Besucht am 25.06.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 169 EUR
Die Limmerstraße als die Königsallee von Hannover Linden zu bezeichnen, wäre – nun ja – totaler Blödsinn. Es ist zwar die zentrale Einkaufsstraße und tatsächlich spielt sich hier das meiste Leben ab, aber vom Einzelhandel ist im Zuge eines kontinuierlichen Niedergangs nicht viel übrig geblieben. Ein paar Ein-Euro-Shops, Allerwelts-Klamotten-Filialisten und Backshops bestimmen das Bild – und der in Hannover an jeder Straßenecke allgegenwärtige Rossmann natürlich. Linden ist nach wie vor ein Arbeiter-Stadtteil, multi-kulti, alternativ und jung. Man sieht es an jeder Ecke.
Über die letzten Jahre hat sich aber die Gastronomieszene deutlich weiterentwickelt. Zugegeben, das meiste davon fällt in die Sparte Fastfood, aber immerhin ist die relativ abwechslungsreich und gar nicht mal überall übel. Dass sich aber in diesem Umfeld mit dem „Lindenblatt“ ein Restaurant etablieren konnte, dass sich sowohl vom Anspruch als auch dem Preisniveau deutlich abhebt, ist schon bemerkenswert.
Das Ambiente auf den zwei Ebenen ist geschmackvoll, aber nicht übertrieben. An diesem Sonntag Abend ist unten alles besetzt, so dass wir uns den oberen Bereich mit zwei anderen Paaren teilen. Dass die größeren Tische leer bleiben, stört uns nicht. So ist der Geräuschpegel eh angenehmer.
Das „Lindenblatt“ bietet eine bewusst reduzierte à la Carte-Auswahl von jeweils zwei bis drei Suppen, Vorspeisen, Hauptgerichten und Desserts. Dazu noch zwei Burger und Steaks, die man erfragen muss. Die meisten Gerichte sind so konzipiert, dass sie auch vegetarisch oder teilweise sogar vegan funktionieren, aber mit einem Fleisch- oder Fisch-Supplement ergänzt werden können. Und so funktioniert auch das aus den à la Carte Gerichten zusammengestellte Menü, das in drei bis fünf Gängen vegetarisch (30/35/40 Euro) oder mit Tier (37/45/55) geordert werden kann.
Ich wähle das Menü in vier Gängen, mein Mann vier Gänge à la Carte. Dass nur ich, weil ich das Menü gewählt habe, einen Gruß aus der Küche bekomme, finde ich schon etwas seltsam und angesichts des Umstandes, dass seine Gerichte insgesamt teurer als mein Menü sind, auch etwas kleinlich. Hier hätte man sich etwas flexibler zeigen können.
Von den drei Grüßen ist mir vor allem die sehr gute Spargelcremesuppe – es wird die letzte der Saison sein – positiv in Erinnerung geblieben.
Für den ersten Gang aus dem Menü hätte ich eigentlich ein Vorher-Nachher-Bild machen müssen. Die Variation von diversen bunten Tomaten sieht ausgesprochen appetitlich aus, vor allem mit der sehr guten Burrata, dem Basilikum, dem Olivenstaub und den Salsicciastücken. Nach dem Angießen der klaren Tomatenessenz vermengt sich alles jedoch zu einer eher unschönen, milchig trüben Angelegenheit, in der sich die Burrata langsam auflöst.
Wohlgemerkt: das ist nur eine Kritik an der meines Erachtens verbesserungswürdigen Optik des Gerichtes. Alle Komponenten für sich passen natürlich zusammen und die Qualität ist auch gut. Ich persönlich hätte vermutlich die Tomatenessenz à part serviert oder in einer leicht gelierten Version, so dass die Einzelkomponenten noch für sich hätten wirken können. Die Salsiccia als würziges Element gefällt mir gut und an diesem warmen Tag ist diese Vorspeise sehr passend.
Auf der anderen Seite des Tisches startet man mit Pescaccio vom Färöer Lachs. Diese etwas gewollt kreative Bezeichnung beschreibt letztlich nichts anderes als roh aufgschnittenen Lachs, der mit etwas Holunderblüte und Zitrone mariniert ist. Die Fischqualität ist gut, aber insgesamt bleibt das Gericht sehr mild. Daran ändern auch die Tupfen fermentierten schwarzen Knoblauchs nichts. Kein schlechter Gang, aber leider ohne den ganz besonderen Kick oder eine besondere Würze, die den Fisch nach vorne gehoben hätte.
Beim nächsten Gang gehen wir konform und wählen gegrillte Melone mit Focaccia, grünem Spargel, Schafsjoghurt und –käse und Rucola. Als Ergänzung gibt es hierzu in (vermutlich?) Panko ausgebackenen Pulpo und gekochten Schinken vom Havelländer Apfelschwein. Das ist eine schöne, originelle Kombination, die mir gut gefällt und trotz der vielen grundverschiedenen Komponenten schön harmoniert. Dass die à la Carte Portion meines Mannes größer ist als meine, geht in Ordnung. Dass sie allerdings gleich doppelt so groß ausfällt und der Teller damit nahezu überquillt, sollte man auch noch mal überdenken. Ich fand das für eine Vorspeise deutlich überpropotioniert – auch in Linden...
Im Hauptgang bekomme ich Morcheln und junge Saubohnen, dazu eine Morchel-Panna Cotta und ein Morchelschaum. Ich mag den intensiven Morchelgeschmack und ich mag frisch gepalte Bohnen. Von daher ist dieses Gericht wie für mich gemacht. Das Spanferkel dazu ist sous-vide gegart und zart. Wenig verwunderlich ist die Kruste bei dieser Garmethode alles andere als knusprig, was ein wenig schade ist. Zusammen mit der gepökelten Backe wäre es ansonsten rundum gelungen.
Auf dem Teller meines Mannes wird es bunt und erneut üppig. Die Grundbasis des Gerichtes sind diverse Paprika, teilweise mit Frischkäse gefüllt, eine Gremolata und ein Thymian-Guglhupf. Das Fleisch dazu ist eine geschmorte Beinscheibe vom Rind und spätestens damit wird es richtig deftig. Dass dies kein typisches Sommergericht ist, weiß die Küche selbst. Warum sie es dennoch auf die Karte setzen, erklären sie in der ausführlich beschriebenen Karte selbst: „...weil wir Bock darauf haben.“ Klare Aussage – und wer es nicht so herbstlich will, kann ja etwas anderes wählen. Die Portion ist erneut eher für Bauarbeiter gedacht, aber davon abgesehen lecker. Mir persönlich ist das alles nicht nur von der Menge ein bisschen zu viel. Der berühmte Teller bunter Knete kommt mir in den Sinn. Aber ich will nicht meckern. Ist nicht mein Teller, Gatte ist zufrieden, also passt's schon.
Im Menü gibt es im Dessert eine Variation von der Zitrone, als Sorbet, Lemon Curd, Kuchen und kandiert. Buttermilch und weiße Schokolade, ebenfalls in Konsistenzen puffern die Säure gut ab. Insgesamt sehr schön.
Da ich aber ohnehin lieber Erdbeere als Zitrone mag und es bei meiner besseren Hälfte genau umgekehrt ist, probiere ich kurz und wir tauschen dann die Teller.
Die Erdbeeren finden sich als Sorbet und mariniert als Salat in einem durchaus klassischen Umfeld, der vor allem von Vanille geprägt ist. Als Sponge, Creme und Panna Cotta wird auch dieses Thema durchdekliniert. Die Kardamombaisers bleiben relativ neutral. Die angekündigte Atsina-Kresse kann ich nicht ausmachen, aber schmecken tut es dennoch gut.
Mit beiden Desserts setzt sich die Linie von Benjamin Busmanns Küchenstil fort. Es wird munter kombiniert, mitunter etwas forciert, bei den Desserts eher klassisch variiert. Beim ein oder anderen Gericht könnte ich mir eine gewisse Fokussierung als vorteilhaft vorstellen. Aber wenn die Gänge auch vegetarisch ohne Fleisch- oder Fisch-Supplement funktionieren sollen, will oder muss man dem Gast vielleicht diese Tellervielfalt anbieten.
Besonders hervorzuheben ist die Weinkarte, die über die Zeit deutlich an Format gewonnen hat. Sie unterliegt einem stetigen Wandel und sieht heute schon wieder ziemlich anders aus als bei unserem Besuch vor wenigen Wochen. Seinerzeit waren einige unbekanntere Newcomer stärker vertreten. Nun finden sich eher, vor allem aus Deutschland, die renommierteren Weingüter. Die Preise sind sehr akkurat und fair kalkuliert. Wir starten mit einer fabelhaften Flasche Ortolan vom österreichischen Weingut Dürnberg, einer Cuvée aus Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder, im 500l-Holzfass ausgebaut. Auch die offenen Roten im Anschluss sind sehr ordentlich.
Beim Service macht sich schnell bemerkbar, wer gelernt (oder zumindest sehr erfahren) ist und wer nicht. Unser Kellner ist aufmerksam, souverän und professionell, die weibliche Servicekraft eher unsicher und etwas unbeholfen. Aber das stört uns nicht. Insgesamt läuft der Abend, auch was den zeitlichen Ablauf angeht, rund.
Obwohl wir in Linden leben, waren wir einige Zeit nicht im „Lindenblatt“. Eigentlich nicht wirklich nachvollziehbar, denn die Gerichte haben uns, obwohl an der ein oder anderen Stelle etwas überladen, gut gefallen. Das Ambiente ist entspannt, die Hintergrundmusik mein Geschmack und die Weinkarte für Lindener Verhältnisse großartig. Also ab jetzt doch wieder öfter auf die Lindener Kö – muss ja kein Champagner dort sein. Guter Sekt tut's auch.
Die Limmerstraße als die Königsallee von Hannover Linden zu bezeichnen, wäre – nun ja – totaler Blödsinn. Es ist zwar die zentrale Einkaufsstraße und tatsächlich spielt sich hier das meiste Leben ab, aber vom Einzelhandel ist im Zuge eines kontinuierlichen Niedergangs nicht viel übrig geblieben. Ein paar Ein-Euro-Shops, Allerwelts-Klamotten-Filialisten und Backshops bestimmen das Bild – und der in Hannover an jeder Straßenecke allgegenwärtige Rossmann natürlich. Linden ist nach wie vor ein Arbeiter-Stadtteil, multi-kulti, alternativ und jung. Man sieht es an... mehr lesen
4.0 stars -
"Kreativ und anspruchsvoll in Linden" tischnotizenDie Limmerstraße als die Königsallee von Hannover Linden zu bezeichnen, wäre – nun ja – totaler Blödsinn. Es ist zwar die zentrale Einkaufsstraße und tatsächlich spielt sich hier das meiste Leben ab, aber vom Einzelhandel ist im Zuge eines kontinuierlichen Niedergangs nicht viel übrig geblieben. Ein paar Ein-Euro-Shops, Allerwelts-Klamotten-Filialisten und Backshops bestimmen das Bild – und der in Hannover an jeder Straßenecke allgegenwärtige Rossmann natürlich. Linden ist nach wie vor ein Arbeiter-Stadtteil, multi-kulti, alternativ und jung. Man sieht es an
Geschrieben am 28.06.2017 2017-06-28| Aktualisiert am
28.06.2017
Besucht am 18.06.201710 Personen
Rechnungsbetrag: 520 EUR
Am 18. Juni war es wieder so weit. Alle paar Monate reisen aus den letzten Winkeln, sogar aus Norditalien einige wackere Kämpfer für die gerechte Medizin nach Hannover. Wohl zum letzten Mal betrug die Tagungspauschale im Grand Hotel Luisenhof für die Zeit von 10:30 - 17:00 Uhr, Tagungsraum, Snacks und Getränken und Mittagessen im Marys 52 Euro. Mir erschien das schon immer als sehr knapp kalkuliert. Wie immer war der Tagungsraum perfekt hergerichtet. Für 10 Menschen gab es 3 X 2 Flaschen Wasser, 3 X 8 Flaschen Granini-Säfte, Kaffee, Teewasser- und Beutel, frische Obst-Joghurt-Snacks. Haribo Goldbären, Lakritze und Mini-Snickers standen in drei Etageren auf dem Konferenztisch. Hotel-Schreibblöcke und Kulis lagen an jedem Platz. Decke im Tagungsraum
Kurz nach Beginn kam eine der hier immer sehr freundlichen Servicekräfte und reichte eine Minikarte zwecks Kennzeichnen der Wünsche zum Mittagessen herum.
Um 13:00 Uhr gingen wir hinunter ins Restaurant und nahmen an der vorbreiteten Tafel Platz. Wasser, gutes Brot und Butter standen auf dem Tisch. Ein Servicemitarbeiter sagte mir, dass mein Riesling unterwegs sei. Schön, wenn lieb gewonnen Gewohnheiten so umgesetzt werden. Nur ein Berliner Zahnarzt und ich frönen mittags hemmungslos dem Wein. Alle anderen bleiben alkoholfrei. Wir hatten Glück und hatten 0,2 aus einer frisch geöffneten wohl Rheingauer Flöte in den Gläsern, dezent moussierend, gute Säure und Mineralität, satte Zitrusnoten. Blick zur Straße hin
Die meisten von uns hatten den gebratenen Zander auf Gemüsesalat (wie Gemüsespaghetti) mit konfierten Bamberger Hörnchen gewählt. Dieser kam knusprig und ausgezeichnet gebraten, somit gut im Saft stehend, zügig auf den Tisch. Das Auftragen geht hier immer rasant, da es von vier Servicekräften gleichzeitig erfolgt. Eine Soße, auf die ich aber verzichtete, wurde separat serviert, nicht über den knusprigen Zander gegossen. Kartoffeln wurden auf Wunsch gekonnt nachgelegt. Zander/Bamberger Hörnchen
Die Desserts (Erdbeer, Limette, Avocado) überzeugten wie meist, sowohl optisch, wie auch geschmacklich.
Nach einer kurzen Rauch-/Dampf- und Diskussionspause auf der Luisenstraße begaben wir uns wider in den zwischenzeitig abgeschlossenen Konferenzraum. Hier warteten kleine Kuchenstücke in sehr guter Qualität, frisches Obst, heißer Kaffee und neues Teewasser auf uns. Dessert Erbeer/Limette/Avocado
Gegen 17:00 Uhr erfolgten die Abschiedsumarmungen, und wir zerstreuten uns zufrieden in alle Winde. Es hatte sich wieder einmal gelohnt, in Hannovers bestem Hotel zu tagen.
Am 18. Juni war es wieder so weit. Alle paar Monate reisen aus den letzten Winkeln, sogar aus Norditalien einige wackere Kämpfer für die gerechte Medizin nach Hannover. Wohl zum letzten Mal betrug die Tagungspauschale im Grand Hotel Luisenhof für die Zeit von 10:30 - 17:00 Uhr, Tagungsraum, Snacks und Getränken und Mittagessen im Marys 52 Euro. Mir erschien das schon immer als sehr knapp kalkuliert. Wie immer war der Tagungsraum perfekt hergerichtet. Für 10 Menschen gab es 3 X... mehr lesen
MARY´s Restaurant · Kastens Hotel Luisenhof
MARY´s Restaurant · Kastens Hotel Luisenhof€-€€€Restaurant, Sternehotel05113044816Luisenstraße 1-3, 30159 Hannover
4.5 stars -
"Tolles Tagungshotel" Ehemalige UserAm 18. Juni war es wieder so weit. Alle paar Monate reisen aus den letzten Winkeln, sogar aus Norditalien einige wackere Kämpfer für die gerechte Medizin nach Hannover. Wohl zum letzten Mal betrug die Tagungspauschale im Grand Hotel Luisenhof für die Zeit von 10:30 - 17:00 Uhr, Tagungsraum, Snacks und Getränken und Mittagessen im Marys 52 Euro. Mir erschien das schon immer als sehr knapp kalkuliert. Wie immer war der Tagungsraum perfekt hergerichtet. Für 10 Menschen gab es 3 X
Besucht am 21.06.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 9 EUR
Es galt, Zeit und Hunger im Pelikanviertel zu vertreiben und angesichts sonnigen Wetters und in Ermangelung entsprechender Alternativen begab ich mich zu der Restauration Picanto. Auf Kreidetafeln wurden verschiedene Mittagsgerichte beworben, einige der Außentische waren noch frei, so dass ich mich dorth hinsetzte.
Ein Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin kamen aus der Restauration und es machte den Eindruck, als wollten beide zum Rauchen. Beide verschwanden und tauchten nach geraumer Zeit mit einem Packen Coffee to go - Bechern wieder auf.
Nach längerer Zeit wurde ich trotz guter Sichtbarkeit durch das Fenster offensichtlich bewusst wahrgenommen und es bequemte sich eine Servicekraft mit Restaurantkarte zu mir.
Nach einiger Zeit kam dann eine andere Servicekraft, schien die Chefin zu sein, und nahm die Bestellung auf. Auf Nachfrage nach einer anderen Beilage bei dem Gericht Hähnchenbruststücke mit Kartoffelpürree und Salatbeilage wurde mir Pommes angeboten. Ich stimmte zu und durfte nach angemessener Wartezeit auf einen schön dekorierten Glasteller blicken. Eine Salatbeilage gab es nicht, etliche Pommes schwammen bedauerlicherweise in der Hähnchenbrustsauce, so dass diese matschig gewesen sind. Die anderen Pommes waren lecker und passend gewürzt, ebenso passend zubereitete Hähnchenbruststücke.
Der Preis mit EUR 8,50 war für ein Tagesgericht kein Schnäppchen, dennoch angemessen.
Bei meinem nächsten Besuch im Pelikanviertel werde ich einen erneuten Anlauf nehmen und dann sollte es auch mit dem Service klappen.
Es galt, Zeit und Hunger im Pelikanviertel zu vertreiben und angesichts sonnigen Wetters und in Ermangelung entsprechender Alternativen begab ich mich zu der Restauration Picanto. Auf Kreidetafeln wurden verschiedene Mittagsgerichte beworben, einige der Außentische waren noch frei, so dass ich mich dorth hinsetzte.
Ein Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin kamen aus der Restauration und es machte den Eindruck, als wollten beide zum Rauchen. Beide verschwanden und tauchten nach geraumer Zeit mit einem Packen Coffee to go - Bechern wieder auf.
Nach längerer Zeit... mehr lesen
Bistrorante Picanto
Bistrorante Picanto€-€€€Restaurant, Bistro, Cafe, Take Away051187949392Günter-Wagner-Allee 1, 30177 Hannover
3.0 stars -
"Essen gut, Service gemischt" DerWestfaleEs galt, Zeit und Hunger im Pelikanviertel zu vertreiben und angesichts sonnigen Wetters und in Ermangelung entsprechender Alternativen begab ich mich zu der Restauration Picanto. Auf Kreidetafeln wurden verschiedene Mittagsgerichte beworben, einige der Außentische waren noch frei, so dass ich mich dorth hinsetzte.
Ein Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin kamen aus der Restauration und es machte den Eindruck, als wollten beide zum Rauchen. Beide verschwanden und tauchten nach geraumer Zeit mit einem Packen Coffee to go - Bechern wieder auf.
Nach längerer Zeit
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Über die letzten Jahre hat sich aber die Gastronomieszene deutlich weiterentwickelt. Zugegeben, das meiste davon fällt in die Sparte Fastfood, aber immerhin ist die relativ abwechslungsreich und gar nicht mal überall übel. Dass sich aber in diesem Umfeld mit dem „Lindenblatt“ ein Restaurant etablieren konnte, dass sich sowohl vom Anspruch als auch dem Preisniveau deutlich abhebt, ist schon bemerkenswert.
Das Ambiente auf den zwei Ebenen ist geschmackvoll, aber nicht übertrieben. An diesem Sonntag Abend ist unten alles besetzt, so dass wir uns den oberen Bereich mit zwei anderen Paaren teilen. Dass die größeren Tische leer bleiben, stört uns nicht. So ist der Geräuschpegel eh angenehmer.
Innenansicht oben 1
Innenansicht oben 2
Das „Lindenblatt“ bietet eine bewusst reduzierte à la Carte-Auswahl von jeweils zwei bis drei Suppen, Vorspeisen, Hauptgerichten und Desserts. Dazu noch zwei Burger und Steaks, die man erfragen muss. Die meisten Gerichte sind so konzipiert, dass sie auch vegetarisch oder teilweise sogar vegan funktionieren, aber mit einem Fleisch- oder Fisch-Supplement ergänzt werden können. Und so funktioniert auch das aus den à la Carte Gerichten zusammengestellte Menü, das in drei bis fünf Gängen vegetarisch (30/35/40 Euro) oder mit Tier (37/45/55) geordert werden kann.
Ich wähle das Menü in vier Gängen, mein Mann vier Gänge à la Carte. Dass nur ich, weil ich das Menü gewählt habe, einen Gruß aus der Küche bekomme, finde ich schon etwas seltsam und angesichts des Umstandes, dass seine Gerichte insgesamt teurer als mein Menü sind, auch etwas kleinlich. Hier hätte man sich etwas flexibler zeigen können.
Von den drei Grüßen ist mir vor allem die sehr gute Spargelcremesuppe – es wird die letzte der Saison sein – positiv in Erinnerung geblieben.
Begrüßung aus der Küche
Für den ersten Gang aus dem Menü hätte ich eigentlich ein Vorher-Nachher-Bild machen müssen. Die Variation von diversen bunten Tomaten sieht ausgesprochen appetitlich aus, vor allem mit der sehr guten Burrata, dem Basilikum, dem Olivenstaub und den Salsicciastücken. Nach dem Angießen der klaren Tomatenessenz vermengt sich alles jedoch zu einer eher unschönen, milchig trüben Angelegenheit, in der sich die Burrata langsam auflöst.
Wohlgemerkt: das ist nur eine Kritik an der meines Erachtens verbesserungswürdigen Optik des Gerichtes. Alle Komponenten für sich passen natürlich zusammen und die Qualität ist auch gut. Ich persönlich hätte vermutlich die Tomatenessenz à part serviert oder in einer leicht gelierten Version, so dass die Einzelkomponenten noch für sich hätten wirken können. Die Salsiccia als würziges Element gefällt mir gut und an diesem warmen Tag ist diese Vorspeise sehr passend.
Tomate / Weiße Tomatenessenz · bunte Tomaten · Basilikum · Burrata · Olivenstaub (mit Salsiccia)
Auf der anderen Seite des Tisches startet man mit Pescaccio vom Färöer Lachs. Diese etwas gewollt kreative Bezeichnung beschreibt letztlich nichts anderes als roh aufgschnittenen Lachs, der mit etwas Holunderblüte und Zitrone mariniert ist. Die Fischqualität ist gut, aber insgesamt bleibt das Gericht sehr mild. Daran ändern auch die Tupfen fermentierten schwarzen Knoblauchs nichts. Kein schlechter Gang, aber leider ohne den ganz besonderen Kick oder eine besondere Würze, die den Fisch nach vorne gehoben hätte.
PESCACCIO VOM FÄRÖER-LACHS / Roh geschnittener Färöer-Lachs · Holunderblüte · Zitrone Schwarzer Knoblauch · Joghurt
Beim nächsten Gang gehen wir konform und wählen gegrillte Melone mit Focaccia, grünem Spargel, Schafsjoghurt und –käse und Rucola. Als Ergänzung gibt es hierzu in (vermutlich?) Panko ausgebackenen Pulpo und gekochten Schinken vom Havelländer Apfelschwein. Das ist eine schöne, originelle Kombination, die mir gut gefällt und trotz der vielen grundverschiedenen Komponenten schön harmoniert. Dass die à la Carte Portion meines Mannes größer ist als meine, geht in Ordnung. Dass sie allerdings gleich doppelt so groß ausfällt und der Teller damit nahezu überquillt, sollte man auch noch mal überdenken. Ich fand das für eine Vorspeise deutlich überpropotioniert – auch in Linden...
GEGRILLTE MELONE / Gegrillte Wassermelone · Focaccia · grüner Spargel Schafsjoghurt und Käse · Rucola
Im Hauptgang bekomme ich Morcheln und junge Saubohnen, dazu eine Morchel-Panna Cotta und ein Morchelschaum. Ich mag den intensiven Morchelgeschmack und ich mag frisch gepalte Bohnen. Von daher ist dieses Gericht wie für mich gemacht. Das Spanferkel dazu ist sous-vide gegart und zart. Wenig verwunderlich ist die Kruste bei dieser Garmethode alles andere als knusprig, was ein wenig schade ist. Zusammen mit der gepökelten Backe wäre es ansonsten rundum gelungen.
MORCHEL / Saubohne · Morchel Panna Cotta · Gnocchi · Morchelschaum · Petersilie · Kartoffel Sous Vide gegarter Saalower Spanferkelrücken und gepökeltes Bäckchen
Auf dem Teller meines Mannes wird es bunt und erneut üppig. Die Grundbasis des Gerichtes sind diverse Paprika, teilweise mit Frischkäse gefüllt, eine Gremolata und ein Thymian-Guglhupf. Das Fleisch dazu ist eine geschmorte Beinscheibe vom Rind und spätestens damit wird es richtig deftig. Dass dies kein typisches Sommergericht ist, weiß die Küche selbst. Warum sie es dennoch auf die Karte setzen, erklären sie in der ausführlich beschriebenen Karte selbst: „...weil wir Bock darauf haben.“ Klare Aussage – und wer es nicht so herbstlich will, kann ja etwas anderes wählen. Die Portion ist erneut eher für Bauarbeiter gedacht, aber davon abgesehen lecker. Mir persönlich ist das alles nicht nur von der Menge ein bisschen zu viel. Der berühmte Teller bunter Knete kommt mir in den Sinn. Aber ich will nicht meckern. Ist nicht mein Teller, Gatte ist zufrieden, also passt's schon.
PAPRIKA / Thymian Gugelhupf · gefüllte Paprika · Frischkäse · Gremolata Artischocke · Auberginenkaviar, geschmorter Rinderbeinscheibe
Zitrone / Zitronensorbet . Lemon Curd . kandierte Zitrone . Zitronenkuchen Buttermilch . weiße Schokolade
Da ich aber ohnehin lieber Erdbeere als Zitrone mag und es bei meiner besseren Hälfte genau umgekehrt ist, probiere ich kurz und wir tauschen dann die Teller.
Die Erdbeeren finden sich als Sorbet und mariniert als Salat in einem durchaus klassischen Umfeld, der vor allem von Vanille geprägt ist. Als Sponge, Creme und Panna Cotta wird auch dieses Thema durchdekliniert. Die Kardamombaisers bleiben relativ neutral. Die angekündigte Atsina-Kresse kann ich nicht ausmachen, aber schmecken tut es dennoch gut.
Erdbeere / Sorbet · Panna Cotta · Salat · Vanille-Sponge · Atsina-Kresse · Kardamombaiser
Mit beiden Desserts setzt sich die Linie von Benjamin Busmanns Küchenstil fort. Es wird munter kombiniert, mitunter etwas forciert, bei den Desserts eher klassisch variiert. Beim ein oder anderen Gericht könnte ich mir eine gewisse Fokussierung als vorteilhaft vorstellen. Aber wenn die Gänge auch vegetarisch ohne Fleisch- oder Fisch-Supplement funktionieren sollen, will oder muss man dem Gast vielleicht diese Tellervielfalt anbieten.
Besonders hervorzuheben ist die Weinkarte, die über die Zeit deutlich an Format gewonnen hat. Sie unterliegt einem stetigen Wandel und sieht heute schon wieder ziemlich anders aus als bei unserem Besuch vor wenigen Wochen. Seinerzeit waren einige unbekanntere Newcomer stärker vertreten. Nun finden sich eher, vor allem aus Deutschland, die renommierteren Weingüter. Die Preise sind sehr akkurat und fair kalkuliert. Wir starten mit einer fabelhaften Flasche Ortolan vom österreichischen Weingut Dürnberg, einer Cuvée aus Chardonnay, Weiß- und Grauburgunder, im 500l-Holzfass ausgebaut. Auch die offenen Roten im Anschluss sind sehr ordentlich.
Beim Service macht sich schnell bemerkbar, wer gelernt (oder zumindest sehr erfahren) ist und wer nicht. Unser Kellner ist aufmerksam, souverän und professionell, die weibliche Servicekraft eher unsicher und etwas unbeholfen. Aber das stört uns nicht. Insgesamt läuft der Abend, auch was den zeitlichen Ablauf angeht, rund.
Petits Fours
Obwohl wir in Linden leben, waren wir einige Zeit nicht im „Lindenblatt“. Eigentlich nicht wirklich nachvollziehbar, denn die Gerichte haben uns, obwohl an der ein oder anderen Stelle etwas überladen, gut gefallen. Das Ambiente ist entspannt, die Hintergrundmusik mein Geschmack und die Weinkarte für Lindener Verhältnisse großartig. Also ab jetzt doch wieder öfter auf die Lindener Kö – muss ja kein Champagner dort sein. Guter Sekt tut's auch.