzidenzphasen ein nicht unbedeutender Faktor, der zum Wohlfühlen beiträgt.
Man sitzt auf bequem gepolsterten Stühlen an schlicht eingedeckten Tischen, die von weißem und grauem Leinen überzogen sind. Bereits die gediegene Tischkultur und die komfortablen Sitzverhältnisse sind deutliche Indizien für den Anspruch des Inhabers, hier keine 08/15-Trattoria betreiben zu wollen. Aber entscheidend ist ja nicht das Drumherum, sondern was am Ende auf dem Teller landet.
Doch auch da gab man sich beim Wörther Pizza- und Pastabaron keine Blöße. Bei unserem ersten Besuch Mitte März hatten wir es nämlich mit zwei rundum gelungenen Pastagerichten zu tun. Ich wählte die Spaghetti ai Gamberoni (20,50 Euro) von der 15 Zusatzgerichte umfassenden Empfehlungskarte. Meine Frau begnügte sich mit den Spaghetti Carbonara (9,50 Euro) vom Standardprogramm. Dazu gesellte sich eine Flasche Mineralwasser der Marke Levico aus den Höhenlagen des Trentino (0,75l für 5,50 Euro). Sprudelwasser aus dem Trentino
Mein mit einer völlig ausreichenden Menge an Garnelen ordentlicher Sortierung bestückter Pastateller sah nicht nur ansprechend angerichtet aus, er mundete mit auch ganz ausgezeichnet. Schuld daran war in erster Linie die fruchtig-würzige Tomatensauce, die mir ein vollmundiges Gaumenerlebnis bescherte. Die Nudeln hätten vielleicht etwas mehr Biss haben können, aber der mit mediterranen Kräutern und etwas Knoblauch verfeinerte Sugo glich dies mehr als aus. Spaghetti ai Gamberoni
Küchenchef Cappitelli wusste anscheinend wie man eine tadellos abgeschmeckte Tomatenbasis auf das Porzellan zaubert. Sein tomatisiertes Meeresrauschen erzählte von der Leichtigkeit des Weins und machte deshalb auch in Sachen Säure eine vorzügliche Figur. Zweifellos ein einwandfreies Einköchelerzeugnis, das auch in jeder süditalienischen Hafentaverne für zufriedene Gesichter gesorgt hätte. Garnelen an Spaghetti
Total begeistert zeigte sich meine Gattin von ihren Schnürchennudeln nach Köhlerart. Das war keine mit Sahne aufmontierte heilige Dreimächtigkeit, sondern eine recht leichte, hauptsächlich aus Speck (vermutlich Pancetta), Ei und Käse (Parmesan und/oder Pecorino) bestehende Sauce, die auch nicht allzu salzig ausfiel. Leicht schaumig in der Konsistenz und mit einem dezent rauchigen Geschmack daherkommend, war sie ebenfalls ein Beispiel für fachmännisches Saucenhandwerk. Spaghetti Carbonara
Ein Pastateller, der einem auch von der Menge her keine Backsteine in die Verdauungsregion legte, und somit alle Kriterien eines klassischen Wohlfühlgerichts locker erfüllte. Wenn Carbonara, dann bitte genau so. Von mir aus dann sogar mit „una Coca Cola“ (aber nur eiskalt, liebe Spliffies ;-)…).
Nach diesem wirklich beeindruckenden Erstkontakt beim Ölbaron, tauchten wir dort ein paar Wochen später mit Freunden auf. Diesmal sollten mich die Spaghetti Marinara (13,50 Euro) ähnlich begeistern wie zuvor die Garnelen-Variante. Die zarte, meilenweit von Gummiware entfernte Textur des Meeresgetiers ließ nicht nur auf die Verwendung qualitativ hochwertiger Ware schließen, sondern unterstrich auch die exakte Handhabe des Herdmeisters in puncto Garzeit. Spaghetti Marinara
Meine Frau war indes hin und weg von ihrer gut durchgebackenen Pizza Siciliana (10 Euro), die mit grünen Oliven, würzigen Sardellen, eingelegten Kapern und einer „duften“ Portion Knoblauch gesegnet war. Ihr etwas dickerer Boden überzeugte durch eine angenehm weiche Beschaffenheit. Ordentlich belegte, ofenfrische Hefeerzeugnisse konnte man hier also auch. Pizza Siciliana
Die Frau meines besten Freundes und Schulleitungskollegen – er hatte sich ebenfalls für die sizilianische Rundbackware entschieden – lobte ihre Tortellini alla primavera (9,50 Euro), deren Tomaten-Sahne-Sauce ganz klassisch mit Schinken, Champignons und Erbsen veredelt war. Der süffige Nudelteller ließ sich ungeniert aus dem Vollen löffeln und hätte – so jedenfalls meine Einschätzung – vielleicht sogar noch ein wenig üppiger ausfallen dürfen. Tortellini alla Primavera
Dass sich meine Gattin zum süßen Finale noch ein stattliches Tiramisu (7,50 Euro) einverleibte, war kein Fehler. Ein Probierhappen bestätigte meinen Verdacht: auch das aus Venetien stammende „Zieh-mich-hoch-Dessert“ war jede zusätzliche Kalorie wert. Natürlich kann man Löffelbiskuits auch ohne Mascarpone-Crème genießen, aber macht das Sinn? Zumal sie gerade in ihrer von Espresso und Amaretto getränkten Süffigkeit zu einer unverschämt leckeren Nachtischnummer avancieren. Tiramisu zum "Hochziehen"
Gerne hätte ich bei meiner letzten Einkehr vor ein paar Tagen die Tiramisu-Option zum Abschluss gezogen. Aber eine aromatische Tomatensuppe (5,50 Euro) vorweg sowie eine vorzügliche Pizza Marinara (12,50 Euro) verhinderten aus Sättigungsgründen die quaderförmige Kalorienaufnahme in Cremig-süß. Bei meiner Zuppa di Pomodoro kamen neben der feinpürierten, roten Frucht auch Basilikum und Olivenöl geschmacklich zum Vorschein. Zuppa di Pomodoro famosa
Zusammen mit der untergerührten Sahnehaube ein schlichter, aber sehr delikater Genuss, dem eine fundierte Pürierleistung vorausging. Mit Hilfe der dazu gereichten, wohl aus Pizzateig hergestellten Kleinbackwaren wurde auch der letzte Tropfen der roten Wonnetunke seiner finalen Bestimmung zugeführt. Selbstgebackenes
Meine Meeresfrüchtepizza durfte ich selbst mit kleingehäckselten, in Olivenöl eingelegten Peperoni-Stücken auf den gewünschten Schärfegrad bringen. Pizza Marinara
Mein Kollege, der sich auf mein Anraten hin die Spaghetti Marinara schmecken ließ, Spaghetti mit Meeresfrüchten
profitierte ebenfalls von der kleinen Aufpeppung. Er hatte sich vorweg für einen Insalata mista (6,80 Euro) entschieden, was er keine Sekunde bereute. Insalata Mista
Übrigens gönnte ich mir zum Meeresfladen ein kühles Gläschen Pinot Grigio (6,50 Euro). Ein leicht zu trinkender, recht säurearmer Frischling, der die Kollateralschäden am Gaumen, welche von der selbstgeschärften Deftscheibe herrührten, gekonnte ausbügelte.
Besonders erwähnenswert finde ich die Tatsache, dass man mit dem stets freundlichen Maestro La Mastra immer leicht ins Gespräch kommt. Seine angenehme Art trägt viel zum insgesamt sehr stimmigen Gesamtpaket dieses kulinarischen Kleinods in Altrheinnähe bei. Warum so ein Laden nicht jeden Abend aus allen Nähten platzt, ist mir ein Rätsel.
Vielleicht sind es die etwas höheren Preise, die so manchen Kostgänger abschrecken. Schade, denn hier verpasst er die mit Abstand beste italienische Küche in Wörth und Umgebung. Und auf das Wort „Umgebung“ reimt sich ja bekanntlich Empfehlung. Womit ich dann auch wieder bei der Überschrift angelangt wäre.
Seit Juli 2021 gibt es in unserer neuen Heimat Wörth ein Ristorante, dessen feine Cucina italiana eine echte Bereicherung im kulinarischen Angebot der Stadt darstellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: egal, was wir bei unseren bisherigen Besuchen hier aufgetischt bekamen, es war immer sehr delikat zubereitet und wir verließen das kleine Lokal in der Altrheinstraße nicht nur gut gesättigt, sondern stets hochzufrieden.
Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Inhaber und Servicechef Filippo La Mastra, der sich mit diesem italienischen... mehr lesen
Oro di Barone
Oro di Barone€-€€€Restaurant07271 9335800Altrheinstraße 3, 76744 Wörth am Rhein
4.5 stars -
"Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah…" marcO74Seit Juli 2021 gibt es in unserer neuen Heimat Wörth ein Ristorante, dessen feine Cucina italiana eine echte Bereicherung im kulinarischen Angebot der Stadt darstellt. Um es gleich vorweg zu nehmen: egal, was wir bei unseren bisherigen Besuchen hier aufgetischt bekamen, es war immer sehr delikat zubereitet und wir verließen das kleine Lokal in der Altrheinstraße nicht nur gut gesättigt, sondern stets hochzufrieden.
Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Inhaber und Servicechef Filippo La Mastra, der sich mit diesem italienischen
Geschrieben am 03.05.2022 2022-05-03| Aktualisiert am
03.05.2022
Besucht am 06.03.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 48 EUR
Schon zweimal verschlug es mich in diesem Jahr in den von Hermann Gilb seit 1992 geführten Landgasthof im Ortskern von Rheinzabern, der ältesten Gemeinde der Südpfalz. Die Römer nutzten vor knapp 2000 Jahren den Ort als Raststätte („Tabernae“). Diese lag verkehrstechnisch günstig an der römischen Fernstraße, die von Italien über Basel nach Mainz führte.
Das Haus selbst blickt auf eine über 120jährige gastronomische Vergangenheit zurück. Nach etlichen Besitzerwechseln kaufte der Vater von Hermann Gilb – er hieß ebenfalls Hermann – 1961 das Goldene Lamm und führte es zusammen mit seiner Frau Auguste bis ins Jahr 1989. Trotz der auffallenden Fassadenfarbe in Terrakotta sind die grau angestrichenen Fachwerkbalken noch gut zu erkennen. Außenansicht
Neben dem gepflegt wirkenden Gastraum stehen ein zusätzlicher Veranstaltungsraum, ein begrünter Sommergarten und ein lauschiger Innenhof als Räumlichkeiten zur Verfügung. Der Innenhof
Genügend Platz also, um auch größere Gruppen und Gesellschaften zu beherbergen. Für die richtig großen Events steht außerdem das Bürgerhaus in Jockgrim zur Verfügung, das Küchenchef Hermann Gilb und sein Team noch „nebenbei“ betreiben. An solchen „Großkampftagen“ bleibt dann das Goldene Lamm zwangsläufig geschlossen, was auf der Homepage des Lokals frühzeitig bekanntgegeben wird.
Den Erstkontakt stellte ich telefonisch während einer kleinen Wanderung auf dem zwischen Rheinzabern und Jockgrim angelegten Otterbachbruchweg her. Während der hübschen Familientour in der als Naturschutzgebiet ausgewiesenen Burchbach-Otterbachniederung (nordöstlicher Ausläufer des Bienwaldes) kam Hunger auf.
In Gehrlein’s Alter Mühle – unserem kulinarischen Favoriten vor den Toren von Rheinzabern – war an diesem frühen Sonntagabend kein Platz mehr zu bekommen. Ihre Wiedereröffnung lockte anscheinend viele regionale Genussspechte mit gehörigem Nachholbedarf in das geschmackvoll renovierte Anwesen.
Wirklich viele Alternativen zu Martin Gehrleins Zweitlokal gibt es in und um Rheinzabern ja nicht. Auch im benachbarten Jockgrim sieht es gastronomisch eher düster aus. Durch die guten Rezensionen auf „Tante Google“ hatte ich das Goldene Lamm schon länger auf dem Schirm, war aber noch nie vor Ort gewesen. Das sollte sich an diesem Sonntagabend ändern.
Und so kam es mehr oder minder spontan zur ersten Einkehr in der Pfälzer Heimat mit unserem kleinen Töchterchen. Wir waren recht früh dran (ca. 17 Uhr), aber das war auch gut so, denn dann würden wir mit der jungen Dame auch wieder beizeiten daheim sein. Die Einhaltung des Schlafrhythmus hat da Priorität.
Außer dem unseren war nur noch ein weiterer Tisch besetzt. Später gesellte sich eine Familie mit drei Kerlen im Grundschulalter am Nebentisch dazu. Da hatte unsere Kleine ordentlich was zu gucken. Ich schaute mich derweil um und fand die wohltuend zeitlose Einrichtung des Gasthofs irgendwie beruhigend. Hell und freundlich wirkte das schnörkellose Interieur des Goldenen Lamms. Der Gastraum
Schön, dass es solche, ein wenig aus der Zeit gefallenen Gasträume noch gibt. Erinnerungen an die ersten bewusst erlebten Gasthausbesuche in den 80er Jahren kamen mal wieder hoch. Wahrlich nicht die schlechtesten Assoziationen.
Die Tische waren gleich zweifach in Leinen gehüllt. Sie passten zu den crèmefarben gestrichenen Wänden. Einfache, aber nicht unbequeme Sitzmöbel aus hellem Holz gruppierten sich um die gepflegt wirkende Tischkultur. Gemütliches Eck
Der dunkle Fliesenboden kontrastierte zur hellen Einrichtung des Raumes. Auf der Holztheke ging es hochgeistig zu. Als würde man das komplette Digestiv-Angebot des Hauses zur Schau stellen wollen. Blick zur "geistreichen" Theke
Ansonsten hielt man sich mit dekorativen Elementen vornehm zurück. Ein Aufsteller auf der Fensterbank zu meiner Linken warb für preisgünstigen Ingwer- und Topinamburschnaps. Exotische Schnapsempfehlungen
Daneben sorgten Teile eines alten Kaffeeservices für ein paar wohldosierte Nostalgiemomente. Deko auf der Fensterbank
Meine Frau und ich blieben an diesem Abend ganz brav beim Mineralwasser, das in Form einer Flasche Gerolsteiner Classic (0,75l für 4,40 Euro) geliefert wurde. Bei meiner Einkehr Ende April mit dem Präsidenten unseres vierköpfigen Gourmand-Clubs war ich dagegen in regelrechter Bierlaune. Eine Flasche Tegernseer Hell (0,5l für 3,90 Euro) und ein frisch gezapftes Paulaner-Pils (0,5l für 3,90 Euro) ließ ich mir an jenem frühsommerlichen Donnerstagabend im Innenhof des Goldenen Lamms schmecken. Zur deftigen Hausmannskost von Hermann Gilb genau das Richtige. Das Helle Hopfengold vom Tegernsee
Doch zurück zum Erstbesuch Anfang März. Mich gelüstete es an diesem Abend nach einem gemeinen Rumpsteak, das mit Pfefferrahmsauce, Pommes frites und einem kleinen Beilagensalat für faire 22,90 Euro zu haben war. Meine Gattin wollte es mal wieder fleischlos und bestellte einen im Ofen gebackenen Schafskäse (10,90 Euro), zu dem sie sich noch ein kleines Salätchen (3,90 Euro) extra gönnte.
Das mit etwas Rucolagestrüpp, Radieschenscheiben, leicht angerösteten Sonnenblumenkernen, Petersilie und Tomatenschnitzen angereicherte Grünzeug war mit einem leckeren Sauerrahmdressing mit leichter Dillnote angemacht. Der kleine Beilagensalat
Den größten Teil davon bildete frische Ware, teilweise wurde aber auch auf gute Convenience (z.B. der Karotten-Krautsalat) gesetzt. Da kann man für den Preis eigentlich nicht meckern. Nochmal der Beilagensalat
Auch auf dem gratinierten Schafskäse meiner Frau lauerte die grüne Rauke. Dieser war großzügig mit weichgegrillten Tomaten, noch leicht knackigen grünen Peperoni-Schoten, Streifen von frischer Paprika und der obligatorischen Knoblauchnote ausgestattet. Der gebackene Schafskäse (nah)
Der griechische Weißkäse war von guter Qualität, verlor er doch beim Abkühlen nichts von seiner Cremigkeit. Erkalteter, bröckeliger Schafskäse schmälert nämlich deutlich den Genuss dieses mediterranen All-Time-Favoriten. Der gebackene Schafskäse in der Totalen
Dazu reichte man zwei Sorten Weißbrot. Solide Aufbackware der gewöhnlichen Art, die man besonders an einem Sonntagabend zu würdigen weiß. Brotkörbchen zum Schafskäse
Mein Rumpteak kam im gewünschten Gargrad (medium) aufs Porzellan. Rumpsteak im Anschnitt
Ich schätzte seine Masse auf 180 bis 200 Gramm, was einem gestandenen Karnivoren vielleicht zu wenig gewesen wäre, mir aber in Anbetracht der à part in einer kleinen Schüssel servierten Pommes-Beilage allemal ausreichte. Umgeben war der längliche Rindfleischquader von einer aromatischen Pfeffersauce, die mit reichlich Körnern gesegnet war. Rumpsteak mit Pfefferrahmsauce
Dieser auf ehrlicher Jusbasis gründende Genuss-Guss war der eigentliche Star auf dem Teller. Schön, dass an ihm nicht gespart wurde, denn auch die Pommes frites sollten kurz vor ihrem Verzehr noch das würzige Bad in der feinabgeschmeckten Pfeffersauce genießen dürfen. Pommes zum Rumpsteak
Dass der Küchenchef etwas vom Saucenmachen verstand, war nach dem ersten Bissen schon klar.
Dass sich meine Frau nach absolvierter Schafskäsestärkung noch einen Apfelstrudel mit Vanilleeis und Sahne (5,90 Euro) einverleibte, darf nicht unerwähnt bleiben. Der Apfelstrudel
Mein selbstauferlegter Verzicht auf Süßes verbot natürlich eine solche Nachspeise, die laut ihrem Gesichtsausdruck zur vollsten Zufriedenheit führte.
Beim der Wiederholungstat vor ein paar Tagen entschieden wir uns beide für die Spargelcrème-Suppe (3,90 Euro) vom „Rheinzawwremer Spargel“ von der Tageskarte. Das mit ordentlich Königsgemüse-Einlage versehene Süppchen kam mit gerösteten Mandelblättchen und ein kleinen Bärlauchschnipseln in die Tasse.
Im Gegensatz zur Einkehr im März war an diesem Abend eine wesentlich jüngere Servicekraft am Start. Auch sie machte ihre Sache richtig gut. Freundlich, zügig und charmant wurden wir von ihr bedient. Auf Nachfragen hatte sie stets eine Antwort parat. Ein gewisses Händchen fürs Bewirten war bei ihr deutlich zu erkennen.
Es war mein erstes Spargelerlebnis in diesem Jahr und es fiel anständig aus. Gut, etwas mehr Geschmackstiefe hätte der Frühlingsterrine sicher nicht geschadet, aber so oder so mundeten mir die noch leicht bissfest gegarten Stücke vom Königsgemüse, das in ausreichender Menge vorhanden waren. Das Spargelcrèmesüppchen
Mein Gaumenfreund, der mich an jenem Abend begleitete, fand für das Süppchen nur lobende Worte und das soll was heißen.
Mit seinen Schweinemedaillons, die mit Rahmchampignons, Spätzle und einem vorweg gereichten Beilagensalat (17,90 Euro) serviert wurden, war er nämlich weitaus weniger d’accord. Schweinemedaillons mit Rahmchampignons
Die vom Schweinefilet geschnittenen Tranchen fielen schlichtweg zu dünn aus. Vier furztrockene Medaillons waren die logische Konsequenz. Schade, das hätte man besser hinkriegen können. An der Rahmsauce gab es dagegen nichts auszusetzen. Zusammen mit den Spätzle (gute Bürger-Qualität) als Soßenschwamm rettete sie ihm wahrscheinlich den Teller. Spätzle zu den Schweinemedaillons
Ich hatte mich diesmal für das Schnitzel Wiener Art (13,90 Euro) entschieden, das ich mir mit der bekannten Pfefferrahmsauce noch zusätzlich grundieren ließ. Schnitzel Wiener Art mit Pep!
Knusprige Panade hin oder her, ich brauchte einfach etwas Süffiges, um damit meine krossen Pommes frites ausreichend zu benetzen. Pommes zum Schnitzel
Mit den beiden wohlpanierten Folklorestücken aus dem Schweinerücken war ich wesentlich zufriedener als der Medaillon-Kamerad gegenüber. Da schien sich jemand im Pfannenmetier gut auszukennen. Das Fleisch nicht zu trocken, außen schön rösch gebraten und – soweit mir die pikante Pfeffertunke dieses Urteil gustatorisch überhaupt erlaubte – auch von einer angenehmen Pfeffer-Salz-Würze kündend. Eine gelungene Portion Gutbürgerlichkeit für eingefleischte Redundanzesser eben. Schnitzel in Pfeffertunke
Die beiden schweinernen Panierlappen ergaben zusammen eine ordentliche Portion, die aber nichts mit den über den Tellerrand hinausreichenden XXL-Schnitzeln aus den übriggebliebenen Vielfraßtempeln der 90er Jahre gemein hatte. Zum Sattwerden reichte der Hausmannsteller jedoch allemal, der kleine Beilagensalat hatte da als Zwischengang bereits gute Dienste geleistet.
Auf den Nachtisch verzichteten wir dann gesättigter Weise. Mein Kollege orderte noch seinen obligatorischen Kaffee (2,10 Euro), mit dem er für gewöhnlich jede Mahlzeit im Gasthaus beschließt. Hermann Gilb kam noch zu einem kleinen Plausch aus seiner Küche. Meine Fragen zur Historie und zur kulinarischen Ausrichtung des Lokals beantwortete er mir gerne.
Ein grundehrlicher Küchenhandwerker und dazu noch ein äußerst sympathischer Zeitgenosse, der hier seit 30 Jahren über Töpfe und Pfannen regiert und der auch ganz gut ohne modische Manierismen auskommt. Man darf gespannt sein, wie lange er diesen liebenswürdigen Landgasthof noch führt. Viele davon gibt es ja leider nicht mehr…
Schon zweimal verschlug es mich in diesem Jahr in den von Hermann Gilb seit 1992 geführten Landgasthof im Ortskern von Rheinzabern, der ältesten Gemeinde der Südpfalz. Die Römer nutzten vor knapp 2000 Jahren den Ort als Raststätte („Tabernae“). Diese lag verkehrstechnisch günstig an der römischen Fernstraße, die von Italien über Basel nach Mainz führte.
Das Haus selbst blickt auf eine über 120jährige gastronomische Vergangenheit zurück. Nach etlichen Besitzerwechseln kaufte der Vater von Hermann Gilb – er hieß ebenfalls Hermann –... mehr lesen
4.0 stars -
"Sympathischer Landgasthof, der mit solidem Saucenhandwerk punktete" marcO74Schon zweimal verschlug es mich in diesem Jahr in den von Hermann Gilb seit 1992 geführten Landgasthof im Ortskern von Rheinzabern, der ältesten Gemeinde der Südpfalz. Die Römer nutzten vor knapp 2000 Jahren den Ort als Raststätte („Tabernae“). Diese lag verkehrstechnisch günstig an der römischen Fernstraße, die von Italien über Basel nach Mainz führte.
Das Haus selbst blickt auf eine über 120jährige gastronomische Vergangenheit zurück. Nach etlichen Besitzerwechseln kaufte der Vater von Hermann Gilb – er hieß ebenfalls Hermann –
Geschrieben am 20.04.2022 2022-04-20| Aktualisiert am
20.04.2022
Besucht am 28.02.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 27 EUR
„Tell me why, I don’t like Mondays…“ sang Bob Geldof mit seinen Boomtown Rats Ende der 70er Jahre und fast jeder, der an einem solchen Montag gerne in ein Gasthaus einkehren möchte, weiß recht schnell, was diese Textzeilen für ihn zu bedeuten haben. Kostgänger, die an diesem Wochentag ihr Glück versuchen, stehen nämlich häufig vor verschlossenen Toren, denn die meisten Lokale haben da ihren berechtigten freien Tag.
So geschehen bei unserem Zwischenstopp im Werratal, wo wir während unserer Rückfahrt von Bremen für eine Nacht haltmachten. Genauer gesagt befanden wir uns im rund 200 Einwohner zählenden Kleinvach, einem direkt an einer Werraschleife gelegenen, ungemein idyllischen Ortsteil von Bad Sooden-Allendorf und damit in unmittelbarer Nähe zur hessisch-thüringischen Grenze.
Aus dem eigentlichen Plan, dem ersten Haus des Kurorts, dem beliebten Restaurant „Quitte“, einen Besuch abzustatten, wurde von vornherein nichts, da man dort nur von Mittwoch bis Sonntag Gäste empfängt. Unser Hunger war nach einer kleinen Wanderung auf dem Premiumweg P16 im hessisch-thüringischen Grenzgebiet bei Asbach-Sickenberg nicht gerade trivial, aber auch unser zweites Einkehrass im Ärmel, die Klosterschänke in Bad-Sooden, hatte an diesem Montag geschlossen, sprich ihren Ruhetag.
Nach McDöner und Co. war uns nicht, nach gutbürgerlicher deutscher Küche schon eher. Ich googelte die Gegend nach Essbarem ab und wurde auf der rechten Werraseite fündig. Im von Fachwerkhäusern und reichlich alter Bausubstanz dominierten, schmucken Ortsteil Allendorf hatte das Deutsche Haus geöffnet. Nach einem kurzen Telefonat und dem Hinweis auf ein Erscheinen mit Kleinkind machten wir uns auf den Weg dorthin.
Das Deutsche Haus befindet sich in der zentrumsnahen Ackerstraße, was die Suche nach einem geeigneten Parkplatz für des Volkes Wagen selbst an einem Montagabend nicht gerade leicht machte. Auch unser kleiner Wonneproppen war vom langen Aufenthalt im Maxi-Cosi nicht in allerbester Stimmung. Hungrige, von der anstrengenden Fahrt gestresste Eltern trafen auf ein quengeliges Töchterchen, die zwar müde der Fahrt, aber nicht müde genug zum Schlafen war. Keine guten Voraussetzungen für eine entspannte Einkehr, die es dann auch nicht wurde.
Das von Gisela Kienzl in vierter Generation geführte Traditionshaus, dem auch das außerhalb im Grünen gelegene Ausflugslokal Wilhelms-Höhe (nur in den wärmeren Monaten geöffnet) angehört, machte nicht nur von außen einen gepflegten Eindruck. Außenansicht
Im Inneren herrschte eine aus dunklem Holz geschnitzte deutsche Gutbürgerlichkeit wie man sie in den 70er oder 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in nahezu jeder Dorfwirtschaft antraf. Ein Gastraum wie vor 40 Jahren
Viel Stammtisch- und Tresenklientel tummelte sich in dem liebevoll anachronistisch eingerichteten Gastraum. Steingut, Zinnkrüge und Eingerahmtes mit Lokalbezug beherrschten den zwischen derbem Fliesenboden und schwerer Holzbalkendecke eingefangenen Gastrokosmos. Unser Tisch - wahres Glück is(s)t hausgemacht!
Auf die Anwesenheit eines Babys hatte man sich eingestellt. Der fehlende Wickeltisch wurde durch zwei zusammengeschobene Tische im Nebenraum kompensiert. Kaum hatten wir uns hingesetzt, wurden wir umgehend darüber in Kenntnis gesetzt. Ehrlich gesagt hätte ich viel erwartet, aber dass man uns extra einen Wickelraum herrichtet, das war schon ein feiner Zug unserer Gastgeber.
Die freundlich-fürsorgliche Art, mit der man hier seine Gäste bedient, war für uns eine sehr positive Überraschung. Ja, auch die bürgerlichen Deftigkeiten aus der Küche gingen voll in Ordnung und waren dazu noch äußerst preisgünstig kalkuliert. Aber sie allein wären für mich kein Anlass gewesen, einen Bericht über dieses in der Tat sehr ehrenwerte Deutsche Haus zu verfassen.
Aber gegessen und getrunken haben wir natürlich auch. Zur Entspannung musste eine regional gebraute Hopfenkaltschale herhalten. Das Eschweger Klosterbräu (0,4l für 2,50 Euro) aus der nahegelegenen Kreisstadt kam mir da sehr gelegen. Meine Frau löschte den Durst dagegen mit einem kleinen Mineralwasser (0,2l für 1,70 Euro). Später bestellte sie noch einen warmen, selbstfabrizierten Apfelsaft (2,50 Euro), den sie über die grüne Streuobstwiese hinweg lobte.
Trotz der unfassbar günstigen Steak-Preise – die Rumpsteaks lagen inkl. Beilagen bei gerade mal 18,50 Euro – war mir an diesem Abend nach Schnitzel zumute. Ich studierte die reichhaltige Schnitzelkarte, die vor herzhaften Panadebeispielen nur so strotzte. Hier mal ein kleiner Streifzug durch die Paniermeile.
Unter dem Begriff „Hausschnitzel“ firmierte hier die mit Käse und Schinken gefüllte Variante. Mit glasierten Zwiebeln und Speck stattete man hingegen das „Bauernschnitzel“ aus. Das „Helvetia Schnitzel“ grüßte mit Spargel und Schinken und war dazu noch mit Käse überbacken. Das „Jägerschnitzel“ wurde hier nicht mit dunkler Bratensoße, sondern mit Champignonrahmsauce kredenzt, während beim „Pfefferschnitzel“ eine entsprechende Soße angegossen wurde.
Der namentliche Sinn des „Schweizer Schnitzels“, das ebenfalls gratiniert, aber mit Champignons und Ananas (!) verfremdet wurde, erschloss sich mir nicht. Das mit weißen Bohnen, Schmorpaprika und reichlich Zwiebeln gesegnete „Serbische Schnitzel“ klang zwar nicht minder skurril, aber in meiner Vorstellung auch irgendwie interessant.
Dass es dann letztlich das „Serbische“ wurde, war wohl dem Umstand geschuldet, dass die Grenze nach Thüringen nur einen Katzensprung entfernt lag und ich ein mit Letscho angereichertes Folklorestück bis dato noch nie auf dem Teller liegen hatte.
Die frisch der Pfanne enthobenen Bratkartoffeln waren mir den 1 Euro Aufpreis wert. Für insgesamt 12,50 Euro war das aber immer noch ein sehr günstiges Abendmahl und – wie sich bald herausstellen sollte – auch ein sehr sättigendes dazu.
Meine Gattin mochte es dagegen lieber vegetarisch. Ihre Wahl fiel auf die frittierten Champignons an üppiger Salatgarnitur, die mit 8 Euro zu Buch schlugen. Da uns die Laune der Jüngsten am Tisch gehörig in Wallung versetzte, vergaß ich während meiner Beruhigungs- und Bespaßungsversuche – auch auf Papas Arm wird es irgendwann langweilig – ein Bild vom ansehnlichen Pilzteller meiner Frau zu schießen. Man möge es dem zu diesem Zeitpunkt „leicht“ genervten Vater am Tisch verzeihen.
Dabei hatte der Service auf die sich anbahnende „Schlechte-Laune-Phase“ unserer Tochter toll reagiert und das Essen meiner Frau etwas vorgezogen serviert. So konnten wir wenigstens in Etappen unsere beiden Abendessen einnehmen. Der eine aß, der andere trug. Später dann umgekehrt.
Als das frisch der Pfanne entstiegene, unter einem dicken Letscho-Teppich versteckte Schnitzel dann vor mir landete, war meine bessere Hälfte nicht mehr zugegen. Sie hatte sich mit unserer kleinen „Beutelratte“ zu einem abendlichen Spaziergang durch das idyllische Allendorf aufgemacht. In der Trage findet unser Mädel nämlich so gut wie immer in den Schlaf.
Der „Novak Djokovic“ unter den Schnitzeln fiel angenehm saftig aus. Das Fleisch schön mürbe geklopft und sicherlich auch gut gewürzt, was man jedoch aufgrund der geschmacklichen Dominanz des süß-säuerlichen Bohnen-Paprika-Allerleis kaum herausschmecken konnte. Letschoschnitzel mit Bratkartoffeln
Die Bratkartoffeln waren sehr gut gewürzt. Etwas weniger Zwiebeln hätten es meiner Meinung nach ruhig sein dürfen. Und etwas weniger Fett, denn meine „Gebreedelden“ troffen doch arg. Das "Serbische Schnitzel"
Keine Ahnung, wie vieler Schnäpse es bedurft hätte, um diesen Rustikalteller in verdaulichere Magensaftbahnen zu katapultieren. Die Fahrt zurück zum Hotel nach Kleinvach verbot jedoch dergleichen, was mir für den Rest des Abends ein hartnäckiges Völlegefühl bescherte.
PS.: Übrigens fiel am nächsten Tag die Schlussetappe auf dem Weg zurück in die Heimat dank schlafendem Baby und einer gut gewählten Pause in einer sehr kinderfreundlichen Shopping-Mall (bei Weiterstadt) recht entspannt aus.
„Tell me why, I don’t like Mondays…“ sang Bob Geldof mit seinen Boomtown Rats Ende der 70er Jahre und fast jeder, der an einem solchen Montag gerne in ein Gasthaus einkehren möchte, weiß recht schnell, was diese Textzeilen für ihn zu bedeuten haben. Kostgänger, die an diesem Wochentag ihr Glück versuchen, stehen nämlich häufig vor verschlossenen Toren, denn die meisten Lokale haben da ihren berechtigten freien Tag.
So geschehen bei unserem Zwischenstopp im Werratal, wo wir während unserer Rückfahrt von... mehr lesen
Deutsches Haus
Deutsches Haus€-€€€Gaststätte05652 2481Ackerstr. 56, 37242 Bad Sooden-Allendorf
4.0 stars -
"Deftiges Schnitzelglück und herzliche Gastgeber ließen uns einen echten Stresstest überstehen" marcO74„Tell me why, I don’t like Mondays…“ sang Bob Geldof mit seinen Boomtown Rats Ende der 70er Jahre und fast jeder, der an einem solchen Montag gerne in ein Gasthaus einkehren möchte, weiß recht schnell, was diese Textzeilen für ihn zu bedeuten haben. Kostgänger, die an diesem Wochentag ihr Glück versuchen, stehen nämlich häufig vor verschlossenen Toren, denn die meisten Lokale haben da ihren berechtigten freien Tag.
So geschehen bei unserem Zwischenstopp im Werratal, wo wir während unserer Rückfahrt von
Geschrieben am 18.04.2022 2022-04-18| Aktualisiert am
18.04.2022
Besucht am 27.02.2022Besuchszeit: Mittagessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 52 EUR
Den Tag nach dem denkwürdigen Abend im Topaz mit dem Kollegen Borgfelder musste ich ruhig angehen lassen. Allein schon um des dicken Kopfes wegen und um den Restalkohol komplett abzubauen.
Es war unser letzter Tag in Bremen und dieser stand ganz im Zeichen der Familie. Draußen schien die Sonne, aber ein kalter Wind machte unseren gemeinsamen Besuch auf dem Friedhof im Bremer Ortsteil Lesum recht unangenehm.
Wir waren zusammen mit den Schwiegereltern dorthin aufgebrochen, um die Gräber der Großeltern zu besuchen. Zur Mittagszeit meldete sich dann ad hoc ein alter Weggefährte, der Hunger. Nach absichtlich ausgelassenem Frühstück kam sein Besuch aber nicht wirklich überraschend.
Da auch meine Frau Einkehrbereitschaft signalisierte und das in Lesum sehr beliebte griechische Restaurant Sparta – ich berichtete vor ein paar Jahren – fußläufig zu erreichen war, ließen wir es auf einen Spontanbesuch ankommen. Doch so schnell wir drinnen waren und einen Tisch im Gewühl ergattert hatten, strichen wir auch wieder die Segel. Zu laut, zu voll und mit dem Baby an Bord keine besonders gute Idee!
Nun war guter Rat teuer. Gut, dass da meine Schwiegereltern einen ihrer Meinung nach einfachen, aber recht passablen Italiener – in diesem Fall würde Italienerin tatsächlich besser passen – noch „aus Jugendzeiten“ kannten. Also griffen wir zur zweiten Option und steuerten das an der Stader Landstraße gelegene Mama Leone an.
Und so kam es schließlich zum allerersten Restaurantbesuch mit unserem kleinen, zu diesem Zeitpunkt knapp fünf Monate alten Töchterchen. Um es mit den abgewandelten Worten von 80er Ikone Nena zu sagen: Irgendwie fängt irgendwann, irgendwo das gemeinsame Auswärtsessen an!
Und warum nicht in einem italienischen Ristorante, das seit Jahren für anständige Pizzen und Pastagerichte steht, den Anfang machen? Seit 1977 (!) existiert die von außen etwas schmucklos wirkende Teigfladenschmiede der Familie Leone an Ort und Stelle. Außenansicht
Meine Recherchen ergaben, dass Tochter Susan Leone in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten ist – was heute ja eher die Ausnahme, denn die Regel darstellt – und das Ristorante im Jahr 2017 übernommen hat.
So manche, die heute noch hier einkehren, waren schon bei Maria und Pino, den Eltern von Susan, zu Gast und sind ihrer Lieblingspizzeria über die Jahre hinweg treu geblieben, wie ich zahlreichen FB-Kommentaren entnehmen konnte. Vielleicht nicht die aussagekräftigste, aber sicher nicht die schlechteste Referenz für einen Traditionsbetrieb.
Wir wurden von einer jungen Bedienung freundlich in Empfang genommen und zu einem Tisch im hinteren, etwas kleineren Gastraum geführt. Das Lokal war gut besucht an diesem Sonntagmittag. Aber für vier Erwachsene und ein Baby hatte man noch Plätze frei.
Nachdem die Impfformalitäten geklärt waren, erhielten wir das in diversen Klarsichtfolien steckende Speisenprogramm, das eine beeindruckende Auswahl mehr oder weniger gängiger Italokost listete. Neben Pizza und Pasta in den üblichen Deklinationen, wurden auch Fleisch- und vor allem Fischgerichte offeriert. Mit Gamberoni, Calamari und Cozze huldigte man hier vor allem den Früchten des Meeres.
Was den Alkoholkonsum betraf, übte ich mich in Zurückhaltung. Der Abend zuvor steckte mir noch in der Leber und so verzichtete ich auf Valpolicella, Frascati & Konsorten. Stattdessen labte ich mich bald an klassisch vor sich hin sprudelndem Blubberwasser der Marke „San Pellegrino“ (0,7l für 5 Euro). Schwiegermutti gönnte sich ein Alster (0,3l für 2,50 Euro), während sich ihr Gatte ein Viertel Bardolino (4 Euro) reinpfiff.
Die Pizzen werden im Mama Leone in drei verschiedenen Größen angeboten. Neben einer Kinderportion – schätze mal etwas größer wie eine Vinyl-Single früher – gab es sie in „Normal“ und „Groß“. Wie groß „Normal“ ist oder ob „Groß“ hier eher normal ist, war der Karte nicht wirklich zu entnehmen, da keine Durchmesser angegeben waren. Laut meinem Schwiegervater wäre die normale Größe aber völlig ausreichend, da es sich um Teigfladen mit etwas dickerem, weicherem Boden handeln würde.
Aha, also eher eine „Napoletana“ mit schönem „bordo alto“, denn eine knusprig dünne „Romana“. Den Rat des Schwiegervaters überhörte ich geflissentlich und entschied mich für die große Pizza „Sophia Loren“ (14,50 Euro) mit Salami, Schinken und zwei Spiegeleiern. Ich spekulierte da schon auf den Verzehr ihres erkalteten Rests am nächsten Tag.
Meine Frau hatte dagegen so richtig Lust auf eine Portion Spaghetti Aglio e Olio (7,30 Euro), während die Schwiegereltern auch die Rundbackwaren favorisierten, was ihnen jeweils eine „Funghi“ (5,50 Euro) und eine „Napoli“ (6 Euro) in Normalgröße einbrachte. Ein Tomatensalat (5 Euro) und ein grüner Salat (3 Euro) für die Vorabgelüste komplettierten unsere Order.
Ein an der Decke angebrachtes Netz ließ den gestrandeten Caprifischer in mir jauchzen. Wir saßen bequem auf Polsterstühlen mit Kunstlederüberzug und auch der Jüngsten am Tisch gefiel es hier deutlich besser als im trubeligen Sparta, aus dem wir kurz zuvor entflohen waren. Unser Tisch (Holzfurnier) befand sich in einer gemütlichen Ecke. Eine Umgebung, die sich allein schon deshalb als babyfreundlich erwies, da wir so ziemlich unter uns waren. Der hintere Gastraum
Wie schön, dass es diese einfachen Traditionsgasthäuser des kulinarischen Südens noch gibt, in denen man freundlich bedient wird und auch die Kleinigkeiten noch stimmen. In unserem Fall war es das zu den beiden Salaten gereichte Pizzabrot. Pizzabrot
Das kam in seiner gesalzenen Fluffigkeit aber auch sowas von „oldschool“ rüber, dass es die reinste Wonne war. Eines wusste ich also bereits vor dem Rendezvous mit Sophia Loren: der Teig – das geschmeidige Fundament von allem Runden hier – würde mir schmecken und das bedeutete ja schon mal was.
Über den mit ordentlichem Zwiebelanteil versehenen, gut gepfefferten Tomatensalat kann ich nichts sagen. Aber in Anbetracht der Jahreszeit durfte man bei der erklecklichen Ansammlung blassroter Schnitze auf dem Teller meines Schwiegervaters von einem nicht allzu intensiven Aromenspektakel ausgehen. Tomatensalat
Der grüne Salat meiner Gattin kam mit einfachem Essig-Öl-Dressing aus und fuhr damit ganz gut. Kleiner grüner Salat
Bald dufteten uns die üppig gratinierten Teigfladen entgegen. Zu meiner Verwunderung schlummerte mein aus Schinken und Salami bestehender Rustikalbelag unter einer geschmolzenen Käseschicht. Sollte das nicht umgekehrt sein? Setzte man sich hier etwa absichtlich über die gängigen Konventionen hinweg und schloss den ritualisierten Bestückungsvorgang mit Käse ab?
Bei der „Napoli“ des Schwiegervaters das gleiche Bild. Ein mächtiger Schmelzkäseteppich begrub seine pikanten Komplizen, in diesem Fall Sardellen und Kapern, unter sich. Pizza Napoli (Normalgröße)
Nur die frischen Pilze auf Schwiegermuttis Funghi-Fladen lagen obenauf und grinsten frech zu mir rüber. Pizza Funghi (Normalgröße)
Nicht frech, dafür aber mit einer gehörigen Portion skurrilem Zubereitungshumor gesegnet, schauten mich die aus einem doppelten Spiegelei mit zwei schwarzen Olivenpupillen bestehenden „Augen“ meiner Sophia-Loren-Pizza an. Pizza Sophia Loren
Das mondgesichtige Hefeerzeugnis schien mir augenzwinkernd klarmachen zu wollen, dass mein Magen eh nicht dafür ausgelegt sei, es hier und heute komplett zu vertilgen. Da schaut sie mich an, die Sophia...
Es sollte von Anfang an Recht behalten. Zwar kämpfte ich wie Charlton Heston 1961 in der Historienschmonzette „El Cid“, fühlte mich aber eher wie ein neapolitanischer Don Quixote beim Kampf gegen ein teiggewordenes Wagenrad.
Meine Frau nudelte sich währenddessen durch ihre beiden siamesischen Pastazwillinge namens Aglio und Olio. Nicht zu fettig, aber auch nicht allzu bissfest gerieten ihre Spaghetti, denen es meiner Meinung nach etwas an „Wumms“ fehlte. Gut, für sie war es der erste Auswärtsteller nach vielen Monaten und von daher ihre Anspruchshaltung auch nicht sonderlich hoch. Spaghetti Aglio e Olio
Meiner deftigen Italo-Scheibe mangelte es dagegen wahrlich nicht an Würze, was mir später noch einen ausgewachsenen Nachdurst einbrachte. Aber egal, der Zweck heiligt bekanntlich so manchen Pizzabelag und niemand von uns bereute den kleinen Abstecher in den leicht anachronistisch anmutenden Gastrokosmos der Familie Leone.
Vieles, was Vorrezensent Hanseat1957 vor rund 7 Jahren über das Mama Leone geschrieben hat, gilt auch heute noch. Das in die Jahre gekommene Innenleben, die etwas angestaubt wirkende Deko, die vielfältige Speisenauswahl und das gut gesalzene, leicht fettige Pizzabrot haben die Zeit überdauert.
Ob es sich bei diesem familiär geführten Ristorante tatsächlich um ein „Gesamtkunstwerk“ handelt, muss jeder für sich selbst beurteilen. Von zu langer Wartezeit aufs Essen kann ich jedoch nicht berichten. Vielleicht hat sich das ja im Zuge des Verjüngungsprozesses etwas gebessert.
Wir waren jedenfalls mit dem Verlauf dieser ersten Einkehr mit Baby sehr zufrieden. Die Kleine hielt gut durch und da uns auch die Schwiegereltern unterstützten, war das ein recht entspanntes Gastro-Debüt mit ihr. Wir genossen die sympathische Zeitreise back to the roots mit ordentlichen Pizzen, die trotz ihres nicht sonderlich großen Durchmessers gut sättigten.
Die drei Ramazotti zum Digestif gingen freundlicherweise aufs Haus und die Rechnung übernahm der spendable Herr Schwiegerpapa. Alles in allem also eine nicht unerfreuliche Stippvisite in diesem alteingesessenen Bremer Pizza-Tempel. Zwar kontrastierte der Besuch zu dem abends zuvor im Topaz Erlebten ganz gehörig, aber nur wer die einfachen Dinge der Kulinarik zu schätzen weiß, kann auch die Highlights in vollen Zügen genießen. Das reimt sich nicht – aber es erdet zumindest.
Oder um es mit den Worten eines großen Entertainers zu sagen: „You gotta get high before you taste the lows!“ (Robert Peter, genannt „Robbie“, Williams, 1997)
Den Tag nach dem denkwürdigen Abend im Topaz mit dem Kollegen Borgfelder musste ich ruhig angehen lassen. Allein schon um des dicken Kopfes wegen und um den Restalkohol komplett abzubauen.
Es war unser letzter Tag in Bremen und dieser stand ganz im Zeichen der Familie. Draußen schien die Sonne, aber ein kalter Wind machte unseren gemeinsamen Besuch auf dem Friedhof im Bremer Ortsteil Lesum recht unangenehm.
Wir waren zusammen mit den Schwiegereltern dorthin aufgebrochen, um die Gräber der Großeltern zu... mehr lesen
Ristorante Mama Leone
Ristorante Mama Leone€-€€€Restaurant, Pizzeria0421633195Stader Landstraße 17, 28719 Bremen
3.5 stars -
"Wenn dir Sophia Loren als Pizza getarnt tief in die Augen schaut, dann sitzt du vermutlich bei einem alteingesessenen Italiener in Bremen-Lesum…" marcO74Den Tag nach dem denkwürdigen Abend im Topaz mit dem Kollegen Borgfelder musste ich ruhig angehen lassen. Allein schon um des dicken Kopfes wegen und um den Restalkohol komplett abzubauen.
Es war unser letzter Tag in Bremen und dieser stand ganz im Zeichen der Familie. Draußen schien die Sonne, aber ein kalter Wind machte unseren gemeinsamen Besuch auf dem Friedhof im Bremer Ortsteil Lesum recht unangenehm.
Wir waren zusammen mit den Schwiegereltern dorthin aufgebrochen, um die Gräber der Großeltern zu
Besucht am 23.02.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 31 EUR
Dass dieser Satz auch für die Abendstunden gilt, war mir nach dem Besuch eines relativ neuen Burgerladens in der Gemeinde Langen (nördlich von Bremerhaven) bewusst geworden. Langen ist eine von 16 Ortschaften, aus denen die Stadt Geestland besteht. Mit seinen ca. 11500 Einwohnern ist es doch um einiges größer als das Fleckchen Imsum, in dem ich für drei Tage einquartiert war. Nach den beiden an Fischvergnügen nicht gerade armen Abenden zuvor, gelüstete es mich nach einem Kontrastprogramm für auf kaltem Entzug befindliche Karnivoren.
Mein Favorit und sicherlich der Geheimtipp für BBQ-Freunde in dieser Gegend, das Cutter‘s Ribhouse im ehemaligen Laubenpieper in Bremerhaven, hat derzeit nur samstagabends (und das auch nur alle 14 Tage) geöffnet. Ein überaus freundlicher Pitmaster erklärte mir die eingeschränkten Öffnungszeiten am Telefon. Die unsichere Coronalage, eine selbstauferlegte Kurskorrektur beim gastronomischen Konzept sowie die begrenzten personellen Kapazitäten würden eine Öffnung unter „Normalbedingungen“ derzeit nicht erlauben.
Gut, dann musste eben Plan B greifen und ich folglich wieder zum Smartphone. Der „Nyce Guy“ am anderen Ende der Leitung sicherte mir einen Platz in Langens neuer Burger-Bowl-Bar zu. Diese existiert seit dem 9.September 2021 in den ehemaligen Räumlichkeiten des „Kaliméra“, einem griechischen Lokal im Langener Lindenhof-Center. Nichts in dem verklinkerten, von coolem Industriedesign geprägten Anwesen erinnert mehr an eine griechische Ouzo-Taverne. Außenansicht
Da ließ man scheinbar gehörig den Presslufthammer kreisen, um das Innere des Lokals komplett umzukrempeln.
Drinnen empfing mich eine lange nicht mehr erlebte Betriebsamkeit. Ja, es war richtig was los bei den netten Burgerbuddies aus Langen. Und das unter der Woche. Studenten/Innen, Best Ager, Familien und Touristen bildeten einen bunten Querschnitt, der sich durch unterschiedlichste Gesellschaftsschichten zog. Bereits am Eingang wurde der erforderliche Impfnachweis kontrolliert. Ein Zweiertisch vor der Fensterfront war dann ebenso schnell eingenommen.
Da saß ich nun und genoss – und das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen – den Trubel um mich herum. Ich saugte das an die Zeit vor Corona erinnernde Gastro-Gewimmel förmlich in mir auf, denn es fühlte sich so verdammt „normal“ an. Spätestens beim Schoppen „Nyce Guys Pale“ vom Fass (0,5l für 4,50 Euro) waren die letzten pandemischen Umstände aus dem Kurzzeitgedächtnis gespült. Außerdem bewirkte die gut ge“lager“te Hopfenkaltschale das, was sie bei mir immer bewirkt: mein Appetit verwandelte sich in handfesten Hunger. Das Nyce Guys Pale (Hausbier)
Ich durchstöberte die vorbildlich laminierten Seiten der Speisenkarte, die allesamt in einem zum Ringbuch umfunktionierten Klemmbrett steckten. Erstmal einlesen...
“Zeitgeist meets Hygienevorschriften!“ Andere Zeiten, andere Meriten. Egal, ich blätterte mich mit „högschder“ Konzentration durch das „nice“ (neudeutsch) gestaltete Kompendium an Burgern, Bowls, Salaten und Fingerfood.
Nebenbei staunte ich als bekennender „Juncker der Provinz“ nicht schlecht über so viel gelebte Urbanität in dem von der Geest geformten Land. Graue Betonwände, klobige Industrielampen und jede Menge Bistromobiliar im „Used-Look“ hätte ich eher im benachbarten Bremerhaven erwartet. Der Gastraum im Industrial-Shabby-Look Die Leseecke ohne Bücher
Der schummrig beleuchtete Barbereich wurde von einer raumtrennenden Grasbüschelbarriere separiert. Schummrige Barkulisse
Das üppige Grün stand der ansonsten recht puristisch eingerichteten Burgerbutze gut zu Interieur und ließ den Gastraum etwas lebendiger wirken. Blick auf die "grünen" Raumtrenner
Statt mich über das Fehlen von frischfrittiertem Stint zu echauffieren, beschied ich mich vorweg mit einer Portion Chicken Wings (8,50 Euro), um mich dann ganz auf meine selbstauferlegte Hot’n’Cheese-Burger-Experience (damals noch 9,90 Euro) zu konzentrieren. Zu dem Geflügel-Sixpack gab es noch eine cremig-rauchige Chipotle-Sauce gratis dazu. Die knusprigen Sechs
Dann bediente sich Häuptling „Fettiger Finger“ ungeniert an dem knusprigen Frittiergut, das schnell als gewöhnliche Convenience-Ware enttarnt war. Die Chicken Wings im Detail
Dazu passte irgendwie das gut „reinlaufende“ Helle (übersetzt wohl eher „Bleiche“), das sich viel zu schnell leerte.
Dann folgte das mit einem medium gegrillten 200g-Patty ausgestattete „Scharf-und-Käse-Fleischbrötchen“. Was auf Deutsch klingt wie ein Sehnsuchtsgericht aus ostalgischen HO-Gaststätten, war in Wirklichkeit ein äußerst stattliches Exemplar niedersächsischen Bulettenbaus. Das „Scharf-und-Käse-Fleischbrötchen“
Zwischen den leicht angegrillten Buns lauerten neben der saftigen Fleischeinlage scharfe Jalapeños, würziger Cheddar und ein dicker Klecks hausgemachter Chili-Cheese-Sauce. Als vegetabiles Alibi fungierten krause Blätter vom Lollo rosso. The first cut is the deepest...mein Burger im Anschnitt
Keine Frage, das war keine Diätkost für Kalorienzähler, sondern eine zünftige Stärkung nach den getätigten 20000 Schritten (gefühlt) auf dem Deich. Auf die obligatorische Pommes-Beilage hatte ich leider verzichtet. Leider, weil mir beim Anblick der „Classic fries“ am Nachbartisch dann doch der Zahn tropfte. Egal, manchmal ist ja weniger mehr, was sich in meinem Fall als grober Unfug herausstellen sollte. Denn an jenem Abend (und auch an dem bald folgenden in Bremen…) war nämlich „mehr“ mehr.
Deshalb sah ich mich dazu veranlasst, meinem zuvor bestellten IPA von Maisel & Friends (0,33l-Flasche für 3,30 Euro) mit ein paar Onion Rings (4,90 Euro) kulinarisch Gesellschaft zu leisten. Hausgemachte Onion Rings mit Feuersauce
Die waren dann definitiv selbstgemacht, was mir die unterschiedliche Größe der in Bierteig ausgebackenen Zwiebelringe verriet und später beim netten Plausch mit dem Geschäftsführer bestätigt wurde. Die dazu bestellte Hot-Fire-Sauce machte ihrem Namen alle Ehre und heizte mir zum Schluss nochmal so richtig ein. Die Onion Rings aus der Nähe
Mit gut gemachten Burgern liegt der gemeine Fleischesser ja nie falsch. Kulinarisch betrachtet war der letzte Abend meines Solo-Trips vielleicht kein besonders wertvoller, aber einer mit hohem Wohlfühlcharakter. Und das reicht ja manchmal auch.
Liebe „Nyce Guys“ aus Langen, ihr macht mit eurem Laden ganz viel richtig, denn ihr füllt eure Gläser mit anständigem Bier und verköstigt eure Klientel mit schmackigen, teilweise sehr einfallsreich kreierten Burgern. Da ihr auch Schüsseln mit gesundem Powerfood in petto habt, wird auch der ein oder andere Gesundheitsapostel eure Wege kreuzen. Die Preise, die ihr dafür abruft, sind für das Gebotene absolut im Normbereich. Auch euer Servicepersonal ist schwer auf Zack und weiß, wie man mit seinen Gästen umgeht. Hipsterallüren sucht man hier jedenfalls vergeblich und das ist auch gut so.
Nun war ich gespannt, auf den bevorstehenden Väterabend in der „Hansestadt mit Herz“. Das dortige Treffen mit einem guten Futterfreund würde sicherlich in eine ganz andere Richtung gehen.
Wein oder nicht Wein? – Welch‘ überflüssige Frage!
Dass dieser Satz auch für die Abendstunden gilt, war mir nach dem Besuch eines relativ neuen Burgerladens in der Gemeinde Langen (nördlich von Bremerhaven) bewusst geworden. Langen ist eine von 16 Ortschaften, aus denen die Stadt Geestland besteht. Mit seinen ca. 11500 Einwohnern ist es doch um einiges größer als das Fleckchen Imsum, in dem ich für drei Tage einquartiert war. Nach den beiden an Fischvergnügen nicht gerade armen Abenden zuvor, gelüstete es mich nach einem Kontrastprogramm für auf kaltem... mehr lesen
Nyce Guys
Nyce Guys€-€€€Restaurant, Bar04743 9498552Debstedter Straße 5, 27607 Geestland
4.0 stars -
"A burger a day keeps the hunger away!" marcO74Dass dieser Satz auch für die Abendstunden gilt, war mir nach dem Besuch eines relativ neuen Burgerladens in der Gemeinde Langen (nördlich von Bremerhaven) bewusst geworden. Langen ist eine von 16 Ortschaften, aus denen die Stadt Geestland besteht. Mit seinen ca. 11500 Einwohnern ist es doch um einiges größer als das Fleckchen Imsum, in dem ich für drei Tage einquartiert war. Nach den beiden an Fischvergnügen nicht gerade armen Abenden zuvor, gelüstete es mich nach einem Kontrastprogramm für auf kaltem
Geschrieben am 02.04.2022 2022-04-02| Aktualisiert am
02.04.2022
Besucht am 22.02.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 30 EUR
Der auflandige Wind schob die letzten Regenwolken über die Wurster Nordseeküste. Ein typischer Tag mit durchwachsenem Übergangswetter. Morgens startete ich mit einer fast schon obszön leckeren, lauwarmen Fischfrikadelle von Fisch-Feinkost Kathmann aus dem benachbarten Langen (Geestland) in den Tag.
Ein Spaziergang zum Ochsenturm am Imsumer Friedhof, der sich auf einer Warft knapp hinter dem Seedeich befindet und den Blick hinüber zur Silhouette das Containerterminals Bremerhaven freigibt, ließ mich meine Korrekturpflichten für ein paar Stunden bewusst vernachlässigen.
Gegen Abend rief ich in der Wremer Fischerstube an und erfragte einen Tisch. Frau Wolters, die Chefin vom Gasthaus Wolters – Zur Börse hatte mir tags zuvor den Tipp gegeben. Eine solide Fischküche bei freundlichen Gastgebern würde mich dort erwarten. Bereits das Telefonat bestätigte mir letzteres. Ich machte mich also erneut auf den Weg nach Wremen. Diesmal ging es aber näher an die Küste.
Die Wremer Fischerstube befindet sich nämlich direkt hinter dem Deich, keine 200 Meter vom Wremer Kutterhafen entfernt. Hier auf der windgeschützten Lee-Seite des „Wremer Tiefs“ steht der schmucke Klinkerbau, der seit dem Frühjahr 2021 von neuen Betreibern geführt wird.
Sein neuer Inhaber ist der Bosnier Sakib Hasanspahic, der zuvor 20 Jahre auf dem Restaurant-Schiff „Seute Deern“ tätig war. Die ab dem Jahre 2005 als Bestandteil der Gesamtanlage Deutsches Schifffahrtsmuseum unter Denkmalschutz stehende hölzerne Bark sank im August 2019 infolge eines Schiffsbrands im Alten Hafen von Bremerhaven. Im letzten Jahr wurde der geschichtsträchtige Dreimaster dann kostenintensiv abgewrackt. Für Herrn Hasanspahic war der Abschied von „seinem Schiff“ kein leichter, wie aus den Berichten der Regionalpresse zu entnehmen war.
Umso erfreulicher, dass ihm und seiner Mannschaft in der Wremer Fischerstube ein Neuanfang gelungen ist. In Zeiten von Corona sicherlich keine Selbstverständlichkeit. An der kulinarischen Ausrichtung des Lokals hat man ganz bewusst nicht viel geändert. Nach wie vor wird hier in erster Linie auf eine gutbürgerliche Fischküche gesetzt.
Jedoch finden sich auch ein paar Fleischklassiker sowie einige wenige vegetarische Gerichte im überschaubar gehaltenen Speiseangebot wieder. Ergänzt wurde das Standardprogramm von vier Tagesempfehlungen. Darunter auch der fangfrische Stint, der hier scheinbar als saisonale Delikatesse gilt.
In der geräumigen Fischerstube fühlte ich mich sofort gut aufgehoben. Auf dem gut gepolsterten Holzstuhl saß es sich recht bequem. Ausreichend Platz zu den Nachbartischen war ebenfalls vorhanden. An diesen war man bereits mit den Hauptgängen beschäftigt. Ein gemischtes Publikum, das sich zum Großteil aus Paaren mittleren und höheren Alters zusammensetzte, ließ sich handfeste Deftspeisen in üppigen Portionen servieren. Gastraumimpression 1
Mein Blick richtete sich auf den Ausschanktresen, überflog die dezente Küstenfolklore sowie die gerahmten nautischen Karten an den Wänden ehe er an einem beeindruckenden Modell eines Segelschiffs – hätte auch eine Miniatur der „Seute Deern“ sein können – hängenblieb. Das Schiffsmodell als Blickfang
Dieses war direkt neben dem Eingang platziert und mir bereits beim Betreten der Gaststube aufgefallen. Das Lokal machte jedoch nicht den Eindruck einer von Dekokitsch überladenen Seemannsklause. Gastraumimpression 2
Ganz im Gegenteil. Alles wirkte sehr sauber und aufgeräumt. Der über mir an der Wand angebrachte Flachbildschirm lieferte grelle Live-Bilder vom benachbarten Kutterhafen. Von der Decke baumelnde Hängeleuchten spendeten angenehm helle Lichtverhältnisse. Gastraumimpression 3
Keine Frage, der mit rustikalem Holzmobiliar ausgestattete Gastraum hatte seine gemütlichen Ecken. Und das trotz seines etwas nüchtern wirkenden Fliesenbodens. Gastraumimpression 4
Gleich zu Beginn prüfte einer der beiden äußerst beflissen agierenden Kellner meinen Impfstatus. Er bediente mich in der Folgezeit ohne Fehl und Tadel. Die Freundlichkeit von Herrn Kulic schien echt, was ein netter Plausch an der Theke kurz vor Feierabend – ich blieb mal wieder bis zum Schluss – noch bestätigen sollte.
Auf die Kartenlektüre folgte eine kleine Flasche Mineralwasser der Marke „Magnus“ (0,25l für 2,30 Euro) sowie ein frisch gezapftes Haake-Beck Kräusen (0,4l für 4,20 Euro). Kein Wässerchen konnte mein Kräusen trüben
Nach dem opulenten Mahl am Vorabend wollte ich es diesmal etwas ruhiger angehen lassen. Aber eine Wremer Krabbensuppe (6,20 Euro) durfte es in Anbetracht der unmittelbaren Nachbarschaft zum Kutterhafen vorweg schon sein.
Auch wollte ich es an diesem Abend auf eine ordentliche Miesmuschelei ankommen lassen. Die - laut Karte - nach mediterraner Art zubereiteten Schalentiere (15,50 Euro) waren zusätzlich mit Aioli und Baguette ausgestattet. Auf die Knoblauchtunke verzichtete ich dankend, würde sie mir doch nur unnötig im Magen liegen.
Das Krabbensüppchen hatte neben einer ordentlichen Granateinlage auch in Rädchen geschnittenen Frühlingslauch zu bieten. Das Wremer Krabbensüppchen
Mit etwas Sahne hatte man die Küstenterrine auf Geschmackskurs gebracht ohne dabei ein allzu erschlagendes Argument aus ihr zu machen. Das war zwar keine filigrane Bisque für Feingaumen, aber eine solide abgeschmeckte Offensive gegen den angestauten Hunger vom Tage. Insofern bereute ich meine Vorspeisenwahl zu keiner Sekunde und freute mich auf den zweiten Teil des Meerestiermedleys.
Die Muscheln wurden in einem großen Emaille-Topf an den Tisch gebracht. Ein Topf voller Muscheln
Beim Lüpfen des Deckels entwich ein von Weißwein und Gewürzen kündender Meeresduft, dessen Aromenfülle mich leicht benebelte. So richtig mediterran roch das aber nicht. Mit Hilfe einer großen Schöpfkelle füllte ich mir den ersten Teller und war erstaunt über den – was ihre Zubereitungsart betraf – so nicht erwarteten Abstecher ins Rheinische. Nun mündet ja der Rhein bekanntlich in die Nordsee und deshalb beharrte ich auch nicht auf dem in der Karte angekündigten mediterranen Charakter des Muscheltopfs.
Ja es war ein Topf und keine Schüssel. Und dieser musste erst einmal geleert werden, was gar keine so leichte Aufgabe darstellte. Denn der Weißwein-Gemüse-Sud, in dem die in ihren Schalen versteckten Weichlinge badeten, hatte leider zu viel Salz abbekommen. Ich mag ja würzige Tunken sehr, aber hier hatte sich wohl der schwerverliebte Koch beim Abschmecken der Muschelbrühe etwas zu sehr am natürlichen Habitat der dunkelschaligen Protagonisten orientiert. Erste Portion
Mit Brotes Hilfe konnte ich die erste Attacke der „Meerestiersole“ auf meine Papillen noch kontern. Dann aber musste ich mich geschlagen geben und konzentrierte mich fortan ausschließlich auf den Verzehr des reichlich vorhandenen Muschelfleisches. Manchmal muss man eben Prioritäten setzen. Zweite Portion
Um die Würze komplett vom Gaumen zu wischen, orderte ich noch eine Crème brulée (1,80 Euro) im Miniaturformat. Diese kam mit karamellisierter Kruste und den typischen Vanille-Pünktchen in ihr putziges Weckgläschen, das schnell ausgelöffelt war. Crème brulée im Weckglas
30 Euro wechselten danach ihren Besitzer. Herr Kulic erklärte seinem interessierten Gast die bereits erwähnten Umstände der „freundlichen Übernahme“ der Wremer Fischerstube. Die Kritik bezüglich der salzlastigen Muscheltunke nahm er professionell entgegen und versprach deren Weiterleitung in Richtung Küche. Gerne durfte ich mich auch im zweiten großen Gastraum noch umsehen und ein paar Bilder schießen. Dieser schien komplett renoviert worden zu sein und wirkte sogar noch ein wenig gemütlicher. Der andere Gastraum
Draußen war es indes recht ungemütlich. Der „Hans“ zog blank und mich fast vom Deich. Gut gesättigt und um eine sehr würzige Geschichte aus dem Muscheltopf reicher ging es schließlich mit dem Auto wieder zurück nach Imsum zur Ferienwohnung.
Am nächsten Tag lief ich bei strahlendem Sonnenschein den von Radfahrern und Spaziergängen gerne genutzten Deichweg nach Wremen (und wieder zurück). So gesehen bescherte mir der auflandige Wind vom Vorabend einen echten Traumtag an der Wurster Nordseeküste. An der Fischerstube kam ich sogar nochmal vorbei. Blick vom Deich: vorne die Stube, dahinter Wremen! Außenansicht am Tag darauf Außenansicht am Tag darauf
Mein Bedarf an Fisch war zu diesem Zeitpunkt gut gedeckt, weshalb ich am Abend die „Burgernähe“ bei den Nyce Guys suchte. Wie es mir dort erging, davon wird der nächste Bericht erzählen.
Der auflandige Wind schob die letzten Regenwolken über die Wurster Nordseeküste. Ein typischer Tag mit durchwachsenem Übergangswetter. Morgens startete ich mit einer fast schon obszön leckeren, lauwarmen Fischfrikadelle von Fisch-Feinkost Kathmann aus dem benachbarten Langen (Geestland) in den Tag.
Ein Spaziergang zum Ochsenturm am Imsumer Friedhof, der sich auf einer Warft knapp hinter dem Seedeich befindet und den Blick hinüber zur Silhouette das Containerterminals Bremerhaven freigibt, ließ mich meine Korrekturpflichten für ein paar Stunden bewusst vernachlässigen.
Gegen Abend rief ich in... mehr lesen
4.0 stars -
"Gutbürgerliche Geschichten aus dem Muscheltopf – nicht nur deftig, sondern auch ziemlich heftig!" marcO74Der auflandige Wind schob die letzten Regenwolken über die Wurster Nordseeküste. Ein typischer Tag mit durchwachsenem Übergangswetter. Morgens startete ich mit einer fast schon obszön leckeren, lauwarmen Fischfrikadelle von Fisch-Feinkost Kathmann aus dem benachbarten Langen (Geestland) in den Tag.
Ein Spaziergang zum Ochsenturm am Imsumer Friedhof, der sich auf einer Warft knapp hinter dem Seedeich befindet und den Blick hinüber zur Silhouette das Containerterminals Bremerhaven freigibt, ließ mich meine Korrekturpflichten für ein paar Stunden bewusst vernachlässigen.
Gegen Abend rief ich in
Besucht am 21.02.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 45 EUR
Mit dem Nordseebad Wremen verbindet mich der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau vor rund sieben Jahren. Nach dem Motto „Back to the Roots“ planten wir in bester Erinnerung an diesen hübschen Flecken an der Wurster Nordseeküste unsere erste längere Fahrt mit dem Töchterchen.
Als wir dann endlich bei den Schwiegereltern in Bremen ankamen, wollten wir sie von der „beklemmend“ langen Zeit im Maxi-Cosi erlösen und disponierten kurzerhand um. Die letzte Etappe in Richtung Küste trat ich dann alleine an. Meine Frau blieb zusammen mit der Kleinen in Bremen bei ihren Eltern, die nicht nur ihr Enkelkind sehr vermisst hatten.
Natürlich hätten wir unsere Ferienwohnung in Imsum, einer rund 1000 Einwohner zählenden Ortschaft nördlich von Bremerhaven, auch absagen können. Da ich aber noch eine Menge Arbeiten zu korrigieren hatte, würde ich bei meinem dreitägigen Solo-Trip keinen rechten Grund zur Langeweile haben. Außerdem hielt nach den heftigen Stürmen wieder sonniges Wetter Einzug, was sicher den ein oder anderen Deichspaziergang ermöglichen würde.
Über die Verpflegung am Abend machte ich mir nach vollzogener Einquartierung Gedanken. Ein einziges Restaurant listete der Guide Rouge in meiner Nähe. Das mit einem Bib Gourmand ausgezeichnete Gasthaus „Zur Börse“ von Björn und Inge Wolters im rund 6 km entfernten Nachbarort Wremen. Und zufällig hatten die an jenem Dienstagabend auch noch geöffnet. Ein kurzer Anruf genügte und nach einem netten Plausch mit der Chefin war mein Abendessen gesichert. Abends vorm Gasthaus Wolters
Die Informationen auf deren Homepage steigerten meine Vorfreude auf die feine Fischküche, mit der sich Küchenchef Björn Wolters einen guten Ruf „erkocht“ hat. Viel Stammklientel konnte ich an den Nachbartischen ausmachen. Das wunderte mich nicht, denn die Art und Weise wie man hier seine Gäste umsorgt, ist von einer fürsorglichen Herzlichkeit geprägt, die man heute nicht mehr so häufig antrifft.
Frau Wolters empfing mich als einzigen Einzelgast des Abends und checkte verordnungskonform meine aktuelle Impflage. Dann bekam ich einen Platz vor der Theke zugewiesen. Ich hatte den letzten freien Tisch ergattert und freute mich einfach nur auf was Leckeres vom Flossentier.
In den beiden gemütlichen Gasträumen, die durch eine offene Glastür miteinander verbunden waren, war mächtig was los. Frau Wolters und zwei jüngere Mädels schmissen gutgelaunt den Service und was sie da so an die einzelnen Tische brachten, sah sehr verlockend aus. Mein zentraler Thekenplatz war also keineswegs ein zugiger „Katzentisch“ für misanthropische Alleinverzehrer, sondern eine Beobachtungswarte von Rang, die außerdem das Kommunizieren förderte. Tisch mit bester Aussicht
Ich genoss die interessanten Ein- und Ausblicke auf das gastronomische Geschehen um mich herum. Da waren zum Beispiel die beiden jungen Mädels, die Frau Wolters im Service unterstützten. Sie werkelten mal alleine, mal gemeinsam hinter dem Tresen. Eine von ihnen schien noch nicht so lange im Service zu arbeiten bzw. auszuhelfen. Sie wurde jedoch mit viel Verständnis von Frau Wolters und der anderen, erfahreneren Bedienung eingelernt.
Am Nachbartisch hatte gerade eine Familie den Geburtstag ihrer im Grundschulalter befindlichen Tochter gefeiert. Dies fiel mir allerdings erst auf als sie gegangen waren. Luftschlangen und andere bunte Deko lagen noch als Reste des Festes auf dem Tisch. Wer sich so viel Mühe mit den kleinen Gästen gibt, wird auch die großen nicht enttäuschen. Beruhigende Gedanken, die mir schon vor dem ersten Bissen versicherten, hier goldrichtig zu sein.
Zumal auch das gemütliche Ambiente zum Verweilen einlud. Jede Menge dunkles Holz umgab mich. Die Bistrotische, von in die Decke eingelassenen Spots ins rechte Licht gerückt, waren allesamt mit frischen Schnittblumen ausgestattet. Außer einem antik anmutenden Kerzenständer sowie den üblichen Salz- und Pfeffermühlen, wirkten sie recht puristisch eingedeckt. Ein übergeworfener Tischläufer aus Leinen hellte die hölzerne Tischplatte zusätzlich auf. Alles wirkte sehr sauber und es ließ sich auf den einfachen Holzstühlen mit bequem gepolsterter Unterlage gut aushalten. Der rechte Gastraum
Da saß ich nun inmitten des ehemals als Viehbörse – daher der Name des Lokals – dienenden Anwesens im Ortskern von Wremen und fühlte mich verdammt gut aufgehoben. Ich war zwar alleine bei den Wolters aufgeschlagen – das kennen und können andere GG-Genossen sicher besser als ich –, aber ich fühlte mich keineswegs allein. So oft es eben passte, tauschte ich mich mit der Chefin des Hauses aus, gab Feedback zu den Speisen und versuchte, ihr ein paar Ausgehtipps für die kommenden beiden Abende zu entlocken. Denn zu meinem großen Entsetzen musste ich feststellen, dass die „Börse“ an den beiden Folgetagen geschlossen hatte.
Aus dem kulinarischen Fortsetzungsklassiker „An drei Abenden durch die Karte!“ wurde leider nichts. Also musste es beim Erstversuch klappen. Apropos klappen, die Speisenkarte hielt ich mittlerweile in den Händen und klappte sie bedächtig auf. Die erste Seite erzählte von der 300 Jahre (!) alten Vergangenheit der Gastwirtschaft, die reich an Geschichte und Geschichten zu sein schien. Was hier einem französischen Marodeur Anfang des 19.Jahrhunderts aus reiner Notwehr passiert sein soll, beunruhigte mich nicht im Geringsten, hatte ich doch viel Friedlicheres als dieser im Sinn.
Eine Seite weiter folgte die komplette Aufschlüsselung der Lieferanten. Das Gemüse bezog man teilweise von Hobbygärtnern aus der Umgebung, Frischfisch und Krustentiere ließ man sich von Krabben Böger aus Wremen liefern. Das Fleisch von Wasserbüffel, Rind (Galloway und Schwarzbuntes Niederungsrind) und Färse stammte von Tieren, die auf den Salzwiesen der Region weideten.
Reh, Hase und Wildschwein sagten beim Anblick der hiesigen Jäger ein letztes Mal „Gute Nacht!“. Pilze, Beeren, Bärlauch, Hagebutten und Holunderblüten sammelte man weitgehend selbst. Der Verzicht auf Geschmacksverstärker passte in das von Regionalität und Komplettverwertung geprägte Küchencredo. Das las sich alles sehr vertrauenserweckend und machte mal Appetit.
Dieser wurde durch das Studium der Speisenlektüre noch verstärkt. Mein Hunger war groß. Drei Gänge durften es an diesem Abend schon sein. Die Entscheidung für das dreigängige Fischmenü (34,50 Euro), das aus einer Fischsuppe, auf der Haut gebratenem Wolfsbarschfilet und gratinierten Beeren zum Dessert bestand, fiel mir dementsprechend leicht. Auch Rumpsteak, Filet vom Weiderind und Rehragout in Waldpilzsauce konnten da mein Fischverständnis nicht erschüttern.
Bei den Getränken hielt ich mich an Wasser – kleine Flasche Tönissteiner (0,25l für 2,60 Euro) – und Wein. Erfreulicherweise wurde nahezu jeder Flaschenwein auch offen ausgeschenkt. Auf mein Bedauern, dass ausgerechnet der Sauvignon Blanc „Collage“ vom Weingut Hammel & Cie aus Kirchheim (nördlich von Bad Dürkheim) nicht glasweise zu haben war, reagierte man mit nordischer Nonchalance.
„Gerne machen wir Ihnen eine Flasche für ein Gläschen auf. Um den Rest kümmern wir uns dann morgen an unserem Ruhetag selbst.“ Frau Wolters erfüllte mir umgehend meinen fast schon asketisch anmutenden Weißweinwunsch. Die Chefin wusste halt, wie man Gäste verwöhnt.
Das Viertel Sauvignon Blanc (5,40 Euro) aus der heimischen Pfalz war ein besonders elegantes Tröpfchen, reifte doch der mit schönem Säurespiel und reichlich zartem Schmelz ausgestattete Weiße jeweils zur Hälfte im Holzfass und im Edelstahltank.
Bis zur Fischsuppe vertrieb ich das erste Magenknurren mit zwei vorweg gereichten Brotaufstrichen und einem kleinen Körbchen frischer Backwaren. Besonders das Griebenschmalz wirkte - mit ein wenig Pfeffer und Salz versehen - auf dem fluffigen Baguette wahre Wunder. Aber auch der Kräuterquark konnte was. Griebenschmalz und Kräuterquark zum Auftakt
Ich versuchte mich beim Stullenschmieren in Zurückhaltung zu üben, was jedoch spätestens beim danach servierten Amuse komplett misslang. Das in einer kleinen Terrine versteckte Grünkohlcrèmesüppchen war aber auch derart fein abgeschmeckt, dass die restlichen Brotscheiben für Stippdienste draufgingen. Grünkohlcrèmesüppchen als Amuse
Auf das Süppchen folgte der erste Gang des Menüs, die vor Schuppentiereinlage strotzende Meeresterrine. Ihre klare Brühe duftete mir wie eine würzig-frische Nordseebrise entgegen. In kleine Stücke geschnittene Wolfsbarsch-, Schollen- und Limandesfilets bekamen von ein paar Garnelen und ausgelösten Miesmuscheln Gesellschaft. Die Nordmann-Bouillabaisse
Sellerie, etwas Knoblauch, Zwiebel und Weißwein fungierten zwar dezent im Hintergrund, verliehen jedoch der gut ausbalancierten Bouillabaisse von Nordseefischen eine wunderbar aromatische Note. Mit ein paar Scheiben Knoblauchbaguette – ganz „oldschool“ mit selbstgemachter Knoblauchbutter bestrichen – war das ein Auftakt nach Maß. Oldschool Knobi-Brot
Die Fischsuppe löffelte sich wunderbar leicht aus der weißen Porzellantasse. Auch von der Portion her war sie perfekt bemessen. Sie erwies sich als gelungener Appetizer für die bald folgenden, saftigen Wolfsbarschfilets. Von ihnen lagen bald darauf drei schmalere Exemplare in gebratener Perfektion auf meinem Teller. Alle hatten sie eine herrlich krosse Haut, saftiges weißes und grätenfreies Fleisch sowie eine wohltuende Würze gemein. Nicht nur den Umgang mit Salz schien Küchenchef Björn Wolters zu beherrschen. Die drei Wolfsbarschfilets
Unter dem Bratfischhorizont lauerte ein mit Sahne verfeinertes Gemüse-Ragout, dessen Protagonisten noch reichlich Biss hatten. Es bestand im Wesentlichen aus Zuckerschoten, Lauchringen, Tomatenwürfeln und Erbsen. À part wurde mir noch ein Extraschälchen davon spendiert – getreu dem Motto „In der Börse ist noch kein Pfälzer verhungert!“. Die Gemüse-Beilage
Ebenfalls separat kam die Bandnudelbeilage auf den Tisch. Bandnudeln à part
Von dem behutsam zubereiteten Hauptgang ließ ich nichts, aber auch rein gar nichts zurückgehen. Ganz im Gegenteil, wären fünf Fischfilets auf dem Teller gelegen, hätte ich auch diese geschafft, so köstlich fielen die knusprigen Filetstücke vom Wolfsbarsch aus. Endlich fühlte ich mich so richtig an der Küste angekommen. Nochmal die Filets vom Wolfsbarsch
Nach meinem Hauptgericht trat es dann doch ein: das recht ungebeten daherkommende Sättigungsgefühl. Doch halt – der süße Abschluss stand ja noch bevor! Die überbackenen Beeren, die meine Mutter früher zu besonderen Anlässen mit einer Mascarponecreme, zu Pulver geriebenen Löffelbiskuits und etwas Kirschwasser kredenzte, hatten bei mir schon damals einen gewissen Lieblingsdessertstatus inne.
Hier kamen sie mit einer schaumig-leichten, für meinen Geschmack etwas zu süßen Holunderblüten-Sabayone daher. In dieser tummelten sich jede Menge weiche Biskuitwürfel. Statt der gefrorenen Waldfrüchte von damals, schauten frische Blau- und Himbeeren unter der süffigen Masse hervor. Ein sicheres Indiz, dass man es mit der Regionalität hier auch nicht übertrieb. Zusammen mit der Kugel Vanille-Eis genossen, ergab das einen schönen Kalt-Warm-Kontrast. Die Fruchtsäure der reifen Beeren verlieh der warmen Süßspeise die nötige Frische. Kann denn Schaumcrème Sünde sein? Die gratinierten Beeren
Nach diesem „Beerendienst“, den ich mir selbst erwiesen hatte, erklärte ich meine Nahrungsaufnahme endgültig für beendet. Völlerei gilt ja bekanntlich als die süßeste Todsünde der Welt. Insofern nahm ich mir vor, am nächsten Abend Buße zu tun, was jedoch nur teilweise gelang.
Man empfahl mir die Wremer Fischerstube, ein gutbürgerliches Lokal direkt hinterm Deich und in unmittelbarer Nähe zum kleinen Wremer Fischereihafen. Von Frau Wolters verabschiedete ich mich mit einem herzlichen „Dankeschön!“ und auch ein wenig Wehmut, da ich gerne hier nochmal eingekehrt wäre. Beim nächsten Wremen-Besuch ist die „Börse“ der Wolters Pflicht. Dann natürlich mit meinen beiden Mädels im Schlepptau.
Mit dem Nordseebad Wremen verbindet mich der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau vor rund sieben Jahren. Nach dem Motto „Back to the Roots“ planten wir in bester Erinnerung an diesen hübschen Flecken an der Wurster Nordseeküste unsere erste längere Fahrt mit dem Töchterchen.
Als wir dann endlich bei den Schwiegereltern in Bremen ankamen, wollten wir sie von der „beklemmend“ langen Zeit im Maxi-Cosi erlösen und disponierten kurzerhand um. Die letzte Etappe in Richtung Küste trat ich dann alleine an.... mehr lesen
Gasthaus Wolters - Zur Börse
Gasthaus Wolters - Zur Börse€-€€€Restaurant, Partyservice047051277In der Langen Straße 22, 27639 Wurster Nordseeküste
5.0 stars -
"Wer eine feine Fischküche bei herzlichen Gastgebern sucht, ist hier genau richtig!" marcO74Mit dem Nordseebad Wremen verbindet mich der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau vor rund sieben Jahren. Nach dem Motto „Back to the Roots“ planten wir in bester Erinnerung an diesen hübschen Flecken an der Wurster Nordseeküste unsere erste längere Fahrt mit dem Töchterchen.
Als wir dann endlich bei den Schwiegereltern in Bremen ankamen, wollten wir sie von der „beklemmend“ langen Zeit im Maxi-Cosi erlösen und disponierten kurzerhand um. Die letzte Etappe in Richtung Küste trat ich dann alleine an.
Geschrieben am 19.03.2022 2022-03-19| Aktualisiert am
19.03.2022
Besucht am 17.02.2022Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 177 EUR
Prolog…
Ich kenne die Zeiskamer Mühle schon seit vielen Jahren. Aber nur vom Hörensagen. Das liegt zum einen an ihrer Lage. Das idyllisch gelegene Hotel-Restaurant befindet sich etwas außerhalb des rund 2200 Einwohner zählenden „Zwiebel- und Gemüsedorfs“ Zeiskam, in das es mich nur noch sehr selten verschlägt.
Damals, vor 30 Jahren war das ganz anders. Mit 18 rannte ich öfter in „Zäääskäm“ rum, war zwar kein Sänger in ner Rock’n’Roll-Band, aber meine damalige Freundin kam aus dem Ort. In der „Mühle“ - wie die Einheimischen ihr bestes Haus am Platz gerne nennen -, sind wir dennoch nie eingekehrt. Als Schüler der Mainzer Studienstufe (MSS), der kurz vorm Abitur stand, war mir diese Pfälzer Traditionsadresse schlichtweg zu fein (damals spießig) und auch zu teuer.
Als ich vor ein paar Jahren dann mit dem Rad öfter in der Ecke unterwegs war, führte mich der beliebte „Kraut- und Rüben-Radweg“ mehrfach knapp am schmucken Anwesen der Familie Küspert vorbei. Aber eine Einkehr in Radfahrerklamotten – die Zeiskamer Mühle hatte seit jeher den Ruf eines besseren Lokals – hielt ich für unangemessen.
Ein weiterer Grund, warum ich hier noch nie zuvor aufschlug, lag an den weit auseinandergehenden Meinungen über die dortigen Küchenleistungen. Vertrauliche Pfälzer Gaumenscouts meinten gar, dass das Gebotene in keinem Fall sein Geld wert wäre…
Da den Propheten im eigenen Land noch nie das allerbeste Zeugnis ausgestellt wurde und einer unserer „Food-Fellas“ die „Mühle“ zu seinen gutbürgerlichen Favoriten zählt, ließ ich es an einem Donnerstagabend Mitte Februar in Begleitung zweier Genusskollegen auf einen Selbstversuch ankommen. Ohne das Fazit vorwegzunehmen, möchte ich anmerken, dass es zwar kein billiger Spaß wurde, aber in Sachen hausmannsköstlicher Horizonterweiterung ein durchweg gelungener Abend.
Die Mühlengeschichte(n)…
Die Zeiskamer Mühle ist seit über 100 Jahren im Besitz der Familie Küspert. Bis ins Jahr 1972 fungierte sie als Getreidemühle. Anfang der 70er Jahre wurde eine kleine Einkehrstube installiert, welche die eigentliche gastronomische Geburtsstunde der Zeiskamer Mühle im Jahre 1976 einleitete. 10 Jahre später kam ein kleiner Hotelkomplex mit 17 Zimmern hinzu, der im Jahr 2008 großzügig erweitert wurde. Außerdem entstand ein komplett neuer Restaurantbereich mit neuer Küche und einer holzvertäfelten Wohlfühloase für Genießer, der sogenannten Mühlenstube. Die Mühlen-Historie im Überblick
Maik und Timo, die Söhne der Gründers Ernst Küspert, leiteten zu dieser Zeit bereits gemeinsam die Geschicke der „Mühle“. Timo Küspert hatte in der Küche das Sagen, während sich sein Bruder Maik in erster Linie für den Hotelbetrieb verantwortlich zeichnete. Doch leider verhinderten innerfamiliäre Differenzen den gemeinsamen Weg. 2020 verließ Timo Küspert schließlich die Zeiskamer Mühle. Seitdem heißt der Küchenchef Jens Rasp, der die bewährten Hausrezepte in Ehren hält und zusammen mit seinem Team eine bodenständige Frischeküche mit modernen Einflüssen auftischt.
Die Ankunft
Pünktlich um 19 Uhr trafen wir am Parkplatz auf den dritten Gaumenhelden im Bunde, den hier regelmäßig ein- und ausgehenden „Futtersucher“ aus Böbingen. Der unser Schlemmerquartett komplettierende „Vierte Mann“, den sie nicht nur in Wörth den „Präsidenten“ nennen, fehlte leider aus familiären Gründen an diesem Abend. Auf zur Mühle!
Ich näherte mich ehrfurchtsvoll dem stimmungsvoll beleuchteten, sehr gepflegt erscheinenden Anwesen, durchschritt zusammen mit meinen beiden kulinarischen Komplizen den geschichtsträchtigen Torbogen und warf einen kurzen Blick auf den Schaukasten mit der zweiseitigen Speisenkarte, deren reduziertes Angebot ich ja bereits online studiert hatte. Die zwei museumsreifen Traktoren, die u.a. den Innenhof schmückten, sorgten für Aufsehen. Traktoren-Museum im Innenhof
Sie standen im krassen Gegensatz zum sehr modern wirkenden, komplett verglasten Empfangs- bzw. Eingangsbereich des Hotel-Restaurants. Da geht's rein... Verglaster Empfangs- und Eingangsbereich Das Drumherum
Bereits die Hotellobby vereinte Tradition und Moderne. Viel helles, wertiges Holz wechselte sich mit klaren Formen ab. Für Ruhesuchende standen bequeme Fauteuils bereit. Im Foyer
Kinder hätten bei der liebevoll gestalteten Spielecke große Augen gemacht. An der Rezeption wurden wir freundlich in Empfang genommen. Gemäß den geltenden „Impfstatuten“ wurden unsere Nachweise kontrolliert. Danach führte man uns an der holzvertäfelten, außerordentlich geschmackvoll eingerichteten Weinstube vorbei Blick von der Weinstube in Richtung Foyer
und bat uns links in die rustikale Mühlenstube abzubiegen, wo ein in weißes Leinen gehüllter Tisch auf uns wartete. Impression aus der Mühlenstube
Neben der Mühlen- und der Weinstube existiert noch ein wesentlich eleganter eingerichteter Gastraum, der bis zu 80 weiteren Personen Platz bietet und häufig zu feierlichen Anlässen genutzt wird. Von hier aus blickt man auf die vorgelagerte, überdachte Sommerterrasse, auf der es sich während der Freiluftsaison sicherlich ganz idyllisch tafeln lässt. Die grünen Queichtalwiesen befinden sich schließlich nur einen Steinwurf entfernt.
Die komplett von hellem Holz eingerahmte Mühlenstube versprühte fast schon alpenländisches Flair. Pfälzer Landgasthausidylle pur
Mit ihren gemütlichen Ecken und kleinen Nischen präsentierte sich der verwinkelt wirkende Gastraum als atmosphärisches Sinnbild rustikaler Gemütlichkeit. Die Mühlenstube besteht aus vielen gemütlichen Ecken
Wer hier nicht sofort entschleunigt, ist selber schuld oder mag generell keine hölzernen Wohlfühlstuben, die Wohnzimmerstimmung verbreiten. Entspannte Atmosphäre
Die Stoffservietten waren zu Bischofsmützen gefaltet, das Einfachbesteck und die Wassergläser auf Hochglanz poliert. Allein optisch machte unser zusätzlich von kleinen Brottellern, Pfeffer- und Salzstreuern sowie überschaubarer Deko bevölkerte Tisch einen äußerst adretten Eindruck. Hinsetzen - wohlfühlen!
Von der kultivierten Umgebung auf angenehmste Art und Weise beeindruckt, widmeten wir uns den gereichten Speisen- und Getränkekarten.
„…was wollen wir trinken…?“
Die wohlsortierte Aperitif-Auswahl ließ uns gleich beherzt zugreifen. Ich gönnte mir den „Mühlentraum“ (8,50 Euro), einen mit Holunderblütensirup und Waldfrüchten versetzten Riesling-Sekt (vom Weingut Karl Pfaffmann), der als Edel-Hugo nicht gerade schüchtern bepreist war. Der Mühlentraum-Aperitif
Mein Kollege wollte es dagegen etwas mondäner angehen lassen und entschied sich für den „falschen“ Kir Royal (7,50 Euro) einen mit Riesling-Sekt aufgegossenen Johannisbeerlikör. Tischgenosse Nr. 3 begnügte sich hingegen mit einem alkoholfreien Gesöff (6,50 Euro), bei dem der Farbe nach Orangensaft die Hauptrolle spielte.
Für die Flasche Bellaris Classic wurden urbane 7,50 Euro abgerufen, der halbe Liter Lord-Pils von der nahegelegenen Bellheimer Brauerei schlug mit satten 5 Euro zu Buche. Ein Euro pro Deziliter Bier ist in der Pfalz schon eine Ansage. Die stramme Getränkekalkulation setzte sich auch bei der gut bestückten Weinkarte fort. Der offen ausgeschenkte QbA-Riesling vom VDP-Neuwinzer Johannes Jülg aus Schweigen belief sich auf hochfaktorisierte 8,50 Euro pro Viertel.
Mein Tischnachbar minderte seinen Preis auf 4,30 Euro, da er sich mit einem Achtel dieses eleganten Pfälzer „Säuretiers“ zufriedengab. Meinen Hauptgang begleitete später ein Achtel von der Incognito-Cuvée des Ausnahmewinzers Philipp Kuhn aus Laumersheim, für die ich die 4,50 Euro gerne investierte. Sie waren sehr gut angelegt, erfüllte doch der mit weicher Tanninstruktur ausgestattete 14-Prozenter alle Ansprüche eines kraftvollen (Ge-)Samtpakets ohne die roten Beerenfrüchte zu vernachlässigen.
Noch ein paar Anmerkungen zur Weinkarte. Die begeistert mit ihren acht glasweise ausgeschenkten Rotweinen, den beiden Rosés und den zwölf offenen Weißen auch das flaschenscheue „Gesindel“. Für Bouteillen-Buddies der 0,75l-Klasse gibt es aber auch genügend guten „Stoff“, um die vergorenen Früchte der Haardt und der Südpfalz zu „ersüffeln“. Viele Winzer von Rang und Namen sind vertreten und erfreulicherweise hat man auch ein paar große Lagen (Forster Ungeheuer, Kirschgarten oder Kastanienbusch) am Start. Außerdem fährt man mit dem Syrah und der Cuvée X bzw. XR vom Weingut Knipser aus Laumersheim auch hochtourig im „roten Bereich“.
Die kulinarischen Vorhüte…
Von der übersichtlichen Auswahl an Vorspeisen sprachen mich die Bio-Seawater-Riesengarnelen mit Garnelenchips, hausgemachter Cocktailsauce und Blattsalat (17,50 Euro) am meisten an. An der anderen Tischseite hatte man sich hingegen für das Vitello tonnato (14,50 Euro) entschieden. Die Vorspeisen folgten zeitnah auf eine schmackige Paprikacrème, die man uns zusammen mit einem Brotkörbchen zum Amuse reichte. Paprikacrème für den ersten Hunger
Die drei perfekt gebratenen, sehr saftigen Garnelenschwänze lagen angenehm gewürzt, komplett entdarmt und ohne Schale auf dem Teller. Als Kontrast zum weichen Fleisch der Meeresbewohner fungierten die Krabbenchips. Die Riesengarnelen im Detail
Sie lieferten ausreichend Knusper, während die fein abgeschmeckte Cocktailsauce mit wahrnehmbarer Fruchtessignote punktete und der subtilen Süße der Krustentiere mit genügend Säure und Würze begegnete. Für vegetabile Erfrischung sorgte ein behutsam angemachter Blattsalathügel, dessen wohlschmeckendes Essig-Öl-Dressing dem Teller zusätzlichen Schwung verlieh. In der Summe ergab das eine abwechslungsreiche Vorspeise, die vollends überzeugte und nicht zu arg sättigte. Riesengarnelen als Vorspeise
Das Vitello tonnato, das sich der Herr neben mir gönnte, machte aber auch keinen schlechten Eindruck. Herrlich mürbes, dünn aufgeschnittenes Kalbfleisch lauerte unter einer sämigen Thunfischsauce. Anscheinend hatte man das von der Kalbsschulter oder Kalbskeule verwendete Fleisch schonend in Wein und Brühe gegart, was seine saftige Textur erklärt hätte. Vitello tonnato
Der rosafarbene Kalbfleischteppich wurde von ein paar Kapern und Cocktailtomaten flankiert. Rein optisch stach hingegen das saftige Grün seiner Rucola-Frisur hervor. Mein Kollege bezeichnete diesen italienischen Antipasti-Klassiker als gelungenen Gaumenausflug ins ferne Piemont. Mehr Lob geht eigentlich kaum.
Da unsere Hauptgänge zusätzlich mit einem kleinen Beilagensalat gesegnet waren, folgte dieser in dreifacher Ausführung auf die Vorspeisen. Der Beilagensalat
Der mit delikatem „Mühlendressing“ angemachte, grüne Zwischengang präsentierte sich knackig frisch. Er war mit ein paar gerösteten Kürbis- und Sonnenblumenkernen, rohen Paprikastücken, der obligatorischen Tomaten- und Gurkendreingabe sowie etwas Kresse garniert. Noch ein Beilagensalat
Dies ergab ein stimmig arrangiertes „Blattwerk“, dessen fachmännisch angerührte Salatsauce auf Essig-Öl-Basis mit etwas Sauerrahm verfeinert wurde. In Brotes Namen wurde auch der letzte Tropfen dieser Leckertunke aufgesaugt.
Hausmannskur mit kleinen Schatten…
Bei den Hauptgerichten setzten wir auf gutbürgerliche Redundanz. Meine beiden Kollegen hatten das Cordon Bleu und das Wiener Schnitzel (beide jeweils 26,50 Euro) von der schwäbisch-hällischen Bio-Kalbshüfte zu ihren Panadedisziplinen erklärt. Meine beiden stattlichen Filetstücke vom Pfälzer Landschwein (auch 26,50 Euro) badeten dagegen in feiner Rahmsauce und waren mit sautierten Kräutersaitlingen geschmückt. In der Pfanne geschwenkte Butterbrösel zierten die separat dazu gereichten, hausgemachten Spätzle frisch aus der Presse, Spätzle (self-pressed)
während sich der Rest der Truppe an knusprigen Pommes frites labte.
Zart – zärter – Hüfte vom Biokalb! Sowohl der Schnitzelschwelger als auch sein Cordon-Bleu-Komplize gegenüber lobten die butterzarte Textur ihrer panierten Hausmannsklassiker. Gut, für 26,50 Euro hätte man beide Teller vielleicht etwas liebevoller anrichten können, denn die gelieferten Hauptspeisen kamen optisch doch recht hausbacken - hauspaniert trifft es noch eher - rüber. The Wiener!
Doch bei der Qualität der verwendeten Zutaten und deren handwerklich einwandfreier Zubereitung gab es nichts auszusetzen.
Das Wiener steckte in leicht soufflierter Panade und glänzte wie frisch durch die Pfanne gewandert. Fluffig-lockeres Panierstück
Beim Anblick des Cordon Bleus wurde ich zunächst etwas melancholisch, hinterließ doch die einsame, darunter begrabene Karotte einen ziemlich freudlosen Eindruck. Cordon "Tristesse"
Das zusammengerollte Käse-Schinken-Kalbsstück geriet dann allerdings saftig bis zum geht nicht mehr. Die à part im Schälchen dazu gereichten Pommes frites bedeuteten reinste Knusperfreude in Stäbchenform. Gute Convenience schmeckt ja manchmal besser als hausgemachte Durchschnittsware.
Bei meinen vor Schweinesaft strotzenden Filetstücken hatte die mit etwas Cognac verfeinerte Rahmsauce bereits beim Servieren eine leichte Haut gebildet. Filet vom Pfälzer Landschwein
Da hätte die Wartezeit unterm Salamander ruhig etwas kürzer ausfallen dürfen. Geschmacklich war die sämige, mit knackigen Karotten und kurz angebratenen Kräutersaitlingen bestückte Tunke gänzlich ohne Fehl und Tadel. Da bewies die Küche ihr Händchen fürs Abschmecken. Vielleicht wäre sie mir ein wenig dünnflüssiger lieber gewesen. Das ist sicherlich High-End-Gejammere, aber bei dem abgerufenen Preis darf ein solches auch erlaubt sein. Trotzdem mundete mir der von erdiger Sämigkeit kündende Teller vom mürben Feinschwein und hatte ein weit vorangeschrittenes Gefühl der Sättigung zur Folge.
Dieses ignorierend, ließ ich mich doch tatsächlich noch zu einem süßen Abschluss hinreißen. Die Überredungskünste des „Mühlenmäzens“ neben mir verleiteten mich schließlich zur Völlerei. Der hier zum Inventar zählende Kollege hatte nämlich schon vor dem ersten Bissen des Abends die Schoko-Mousse-Variation (12,50 Euro) als Pflichtnachtisch für sich proklamiert und hätte sie mir nur zu gerne gegönnt. Ich beschied mich hingegen mit dem „kleinen Mühlendessert“, einer süßen Überraschung von Patissier Stephan, die original mit einem Espresso geliefert werden sollte. Auf Letzteren verzichtete ich dankend und war gespannt, was man mir an seiner statt aufs Porzellan legen würde.
Gelungener Abschluss in Süß
Mit einem frischen Früchtemix (Mango, Kiwi, Erd-, Him- und Heidelbeeren), der die kalte Jahreszeit kurz vergessen machte, wurde die mit etwas Schokocrumble aufgeknusperte Mousse-Trilogie an meinen Tischnachbarn geliefert. Die Schoko-Mousse-Trilogie
In den drei stattlichen Nocken wurde dunkle, weiße und Vollmilch-Schokolade der Marke „Original Beans“ (beste Schweizer Ursprungsware) verarbeitet. Ein durchweg fluffig-cremiges Unterfangen, das aus dem gestandenen Pädagogen - in puncto Nachtischbewältigung - einen regelrechten Mousse-ter-Schüler machte. Schoko-Mousse von vorn
Wie freundlich von der Küche, dass man den vorgesehenen Espresso durch eine etwas kleinere Nocke vom dunklen Schokomousse ersetzt hatte. Da sagte ich nicht nein. Genauso begeistert war ich von dem mit formidablen Rotweinsorbet gefüllten Mini-Cornet. Davon hätte ich eine ganze Spritztüte voll verputzen können (wenn auch vielleicht nicht mehr am selbigen Abend…). Das Mühlendessert
Bei der im Glas servierten Panna Cotta hatte sich der Vanille-Grieß am Boden abgesetzt. Dem feinen Aroma schadete dies nicht. Marinierte Ananasjulienne brachte zusätzlich ein wenig Frische und Säure ins Spiel. In Anbetracht der hier vorherrschenden, gehobenen Preispolitik waren die hierfür investierten 5 Euro ein regelrechtes Schnäppchen.
Anspruch und Wirklichkeit…ein Fazit
Ja, es war ein richtig schöner Abend in der urgemütlichen Mühlenstube. Wir fühlten uns dort sehr gut aufgehoben, auch wenn die uns bedienende Servicedame in etwas freudloser Pflichterfüllung ihren Job verrichtete. So richtig warm wurden wir nicht mit ihr. Da fehlte der überspringende Funke, der einen ordentlichen von einem herzlich-zugewandten Dienst am Gast unterscheidet.
Ein weiterer kleiner Schwachpunkt stellte die Anrichtung unserer Teller dar. Wenn ich bedenke, was jeder von uns an diesem Abend an Geld auf den Tisch legte, hätte ich mir an dieser Stelle etwas mehr Kreativität gewünscht. Dass man gutbürgerliche Hausmannskost deutlich einfallsreicher aufs Porzellan bringen kann, wissen ja nicht nur die Gäste des Neupotzer Restaurants Hardtwald zu schätzen.
Und noch was zu den Preisen. Ja, die waren und sind in der Zeiskamer Mühle schon immer etwas höher als in vergleichbaren Lokalitäten mit ähnlicher Küche. Dennoch sollte man trotz aller Ambition den Standort in der Südpfälzer Kraut- und Rübenprovinz nicht vergessen. Klar, füllt sich der Laden, allein wegen dem guten Beherbergungsangebot vor Ort, fast wie von selbst. Hotel-Restaurants haben da ja einen gewissen Vorteil.
Aber ob man wirklich 7,50 Euro für eine Flasche Wasser und 9 Euro für ein Viertel Pfalzwein als Deckungsbeiträge abrufen muss, stelle ich in Kenntnis preisgünstiger regionaler Alternativen in Frage. Vielleicht bin ich da aber auch zu sehr vom dörflich geprägten Preisgefüge gastronomisch sozialisiert worden.
Die Qualität der Zutaten und das herrliche Ambiente können die etwas höher kalkulierten Speisen sicher rechtfertigen. Aber ich kenne diverse Landrestaurants in der Umgebung, die bekommen das preisgünstiger und auch kreativer hin. Deshalb zählt die Zeiskamer Mühle auch nicht zu meinen favorisierten Einkehradressen. Aber für einen gemütlichen Abend mit kulinarisch Gleichgesinnten und gutem Wein kann man dort schon mal aufschlagen.
Prolog…
Ich kenne die Zeiskamer Mühle schon seit vielen Jahren. Aber nur vom Hörensagen. Das liegt zum einen an ihrer Lage. Das idyllisch gelegene Hotel-Restaurant befindet sich etwas außerhalb des rund 2200 Einwohner zählenden „Zwiebel- und Gemüsedorfs“ Zeiskam, in das es mich nur noch sehr selten verschlägt.
Damals, vor 30 Jahren war das ganz anders. Mit 18 rannte ich öfter in „Zäääskäm“ rum, war zwar kein Sänger in ner Rock’n’Roll-Band, aber meine damalige Freundin kam aus dem Ort. In der „Mühle“... mehr lesen
4.0 stars -
"Familiär geführtes Pfälzer Traditionshaus, das sich seine auf hoher Produktqualität basierende Gutbürgerlichkeit auch fürstlich entlohnen lässt" marcO74Prolog…
Ich kenne die Zeiskamer Mühle schon seit vielen Jahren. Aber nur vom Hörensagen. Das liegt zum einen an ihrer Lage. Das idyllisch gelegene Hotel-Restaurant befindet sich etwas außerhalb des rund 2200 Einwohner zählenden „Zwiebel- und Gemüsedorfs“ Zeiskam, in das es mich nur noch sehr selten verschlägt.
Damals, vor 30 Jahren war das ganz anders. Mit 18 rannte ich öfter in „Zäääskäm“ rum, war zwar kein Sänger in ner Rock’n’Roll-Band, aber meine damalige Freundin kam aus dem Ort. In der „Mühle“
Besucht am 15.02.2022Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 18 EUR
Mitte Februar verschlug es mich zur Mittagszeit mal wieder ins schmucke Städtchen an der Queich. Warum nicht mal den wohlverdienten pädagogischen Mittagsschlaf gegen ein paar Sushi-Happen eintauschen? So die kulinarische Frage, die ich mir beim Ansteuern des Koza - der „Mutter“ aller Pfälzer Panasiaten – stellte. Mittlerweile haben sich die in Speyer und Landau hinzugekommenen Ableger des Asialadens gut etabliert – ein weiterer soll in Heidelberg in Planung sein. Die von Haßloch ausgehende Erfolgsstory ist beeindruckend und hier auf GG detailliert nachzulesen.
Wo früher zu seligen „Al-Parco-Zeiten“ runde Teigfladen an Sparfüchse gegen ein Entgelt (oder Endgeld?) von lediglich 5 DM ausgegeben wurden, wird seit April 2018 roher Fisch in allen erdenklichen Variationen kredenzt. Daneben setzt man auf thailändische Curries, vietnamesische Pho und „bun“te Reisnudel-Klassiker aus der Schüssel. Blick in Richtung Theke, rechts gehts in die Küche rein
Im Inneren des wertig eingerichteten Gastraums war nicht mehr viel los. Graue Wände - wertige Einrichtung
Das Mittagsgeschäft schien bereits vollzogen. Vier Studentinnen tauschten sich über Sinn und Unsinn ihrer jeweiligen Studieninhalte am Nachbartisch aus. Ein weiterer Alleinesser beäugte mich „borgsam“. Urbanes Ambiente
Eine männliche Bedienung reichte mir nach der Prüfung meines erforderlichen Impfgrades die reichhaltige Speisefibel. Zum Standardprogramm, das man auf der übersichtlich gestalteten Koza-Homepage nachlesen kann, wurden drei Lunchpakete zur Mittagszeit geschnürt. Als Späteinkehrer freute ich mich übrigens über die großzügige Öffnungsbereitschaft, die hier erst um 15 Uhr endet.
Auf der ersten Seite wartete gleich das erwähnte Angebot zum Mittagstisch. Ich hatte die Wahl zwischen dem „Herrn der Rinder“, „Game of Sushi“ und „Harry Potter und dem Veganer von Askaban“. Keine Ahnung, welche „Chineasten“ hier für die semi-kreativen Namensergüsse beim Benennen der Mittagsgerichte zuständig waren, aber Namen sind ja bekanntlich nicht nur in der Gastronomie Schall und Rauch.
Hinter dem Rinderherren verbarg sich das einzige warme Hauptgericht auf der Lunchkarte. Mariniertes Roastbeef mit Reis, Soja-Schalotten-Sauce und Wildkräutersalat (11,20 Euro) klang ja schon mal recht ordentlich. Für Sushi-Spieler warteten eine in 8 Scheiben zerteilte Inside-Out-Rolle, die vorher mit Tempura-Garnele, Gurke und Frischkäse gefüllt wurde sowie die gleiche Anzahl an Lachs-Makis für faire 12 Euro.
Wen es lieber ins vegane Hogwarts verschlug, konnte sich auf Mango, Gurke und Avocado Makis in jeweils 8facher Ausfertigung freuen. Für 8,80 Euro ein gänzlich fischloses Sushi-Erlebnis für Flossenverweigerer.
Ich war hin und hergerissen. Einerseits hatte ich schon längere Zeit kein Sushi mehr genossen. Andererseits hatte ich Lust auf etwas Warmes im Bauch. Kalter Fisch hat bei mir Mitte Februar nicht unbedingt Hochkonjunktur. Ich blätterte durch die Standardkarte und mir gefiel so langsam der Gedanke, mich an diesem Mittag zweigängig zu sättigen.
Unter dem verdauungsanregenden Begriff „Digestion Thai“ versteckte sich eine Thai-Nudelsuppe auf Kokosmilchbasis. Digestion Thai
Zusätzlich zur Gemüseeinlage konnte man zwischen Hähnchen, Garnelen, Lachs und Tofu wählen, um die mit Koriander und Frühlingszwiebeln aufgefrischte Aromenterrine kulinarisch zu erweitern.
Ich wählte die Hühner-Variante für 6,50 Euro bevor ich zum „Game of Sushi“ mit den Chopsticks klappern (gehört ja bekanntlich zum Handwerk…) durfte. Die Thai-Curry-Suppe mit Huhn diente mir dabei als Vorspeise, während die Sushi-Häppchen den später servierten Hauptgang darstellten.
Die Getränkefrage beantwortete sich fast wie von selbst. Im Rahmen des Mittagsangebots war das kleine Fläschchen Mineralwasser der Marke Aqua Morelli nämlich im „Lunch-Paket“ enthalten.
Die mit genau der richtigen Dosis roter Curry-Paste veredelte Kokos-Gemüse-Suppe mit Hähnchenfetzen und Reisnudeln im Tagliatelle-Stil überraschte auf sehr angenehme Weise. Thai-Nudelsuppe auf Kokosbasis
Zunächst fiel die Terrine nicht allzu sämig aus. Ich persönlich mag sie nämlich etwas dünnflüssiger lieber. Und dann war da dieser betörende Duft nach Kreuzkümmel, Koriander und Zitronengras. Allein dafür hatte sich die Fahrt nach Landau bereits gelohnt.
Auch die durchaus präsente Schärfe meiner Thai-Suppe überzeugte auf ganzer Linie. Keine Frage, der Inhalt dieser Schüssel heizte zweifellos ein, hinterließ aber kein schmerzendes Gaumenfeuer, das die darin schwimmenden Protagonisten geschmacklich neutralisierte. Das wäre auch gar nicht angebracht gewesen, denn Brokkoli und Möhre wurden in leicht bissfester Konsistenz wahrgenommen, während Kartoffeln und Reisnudeln dem ersten Hunger Paroli boten.
Mit dem frischen Koriander – ich liebe ihn! –, der knackigen Frühlingszwiebel on Top sowie dem saftigen Hühnerklein hatte die Löffelspeise auch texturell einiges zu bieten. So gesehen eine durchweg stimmige Angelegenheit – und zwar bis ins kleinste „Dethail“.
Zeitnah folgten die auf einem länglichen Oval angerichteten Sushi-Happen. Über die mit viel Salatgurke – nicht gerade mein Lieblingsgemüse – aufgefrischten Inside-Outs hatte man reichlich Saucenkleckse gequetscht. A Mittagslunch called "Game of Sushi"
Chili-Mayonnaise, Unagi- und Mango-Curry-Dip machten aus meiner mit frittierter Garnele gefüllten Reisrolle ein ziemlich „übersoßtes“ Unterfangen. Inside-Out mit Tempuragarnele, Gurke und Frischkäse...und gaaanz viel Sauce!
Schade, denn damit raubte man sowohl dem gesäuerten Reis als auch seinem Innenleben jegliche Chance auf geschmackliche Entfaltung. Übersoßtes Rollenverständnis
Die mit Lachs gefüllten Maki blieben glücklicherweise vom Saucen-Overkill à la Koza verschont. Die Lachsmakis
Zusammen mit etwas in Sojasauce aufgelöstem Wasabi und ein wenig eingelegtem Ingwer genossen, war das zwar kein Kreativsushi von der stets lächelnden Verblüffungstheke, jedoch lag den saftigen Nori-Lachs-Bissen zumindest ein solides „Rollenverständnis“ zugrunde.
Auf meine zaghaft vorgetragene Anregung, zukünftig vielleicht etwas sparsamer mit dem Spritzbeutel umzugehen, reagierte die Bedienung leicht irritiert. Ich hätte es ja im Voraus sagen können, dass ich keine Saucen zum Sushi mag. Nun gut, der Grundsatz „Weniger ist mehr!“ war im Koza noch nie das oberste Küchen-Credo. Und ein opulentes Dip-Saucen-Graffiti gehört ja mittlerweile bei nahezu allen Panasiaten zum bunten Ton. Vielleicht könnte man aber den Einsatz der schweren Pfützen wenigstens in der Beschreibung der Gerichte in der Speisenkarte vermerken. Oder man lässt sie gleich ganz weg.
Apropos weg. Als letzter Mittagsgast wünschte ich der hungrigen Service-Mannschaft noch einen guten Appetit, denn diese ließen sich gerade das Personalessen schmecken. Dann tauschte ich das urban-schicke Grau der Koza-Wände gegen den bewölkten Februar-Himmel vor der Tür. Die formidable Thai-Suppe hatte mir den Tag gerettet. Das Sushi-Erlebnis fiel dagegen etwas ab. Dennoch keine unerfreuliche Einkehr, wie mir mein gutes Bauchgefühl bestätigte. Gerne wieder, aber dann mit weniger „Dipness“ bitte...
Mitte Februar verschlug es mich zur Mittagszeit mal wieder ins schmucke Städtchen an der Queich. Warum nicht mal den wohlverdienten pädagogischen Mittagsschlaf gegen ein paar Sushi-Happen eintauschen? So die kulinarische Frage, die ich mir beim Ansteuern des Koza - der „Mutter“ aller Pfälzer Panasiaten – stellte. Mittlerweile haben sich die in Speyer und Landau hinzugekommenen Ableger des Asialadens gut etabliert – ein weiterer soll in Heidelberg in Planung sein. Die von Haßloch ausgehende Erfolgsstory ist beeindruckend und hier auf GG... mehr lesen
Restaurant Koza
Restaurant Koza€-€€€Restaurant06341266739Ostbahnstraße 27, 76829 Landau in der Pfalz
4.0 stars -
"Panasiatische Snacks ohne Reue, aber mit etwas zu viel „Dipness“ serviert..." marcO74Mitte Februar verschlug es mich zur Mittagszeit mal wieder ins schmucke Städtchen an der Queich. Warum nicht mal den wohlverdienten pädagogischen Mittagsschlaf gegen ein paar Sushi-Happen eintauschen? So die kulinarische Frage, die ich mir beim Ansteuern des Koza - der „Mutter“ aller Pfälzer Panasiaten – stellte. Mittlerweile haben sich die in Speyer und Landau hinzugekommenen Ableger des Asialadens gut etabliert – ein weiterer soll in Heidelberg in Planung sein. Die von Haßloch ausgehende Erfolgsstory ist beeindruckend und hier auf GG
Geschrieben am 12.02.2022 2022-02-12| Aktualisiert am
12.02.2022
Besucht am 19.01.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 51 EUR
Wörth und so…
Ein knappes halbes Jahr wohnen wir mittlerweile in Wörth am Rhein. Das ehemals kleine Fischerdörfchen aus der Zeit vor Johann Gottfried Tulla wurde in den 60er Jahren mächtig auf- und umge“daimlert“. Mit seinen etwas mehr als 18500 Einwohnern (die drei „ausgelagerten“ Ortsbezirke Maximiliansau, Büchelberg und Schaidt mitgerechnet) steht es heute in mehrfacher Hinsicht gut da.
Die Anbindung zum badischen „Klassenfeind“ könnte dank S-Bahn und sanierter Rheinbrücke gar nicht besser sein. Und auch der nach dem Konzept von Albert Speer jr. errichtete Ortsteil „Dorschberg“, der sich auf ehemaligem Bienwald-Gelände befindet, löst alle Versprechungen zentral-funktionaler Nahversorgung fußläufig ein. Kindergärten, Schulen, Arztpraxen und Frisöre können hier locker per pedes erreicht werden. Auch kulturell geht hier „ä bissel was“, wenn nicht gerade eine Pandemie sämtliche Veranstaltungen zu Nichte macht.
Unser gastronomisches Angebot vor Ort.
In gastronomischer Hinsicht gestaltet sich das Angebot - trotz ein paar neu hinzugekommener Pizza- und Pastaoptionen - recht übersichtlich. Da freut es einen schon, dass die Ende November 2021 geschlossene Turnerstube (im Ortsteil Maximiliansau) – ich berichtete hier auf GG – Anfang Februar mit neuem Pächter an den Start gegangen ist.
Neben einigen Bastionen gutbürgerlicher „Haureinschaufelei“ (Kaminstubb, Bajazzo), diversen asiatischen Wokgefährten und dem ein oder anderen freundlichen Italiener um die Ecke (Osteria Romano, Oro di Barone), sind es vor allem die Grillstätten des griechischen Fleischfressertums, die sich nach wie vor einer gewissen Beliebtheit erfreuen.
Das El Greco in Max‘au habe ich zur Mittagszeit zweimal besucht. Das war ganz ordentlich, aber irgendwie auch nichts Besonderes, weshalb ich keinen Bericht darüber verfasste. Vom Kalimera bei der Bienwaldhalle wurde mir abgeraten. Laut meinem Informanten soll das Lokal gegenüber seinem Vorgänger (Amadeus hieß das Lokal damals, Anm.) merklich nachgelassen haben.
Das Restaurant Neo in der Max’auer Kirchgasse wäre mit seinem grundsoliden Pasta-, Fisch-, und Fleischangebot sicher eine verlässliche Anlaufstelle für Freunde mediterraner Tellergerichte. Ein Lunch vor ein paar Jahren bestätigte dies. Aber da läuft man vom Dorschberg nicht eben mal grad so hin.
Wörths erstes Haus am Platz: ein Deutsch-Grieche im Bayerischen Hof.
Wesentlich näher gelegen und für uns deutlich leichter erreichbar ist der Bayerische Hof in der Ottstraße. Dank der aufwendigen Renovierung vor wenigen Jahren präsentiert sich das Traditionsgasthaus heute als die Wörther Vorzeigeadresse schlechthin. Sie wird seit einiger Zeit von der Familie Jäger geführt. Inhaber Andreas Jäger schob bereits Küchendienst bei besagtem Amadeus an der Bienwaldhalle und hat die dort erworbene Grillkompetenz auf seine neue Wirkungsstätte übertragen. So erklärt sich die deutsch-griechische Ausrichtung des Bayerischen Hofs.
Epikur, quasi der Laotse Griechenlands, war es, der um die 300 vor Christus den ein oder anderen Sinnspruch von sich gab. Unter anderem behauptete er steif und fest (wahrscheinlich nach dem Verzehr einer sättigen Mahlzeit…), dass die Wurzel aller Vergnügen ein zufriedener Magen sei. Nun, da wollte auch der Wörther Kollege unseres Schlemmerclubs nicht widersprechen und machte einen Tisch bei Familie Jäger an einem kalten Mittwochabend Mitte Januar klar.
Auch wenn bei mir das Verlangen nach gebrutzelten Fleischhügeln in den letzten Jahren tendenziell eher abgenommen hat, so gelüstet es mich doch ab und an nach dem griechischen Karnivoren-Katechismus, der wohl in 90% der in Deutschland operierenden Hellashütten seine Anwendung findet. Besonders in den Wintermonaten, wenn der heimische Balkongrill ein traurig-erkaltetes Schattendasein fristet, darf es auswärts auch mal wieder etwas fleischiger zugehen.
Das gemütlich eingerichtete Innere.
Nach freundlich-jovialer Begrüßung durch den Sohn des Hauses, der sich für den Service verantwortlich zeigte, hielten wir auch bald die mit den üblichen Verdächtigen gefüllte Futterfibel in unseren Händen. Noch vor deren Lektüre fiel mir das hübsch gestaltete Interieur des Gastraumes ins Auge.
Wir saßen recht kommod im vorderen Abteil des Lokals, das an jenem Abend spärlich gefüllt war. Weiter hinten tafelte eine größere Gesellschaft in einem zweiten Gastraum, der etwas kleiner war und wie eine Art Separée für Feierlichkeiten wirkte. Dementsprechend lebhaft ging es dort zu.
Bei uns herrschte hingegen eine fast schon tiefenentspannte Atmosphäre, die herrlich entschleunigend wirkte. Beim genaueren Betrachten der Räumlichkeit fiel mir die wertige Einrichtung des Etablissements sehr positiv auf. In ganz Wörth gibt es wahrscheinlich keinen exquisiteren „place-to-dine“, so mein erster Gedanke. Der Raum atmete die gediegene Rustikalität eines schmucken Landgasthofes. Gemütliches Ambiente
Grundsolides, adrettes Bistromobiliar der bequemeren Sorte bevölkerte unseren Ort der Einkehr. Die aus hellem Holz geschnitzten Tischplatten schauten keck unter ihrem weißen Leinenüberzug hervor. Dunkles Holzlaminat am Boden kontrastierte mit den hellen Holzverkleidungen der Wände. Wo das helle Holz fehlte, wurden diese von großformatigen Schwarz-Weiß-Fotographien mit historischen Bildern der Karlsruher Hoepfner-Brauerei dekoriert. Da wusste man gleich, woher die Jägers ihren Gerstensaft bezogen. Aber Hoepfner gehört ja schließlich nicht zum Schlechtesten, was Baden so zu bieten hat. Der hübsch renovierte Gastraum
Eine nachträglich eingebaute Schallschutzdecke – mein Gegenüber wusste über sämtliche Umbaumaßnahmen bestens Bescheid – sorgte für eine wohltuende Akustik. „Leuchtarmige Banditen“ spendeten als Wandleuchten im Schreibtischlampen-Look angenehmes Licht von oben. Ergänzt von ein paar Hängeleuchten im Vintage-Design.
Ein paar Kunstblümchen steuerten dezidierte Farbakzente bei. Papierservietten, Einfachbesteck, Kerzenglas und der mittlerweile häufig anzutreffende Plastikaufsteller für die Luca-App seien an dieser Stelle als die restlichen Elemente der Tischlandschaft erwähnt. Alles gepflegt und sauber. Und vor allem: kein Schnörkel zu viel.
Das Hellas-Handout für Eingefleischte.
Wesentlich üppiger präsentierte sich hingegen das Speisenangebot. Tzatziki, Taramas und Chtipiti fehlen wohl in keinem griechischen Antipasti-Portfolio. Dass sich dort neben Bauern-, Gyros- und Calamaris-Salat auch ein waschechter Straßburger Wurstsalat tummelte, liest man so auch nicht auf jedem Hellas-Handout. Aber egal, kam für uns ja eh nicht in Betracht. Wo Elsassinatoren mit Käse und Vinaigrette verfeinerte „cervelas“ verputzen, weiß mittlerweile jeder Grenzgänger.
Sage und schreibe 15 verschiedene warme Vorspeisenpositionen listete das umfangreiche Repertoire der „Jägersmänner“. Und nahezu alles schien vorher mit genügend Grillfeuer in Kontakt gekommen zu sein. Gegrillte Meeresfrüchte, Grillgemüse (Champignons und Zucchini) und natürlich auch die gegrillten grünen Schoten hatte man ins Vorspeisenbataillon berufen.
Auch bei den Hauptgerichten ging man kulinarisch auf Nummer sicher. Mit fleischgewordenen Deftigkeiten von Lamm, Rind, Schwein und Pute spricht man naturgemäß ein Publikum an, das Experimenten gegenüber eher abgeneigt ist und nach festen Vorstellungen entsprechend beliefert werden möchte. Platten für zwei Personen in drall bemessenen Portionen dürfen da nicht fehlen. Ansonsten wird aufgespießt bis sich die Metallstäbe biegen.
Der Anteil gutbürgerlicher Fleischmannskost schlug mit einem guten Dutzend deutscher Profangerichte zu Teller. Da wurde schweinern geschnitzelt und argentinisch gerumpsteakt. Selbst Pute für bewusste Hellfleischesser hatte man auf der Kartenkladde verzeichnet. Wer da nicht das passende Stück Tier zum nonvegetarischen Mindset findet, der ist mit falschen Vorstellungen hier aufgeschlagen.
Die Qual der Wahl.
Da die gebratenen Hypotenusen und die sautierten Katheten wohl gerade aus waren, musste mein Gegenüber auf den bei 9.Klässern noch heute sehr beliebten Pita-Gyros (oder war es sein Namensvetter?) verzichten und orderte aus der illustren Fleischfülle eine kleine Portion Kleingehäckseltes vom Schweinehügel. Zwar ohne Fladenbrot, aber mit Tzatziki und Beilage nach Wahl und für 11,50 Euro nicht unverschämt bepreist.
Nun muss man wissen, dass dieser gestandene Gasthausgänger häufig an den von ihm selbst auferlegten Portionen scheitert. Eine weise Entscheidung also, von der ich mich nicht im Geringsten beeinflussen ließ. Leider.
Vorweg einigten wir uns auf die mit pikanter Knoblauchcrème verfeinerten Peperoni „from the grill“ (5,90 Euro). Wer möchte schon mit frischem Atem den Heimweg von einer Gyrosschenke antreten? Meine Wahl fiel nach langem Hin- und Herüberlegen auf den Mix-Teller (17,90 Euro), der mit Gyros, Rump- und Schweinesteak sowie einem Souvlaki-Spieß wirklich alle Karnivorensünden in sich vereinte.
Als Beilage durften es ruhig mal wieder Kroketten sein. Ja genau, die aus frostigem Tiefschlaf fritteus erweckten Kartoffelzylinder nach DIN-Norm kamen mir gerade recht. Auch mein Gegenüber setzte auf bewährte Frittierware und beschied sich mit einer Portion Kartoffelchips, dem gastrogriechischen Surrogat für ehrliche deutsche Bratkartoffeln. Aber wer sich lieber die Pommes scheibchenweise zuführt, der kann auch hier bedenkenlos zugreifen. TK-Chips
Getrunken wurde an diesem Abend ausschließlich frisch gezapftes Hoepfner-Pils. Das machte Sinn, denn der halbe Liter lief hier für freundliche 3,90 Euro aus dem Zapfhahn. Da orderten wir doch gerne noch eins nach.
Dem Hunger keine Chance lassen.
Die grünen Grillfinger begeisterten als vorzüglich mundende Vorweghappen. Die sorgsam aufgereihten Schmurgelschoten kamen mit ordentlicher Grillbräune und einer würzig-pikanten Knobi-Crème auf die Platte ihrer letzten (Oliven-)Ölung. Ein verlässlicher Einstieg, der mit einem Körbchen voller Baguette-Scheiben ausgestattet, auf tunkende Gemüter stieß. Grüne Schmurgelschoten
Der Beilagensalat war mit einem dill-lastigen Allerweltsdressing aus dem Kanister angemacht worden. Er bestand vornehmlich aus geschmacksneutralem Eisbergsalat. Etwas geraspelte Karotte on Top wertete in marginal auf. Immerhin wurde mir kein schlappes Blatt untergeschummelt. Insgesamt war es jedoch ein eher kantinesk anmutender Vertreter seiner Art, der nur zur texturellen Abwechslung diente und kulinarisch keinen nennenswerten Mehrwert beisteuerte. Neutralsalat mit Allerweltsdressing
Unter olympischen Zwiebelringen lag der recht saftig wirkende Mount Gyros meines Kollegen begraben. Gyros - wohlberingt!
Eine Kugel Tzatziki-Sorbet hatte man gleich mitgeliefert. Die erwähnten Kartoffelchips waren separat in einer Schale untergebracht. So trug man trotz aller À-Part-Bemühungen der guten alten Sitte Rechnung, möglichst alles auf einem Teller zu vereinigen. Der kleine Gyrosteller in der Totalen
Das gleiche Anrichtemuster galt auch für mein gemischtes Fleischensemble mit „krokettaler“ Ergänzung. Der Mix-Teller in der Totalen
Schon beim Anblick dieses mächtigen Nachbaus eines mykenischen Fleischtempels wunderte ich mich über meinen leichtsinnigen Bestellermut. Meat-Wall
Da wurde dem zivilisationsmüden Magen-Darm-Trakt zu später Stunde noch eine ganz schöne Mammutaufgabe zugemutet.
Bis auf das kleine Schweinerückensteak, das laut Karte eigentlich von der Lende stammen sollte, stand hier alles gut im Saft. Freunde des knusprigen Gyros wären dagegen wohl etwas enttäuscht gewesen. Das Rumpsteak war zwar knapp jenseits der Medium-Grenze gegart, aber noch nicht zur Staubsohle mutiert. Der Souvlaki-Spieß war in seiner Üppigkeit ein erschlagendes Argument dafür, die Grillsaison doch erst in ein paar Monaten zu eröffnen (bis dieser gänzlich verdaut sein würde). What a Souvlaki!
Was soll ich abschließend sagen? Natürlich war das ein Teller der niederen Herren-Instinkte, den ich aufgrund seiner Ausmaße nur mit Müh‘ und Not vertilgt bekam. Die leicht gesalzenen Kroketten dienten als zusätzliche Füllmasse, um auch die letzten paar Kubikzentimeter vom Magenvolumen noch zuzuspachteln. Los Croquetas
Gut, dass man uns nach dem Essen noch einen Ouzo spendierte. Er verhinderte Schlimmeres. Der Weg zurück mit dem Rad (von Altwörth „hinauf“ zum Dorschberg) fiel mir danach trotzdem schwer.
Fazit.
Wer auf erwartbare Fleischküche in gemütlichem Ambiente Wert legt, der ist bei Familie Jäger im Bayerischen Hof gut aufgehoben. Einen ordentlichen Hunger sollte man allerdings mitbringen, denn die Gerichte sind nicht schüchtern portioniert. Die Preise sind im Schnitt auch nicht höher als bei den umliegenden Fleischtempeln. Und im Sommer kann man es sich draußen im Biergarten gut gehen lassen. Alles Argumente, die uns in den nächsten Jahren sicherlich das ein oder andere Mal vorbeischauen lassen.
Wörth und so…
Ein knappes halbes Jahr wohnen wir mittlerweile in Wörth am Rhein. Das ehemals kleine Fischerdörfchen aus der Zeit vor Johann Gottfried Tulla wurde in den 60er Jahren mächtig auf- und umge“daimlert“. Mit seinen etwas mehr als 18500 Einwohnern (die drei „ausgelagerten“ Ortsbezirke Maximiliansau, Büchelberg und Schaidt mitgerechnet) steht es heute in mehrfacher Hinsicht gut da.
Die Anbindung zum badischen „Klassenfeind“ könnte dank S-Bahn und sanierter Rheinbrücke gar nicht besser sein. Und auch der nach dem Konzept von Albert... mehr lesen
Bayerischer Hof
Bayerischer Hof€-€€€Restaurant07271 9896906Ottstraße 30, 76744 Wörth am Rhein
4.0 stars -
"Erwartbare, deutsch-griechische Fleischküche als wirksame Kampfansage gegen den Hunger" marcO74Wörth und so…
Ein knappes halbes Jahr wohnen wir mittlerweile in Wörth am Rhein. Das ehemals kleine Fischerdörfchen aus der Zeit vor Johann Gottfried Tulla wurde in den 60er Jahren mächtig auf- und umge“daimlert“. Mit seinen etwas mehr als 18500 Einwohnern (die drei „ausgelagerten“ Ortsbezirke Maximiliansau, Büchelberg und Schaidt mitgerechnet) steht es heute in mehrfacher Hinsicht gut da.
Die Anbindung zum badischen „Klassenfeind“ könnte dank S-Bahn und sanierter Rheinbrücke gar nicht besser sein. Und auch der nach dem Konzept von Albert
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Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Inhaber und Servicechef Filippo La Mastra, der sich mit diesem italienischen Kleinod einen lang gehegten Traum erfüllt hat. Er wollte schon immer sein eigenes Restaurant betreiben und das obwohl der 47-jährige, aus Sizilien stammende Padrone hauptberuflich einen ganz anderen Weg geht.
Die andere Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er nämlich als selbstständiger Bauunternehmer mit der Sanierung von Bädern bzw. dem Verlegen von Fliesen und Laminatböden. Der 1992 nach Deutschland gekommene, gelernte Bootsbauer ist ein wahrer Tausendsassa, dessen beruflicher Werdegang gehörigen Respekt abnötigt.
Seinen Weg vom Tellerwäscher in einem Karlsruher Restaurant zum passionierten Wirt mit Trockenbau-Hintergrund hat er beeindruckend absolviert. Ein durch und durch sympathischer Zeitgenosse, der kräftig anpacken kann, aber auch im Umgang mit Menschen seine Stärken voll ausspielt. Man merkt ihm an, wie er sein gastronomisches „Hobby“ genießt und dabei stets als charmanter Gastgeber fungiert.
Wie er beispielsweise bei unserer allerersten Einkehr spontan unser kleines Töchterchen auf dem Arm durchs Restaurant trug, damit Mama und Papa in Ruhe ihre Pastateller leer essen konnten, war eine ausgesprochen freundliche Geste, die uns in dem Moment sehr willkommen war.
Bereits an diesem ersten Abend im „Oro“ war uns klar, dass hier einer mit Leidenschaft und viel Herzblut agiert. Einer, der als „Nebenerwerbsgastronom“ deutlich mehr ehrlich vorgetragene Gastfreundschaft in seiner Handwerkerseele trägt als so mancher alteingesessene Restaurantbetreiber im langjährigen Routinemodus.
Auch die Tatsache, dass er zu unsicheren Pandemiezeiten sein Ristorante eröffnete, sagt über den in der Nähe von Catania aufgewachsenen Sizilianer einiges aus. Mit großem Arbeitsaufwand hat er das Gebäude, in dem früher ein Tennisladen untergebracht war, saniert und umgebaut. Aus dem ehemaligen Sportgeschäft wurde eine wertig eingerichtete Einkehradresse mit ca. 30 Sitzplätzen. Im Sommer erlaubt ihm die Stadt Wörth den direkt gegenüberliegenden Karl-Josef-Stöffler-Platz zusätzlich als Außenbereich zu nutzen.
Unterstützt wird Filippo La Mastra von seinem Freund Gaspare Cappitelli, der sich für die Zubereitung der Speisen verantwortlich zeichnet. Dieser war schon früher als Koch tätig und betreibt heute hauptberuflich eine Spedition im rechtsrheinischen Eggenstein (nördlich von Karlsruhe). So ganz hat ihn das Herdgeschehen aber nie losgelassen, weshalb er von Donnerstag bis Sonntag seiner Vorliebe fürs Zubereiten schmackhafter Italo-Kost freien Lauf lässt. Zwei Typen also mit ähnlicher Arbeitsauffassung – das scheint zu funktionieren.
An der ansonsten recht schmucklos wirkenden Außenfassade weckt der in goldener Schrift auf noblem Schwarz gedruckte Name des Lokals das Interesse der Einkehraspiranten.
Von außen eher unscheinbar...
Der goldgelb leuchtende Olivenöltropfen fungiert dabei als Markenzeichen der als Feinkostladen getarnten Pizzeria. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch schnell heraus, dass hier deutlich mehr geboten wird als „nur“ italienische Rundbackwaren.
Der gegenüber der Theke auf mehrere Regale und Anrichten verteilte Feinkostbereich wartet mit einer erklecklichen Auswahl italienischer Weine, sizilianischem Olivenöl (natürlich kaltgepresst), feinem Balsamico-Essig und diversen anderen Köstlichkeiten, die einem, mit gutem Brot genossen, kulinarisch den Tag retten können, auf. Salami, Käse und Co. können übrigens – falls nicht vorrätig – auch geordert werden.
Das Interieur des sehr gepflegt anmutenden Lokals wird von verschiedenen Grautönen (Wände, Boden, Tischdecken) dominiert. Ein heller, aufgeräumt wirkender Gastraum mit einem sinnig platzierten Thekenbereich in der Mitte.
Blick zur Theke
Dieser teilt die schlauchartig angelegte Räumlichkeit in einen vorderen und einen hinteren Bewirtungsbereich ein. Rückseitig gelangt man zu den Toiletten, die – wie sich das für einen gestandenen Sanitärfachmann auch gehört – einen äußerst adretten Eindruck machen.
Zusätzlich steht noch ein kleinerer Nebenraum zur Verfügung. Genug Platz also, um nicht zu eng beieinander zu sitzen. Besonders in Hochinzidenzphasen ein nicht unbedeutender Faktor, der zum Wohlfühlen beiträgt.
Man sitzt auf bequem gepolsterten Stühlen an schlicht eingedeckten Tischen, die von weißem und grauem Leinen überzogen sind. Bereits die gediegene Tischkultur und die komfortablen Sitzverhältnisse sind deutliche Indizien für den Anspruch des Inhabers, hier keine 08/15-Trattoria betreiben zu wollen. Aber entscheidend ist ja nicht das Drumherum, sondern was am Ende auf dem Teller landet.
Doch auch da gab man sich beim Wörther Pizza- und Pastabaron keine Blöße. Bei unserem ersten Besuch Mitte März hatten wir es nämlich mit zwei rundum gelungenen Pastagerichten zu tun. Ich wählte die Spaghetti ai Gamberoni (20,50 Euro) von der 15 Zusatzgerichte umfassenden Empfehlungskarte. Meine Frau begnügte sich mit den Spaghetti Carbonara (9,50 Euro) vom Standardprogramm. Dazu gesellte sich eine Flasche Mineralwasser der Marke Levico aus den Höhenlagen des Trentino (0,75l für 5,50 Euro).
Sprudelwasser aus dem Trentino
Mein mit einer völlig ausreichenden Menge an Garnelen ordentlicher Sortierung bestückter Pastateller sah nicht nur ansprechend angerichtet aus, er mundete mit auch ganz ausgezeichnet. Schuld daran war in erster Linie die fruchtig-würzige Tomatensauce, die mir ein vollmundiges Gaumenerlebnis bescherte. Die Nudeln hätten vielleicht etwas mehr Biss haben können, aber der mit mediterranen Kräutern und etwas Knoblauch verfeinerte Sugo glich dies mehr als aus.
Spaghetti ai Gamberoni
Küchenchef Cappitelli wusste anscheinend wie man eine tadellos abgeschmeckte Tomatenbasis auf das Porzellan zaubert. Sein tomatisiertes Meeresrauschen erzählte von der Leichtigkeit des Weins und machte deshalb auch in Sachen Säure eine vorzügliche Figur. Zweifellos ein einwandfreies Einköchelerzeugnis, das auch in jeder süditalienischen Hafentaverne für zufriedene Gesichter gesorgt hätte.
Garnelen an Spaghetti
Total begeistert zeigte sich meine Gattin von ihren Schnürchennudeln nach Köhlerart. Das war keine mit Sahne aufmontierte heilige Dreimächtigkeit, sondern eine recht leichte, hauptsächlich aus Speck (vermutlich Pancetta), Ei und Käse (Parmesan und/oder Pecorino) bestehende Sauce, die auch nicht allzu salzig ausfiel. Leicht schaumig in der Konsistenz und mit einem dezent rauchigen Geschmack daherkommend, war sie ebenfalls ein Beispiel für fachmännisches Saucenhandwerk.
Spaghetti Carbonara
Ein Pastateller, der einem auch von der Menge her keine Backsteine in die Verdauungsregion legte, und somit alle Kriterien eines klassischen Wohlfühlgerichts locker erfüllte. Wenn Carbonara, dann bitte genau so. Von mir aus dann sogar mit „una Coca Cola“ (aber nur eiskalt, liebe Spliffies ;-)…).
Nach diesem wirklich beeindruckenden Erstkontakt beim Ölbaron, tauchten wir dort ein paar Wochen später mit Freunden auf. Diesmal sollten mich die Spaghetti Marinara (13,50 Euro) ähnlich begeistern wie zuvor die Garnelen-Variante. Die zarte, meilenweit von Gummiware entfernte Textur des Meeresgetiers ließ nicht nur auf die Verwendung qualitativ hochwertiger Ware schließen, sondern unterstrich auch die exakte Handhabe des Herdmeisters in puncto Garzeit.
Spaghetti Marinara
Meine Frau war indes hin und weg von ihrer gut durchgebackenen Pizza Siciliana (10 Euro), die mit grünen Oliven, würzigen Sardellen, eingelegten Kapern und einer „duften“ Portion Knoblauch gesegnet war. Ihr etwas dickerer Boden überzeugte durch eine angenehm weiche Beschaffenheit. Ordentlich belegte, ofenfrische Hefeerzeugnisse konnte man hier also auch.
Pizza Siciliana
Die Frau meines besten Freundes und Schulleitungskollegen – er hatte sich ebenfalls für die sizilianische Rundbackware entschieden – lobte ihre Tortellini alla primavera (9,50 Euro), deren Tomaten-Sahne-Sauce ganz klassisch mit Schinken, Champignons und Erbsen veredelt war. Der süffige Nudelteller ließ sich ungeniert aus dem Vollen löffeln und hätte – so jedenfalls meine Einschätzung – vielleicht sogar noch ein wenig üppiger ausfallen dürfen.
Tortellini alla Primavera
Dass sich meine Gattin zum süßen Finale noch ein stattliches Tiramisu (7,50 Euro) einverleibte, war kein Fehler. Ein Probierhappen bestätigte meinen Verdacht: auch das aus Venetien stammende „Zieh-mich-hoch-Dessert“ war jede zusätzliche Kalorie wert. Natürlich kann man Löffelbiskuits auch ohne Mascarpone-Crème genießen, aber macht das Sinn? Zumal sie gerade in ihrer von Espresso und Amaretto getränkten Süffigkeit zu einer unverschämt leckeren Nachtischnummer avancieren.
Tiramisu zum "Hochziehen"
Gerne hätte ich bei meiner letzten Einkehr vor ein paar Tagen die Tiramisu-Option zum Abschluss gezogen. Aber eine aromatische Tomatensuppe (5,50 Euro) vorweg sowie eine vorzügliche Pizza Marinara (12,50 Euro) verhinderten aus Sättigungsgründen die quaderförmige Kalorienaufnahme in Cremig-süß. Bei meiner Zuppa di Pomodoro kamen neben der feinpürierten, roten Frucht auch Basilikum und Olivenöl geschmacklich zum Vorschein.
Zuppa di Pomodoro famosa
Zusammen mit der untergerührten Sahnehaube ein schlichter, aber sehr delikater Genuss, dem eine fundierte Pürierleistung vorausging. Mit Hilfe der dazu gereichten, wohl aus Pizzateig hergestellten Kleinbackwaren wurde auch der letzte Tropfen der roten Wonnetunke seiner finalen Bestimmung zugeführt.
Selbstgebackenes
Meine Meeresfrüchtepizza durfte ich selbst mit kleingehäckselten, in Olivenöl eingelegten Peperoni-Stücken auf den gewünschten Schärfegrad bringen.
Pizza Marinara
Mein Kollege, der sich auf mein Anraten hin die Spaghetti Marinara schmecken ließ,
Spaghetti mit Meeresfrüchten
profitierte ebenfalls von der kleinen Aufpeppung. Er hatte sich vorweg für einen Insalata mista (6,80 Euro) entschieden, was er keine Sekunde bereute.
Insalata Mista
Übrigens gönnte ich mir zum Meeresfladen ein kühles Gläschen Pinot Grigio (6,50 Euro). Ein leicht zu trinkender, recht säurearmer Frischling, der die Kollateralschäden am Gaumen, welche von der selbstgeschärften Deftscheibe herrührten, gekonnte ausbügelte.
Besonders erwähnenswert finde ich die Tatsache, dass man mit dem stets freundlichen Maestro La Mastra immer leicht ins Gespräch kommt. Seine angenehme Art trägt viel zum insgesamt sehr stimmigen Gesamtpaket dieses kulinarischen Kleinods in Altrheinnähe bei. Warum so ein Laden nicht jeden Abend aus allen Nähten platzt, ist mir ein Rätsel.
Vielleicht sind es die etwas höheren Preise, die so manchen Kostgänger abschrecken. Schade, denn hier verpasst er die mit Abstand beste italienische Küche in Wörth und Umgebung. Und auf das Wort „Umgebung“ reimt sich ja bekanntlich Empfehlung. Womit ich dann auch wieder bei der Überschrift angelangt wäre.