Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Besucht am 01.03.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 87 EUR
Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche der „Guide“ ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis attestierte. Seit 2012 lacht hier dem einkehrenden Gourmand ein keckes Michelin-Männchen, das für „sorgfältig zubereitete und preiswerte Mahlzeiten“ steht, entgegen.
Die Rede ist vom Restaurant Geberts Weinstuben, dessen beeindruckende Historie bis ins Jahr 1887 zurückreicht. Ihr Namensgeber Johann Gebert war Bäcker und zudem mit einer Winzertochter verheiratet. Klar, dass der Backstube irgendwann eine Weinstube angegliedert wurde, was auch den Plural im Namen erklärt. Vor 45 Jahren war es Wolfgang Gebert, der Vater des heutigen Küchenchefs und Inhabers Frank, der aus der Weinstube eine Anlaufstelle für Feinschmecker und Genießer machte. Frank Gebert führt seit 2007 zusammen mit seiner Frau Dagmar das alteingesessene Lokal in der Mainzer Neustadt und setzt dabei auf deutsche Klassik mit klar erkennbarem französischem Akzent. Und dieser Küchenmix scheint richtig gut anzukommen.
Wir waren recht früh dran an jenem kalten Freitagmittag. Die Frage nach unserer Reservierung verneinten wir mit der gleichen Spontanität, die schon unserer Einkehr zugrunde lag. „Wolle mern roilosse?“ Beim Anblick der blau-gelb-roten Faschingsdekoration, welche die Fenstersimse bevölkerte, lag mir schon die Suggestivfrage aus „Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht“ auf der Zunge, aber die junge Dame vom Service hielt anscheinend noch ein paar Kapazitäten für Laufkundschaft bereit. Sie bot uns einen zentral gelegenen Tisch inmitten des vorfastnachtlich geschmückten „Wohnzimmers“ der Geberts an. Tanzende Harlekins und bunte Narrenkappen kündeten von der fünften Jahreszeit. An der Decke befestigte Farbbänder schwebten girlandenartig über den Dingen.
Doch auch ohne die zurückhaltend arrangierte Fassenachtsdeko hatte der Gastraum einige Hingucker in Sachen ungewöhnlicher Einrichtung zu bieten. Allein die kleinteilig gläsernen Retro-Kristallleuchter, die pompös von der Decke baumelten, sorgten für Aufsehen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Eine mit allen erdenklichen spirituellen Wassern ausstaffierte Anrichte entstammte wohl dem vorigen Jahrhundert. Ein Querspiegel mit breitem Silberrahmen hing raumvergrößernd über einer langen Couch, die mit ihren samtbezogenen Kissen im Schnörkellook den Vintage-Gedanken aufrechterhielt.
Bei den übrigen, sehr bequem gepolsterten Sitzmöbeln regierte die Farbe Violett, die sich auch bei den Vorhängen fortsetzte. Sie passte sowohl zur güldenen Wandtapete als auch zum rustikalen Holzdielenboden ganz prima. In stilvolles Weiß gehüllte Tische, auf Hochglanz polierte Weingläser, kleine Brottellerchen, Zweifachbesteck aus Silber und hübsch gefaltete Stoffservietten zeugten von klassischer Tafelkultur ohne jeglichen Muff. Ein rundum würdiger Rahmen für ein hoffentlich ebenso genussvolles Mahl war gegeben.
Schon beim Aufklappen der Speisenkarte jauchzte ich innerlich vor Freude. Großes Format – kleine Auswahl. Genauso mag ich es am liebsten. Bei den Aperitif-Empfehlungen fiel mir sofort der „Quitten Royal“, ein mit hausgemachtem Quittenlikör aufgefüllter Riesling-Sekt, ins Auge. Nicht die 7,80 Euro für das Gläschen (0,1l), sondern die Aussicht auf einen guten Rotwein zum Essen und die bevorstehende Rückfahrt in die Pfalz verwehrten mir den Trinkspaß vorweg. Klar hätte es auch eine mit Ingwer, Kurkuma und Zimt verfeinerte Quitten-Limonade (0,1 l für 4 Euro) sein können, aber in Anbetracht der überaus verlockend klingenden Vorspeisen, wurde jene schnell überlesen. Stattdessen sollte eine Flasche Gerolsteiner (0,75l für 6,50 Euro) unserem Durst Einhalt gebieten.
In Zitronenpfeffer geräucherter Label-Rouge-Lachs mit frischem Apfelmeerrettich (12,80 Euro), hausgemachte Geflügelterrine mit Quittenchutney (10 Euro) und französische, in Geberts Kräuterbutter gefallene Weinbergschnecken (das halbe Dutzend für 9,50 Euro) ließen mich gedanklich ins benachbarte Elsass abdriften. Klare Entenessenz mit Käsegebäck (7,80 Euro) und Hamburger Krebssüppchen mit Cognac (7,50 Euro) ließen schon den Suppenkasper in mir schlürfen, ehe eine dreigängige Menüempfehlung die à-la-Carte-Träume eines gestandenen Kulinaristen mühelos unter sich begrub.
Zum Preis von 36 Euro hatte Frank Gebert ein appetitlich klingendes Dreigang-Menü zusammengestellt. Es bestand aus der schon erwähnten Geflügelterrine, geschmorten Kalbsbäckchen auf Kartoffelpüree, glaciertem Marktgemüse und sautierten Pilzen sowie einem zartbitteren Schokomousse mit Pommeranzen-Sorbet und frischen Beeren. Selbst die verführerisch klingenden Hauptspeisen, unter denen sich so reizvolle Leib- und Magengerichte wie Züricher Kalbsgeschnetzeltes oder rosa gebratener Rehrücken an Wacholderrahmsauce tummelten, ließen uns nicht von dem Menügedanken abrücken. Zweimal drei Gänge wurden in Auftrag gegeben.
Beim Blick in die großzügige Flaschenweinkarte wurde die frühere Bestimmung dieses Anwesens mehr als deutlich in Erinnerung gebracht. Nach Rebsorten bzw. Weinbauregionen sortiert, waren es vor allem die viele Großen Gewächse aus der Riesling-Traube, die für Aufsehen sorgten. Rheinhessen, Rheingau, Mosel, Nahe, Saar und auch die Pfalz bestimmten das mit Bedacht zusammengestellte Angebot. Namhafte Pfälzer Winzer wie der Laumersheimer Philipp Kuhn oder Friedrich Becker aus Schweigen durften da nicht fehlen. Aber auch ein paar rote Trouvaillen aus dem Burgund und dem Rhônetal waren vertreten.
Mehr wie ein Viertel sollte es an diesem Tag allerdings nicht werden. Die Entscheidung fiel auf die saftig-fruchtige Rotweincuvée „Villa Bürklin“ vom Weingut Dr. Bürklin-Wolf aus Wachenheim an der Weinstraße. Das aus den Rebsorten Spätburgunder, Dornfelder und Sangiovese (!) verschnittene Trinkvergnügen zeichnete sich durch eine zugängliche Struktur und einen kraftvollen Körper aus. Die 8,50 Euro für den leckeren Roten aus der heimischen Pfalz waren definitiv gut angelegt.
Langsam füllte sich der Gastraum. Geschäftsleute, eine Gruppe von Pensionären, die anscheinend etwas zu feiern hatten und juvenile Mittvierziger bevölkerten die gute Stube der Geberts. Doch bevor das andächtige Schweigen der Schlemmer so richtig einsetzte, grüßte die Küche mit frischem Baguette und Gänseschmalz. Mit etwas Salz und Pfeffer verfeinert ein durchaus wohlschmeckender Appetitanreger, der als kulinarische Vorhut getarnt dem ersten Hunger trotzig die fettige Stirn bot.
Den ersten Gang hätte ich so auch in einem gehobenen Elsässer Landgasthof erwartet. Zwei veritable Scheiben von der hausgemachten Geflügelterrine wurden von einem schön sauer angemachten Salatbouquet und einem à part im Schälchen gereichten Quittenchutney kongenial begleitet. Die würzige Terrine, die von einem weißen Speckrand umgeben war, hatte zwischen der pürierten Grundmasse viele Fleischstücke zu bieten. Zu den obligatorischen Pistazien gesellten sich noch eingeweichte Rosinen und rosa Pfefferkörner. Säure und Frische kam vom herzhaften Salattürmchen. Für ausgleichende Süße sorgte das geleeartige Quittenchutney. Besser hätte man die deftige Geflügelpaté nicht einrahmen können. Einziger kleiner Schwachpunkt war die Portionsgröße. Als Vorspeise eines dreigängigen Menüs hätte sie meiner Meinung nach etwas schmaler ausfallen dürfen. Ansonsten war das vom Geschmack ein sehr überzeugender Auftakt.
Maître Geberts unverkennbarer Hang zu ambitionierter Hausmutterküche im Sonntagskleid kam spätestens bei den geschmorten Kalbsbäckchen voll zum Tragen. „So und nicht anders müssen die gemacht werden!“ hätte der Bäckchen-Fachmann unseres Wörther Schlemmerclubs über die herrlich mürben Fleischhügel geurteilt. Langfaserig und kollagenhaltig präsentierte sich das saftige Schmorfleisch, das auf einem fein abgeschmeckten, dicken Klacks Kartoffelpüree thronte und von knackigem Wurzelgemüse begleitet wurde. Höhepunkt dieser Gaumenorgie war jedoch der dunkle Beiguss zu den beiden prächtigen Schmorbacken. Die beeindruckend tiefgründige Jus verriet den Aufwand und das Können, das in Frank Geberts Zubereitungen steckt. Und das ganz ohne kraftmeierische Attitüde, sondern mit sicherer Hand beim Ansetzen und Abschmecken. Süßlich-herbe Röstaromen ließen auf eine erfolgreiche Maillard-Reaktion schließen, die ein kräftiger Rotwein beim Ablöschvorgang zur richtigen Zeit unterband. So einen ehrlich gekochten, aromatisch-dichten Soßenfond hätte selbst der legendäre Haynaer Saucengott Karl-Emil Kuntz nicht besser hinbekommen. Großes Kompliment, das wir auch gegenüber der jungen Servicekraft äußerten und das bis in Frank Geberts Küche drang.
Dieser ließ sich nicht lumpen und schickte eine Extraladung des betörend leckeren Elixiers an unseren Tisch. Bis auf den letzten Tropfen leerten wir die silberne Sauciere und hätte es die gute Erziehung nicht verboten, ich hätte sie sogar vor Ort noch ausgeschleckt.
Auch hier war das einzige kleine Manko die Größe der Portion. Ein Bäckchen hätte locker gereicht, zumal auch das Pürée kein Kind von Spärlichkeit war. Sei es drum. Wir schafften den Hauptgang gerade so und wollten schon den Dessertverzicht signalisieren, da beschlich uns dann doch die Lust auf einen süßen Abschluss.
Der wurde uns nach angenehmer Wartezeit in Form zweier fluffiger Nocken Schokomousse, ein paar aufrechten Waldbeeren sowie einer Kugel vom säuerlich-frischen Pommeranzen-Sorbet serviert. Auf dem mit Schoko-Nuss-Lackierung versehenen, länglichen Porzellan steuerten rote Fruchttupfer und gelbe Mangowürfel weitere Farb- und Geschmacksakzente bei. Irgendwie passte der Teller farblich zur Fastnachtsdeko, so mein erster Eindruck. Damit es zwischen den Zähnen auch ein wenig kracht, fungierte eine Mandelhippe als Knuspersegel zwischen den beiden weichen Schokokissen. Dieser süß-herben Versuchung konnte selbst das fortgeschrittene Stadium der Sättigung wenig anhaben. Nur die durch den Pacojet gejagte Pommeranzenkugel war mir schlichtweg zu sauer.
Pappsatt und hochzufrieden machten wir uns wieder auf den Heimweg in Richtung Pfalz. Die nicht minder enthusiastische Rezension von GG-Kollege Nolux aus dem Jahr 2014 habe ich erst nach meinem Besuch bei den Geberts gelesen. Seine Empfehlung teile ich zu 100 Prozent. Essen, Service, Ambiente und PLV passen hier einfach. Seiner Schreibe nach zu urteilen dürfte der werte Herr Nolux immer noch von seiner Perlhuhnbrust mit Mandelbällchen träumen. Die würde ich dort auch nicht ausschlagen.
Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche... mehr lesen
5.0 stars -
"Gesamtkostwerk: Gemütlichkeit! - Altbekannte Mainzer Wohlfühladresse, die sich kulinarisch zwischen Ambition und Tradition bewegt und das mit Erfolg" marcO74Es ist Freitagmittag, ein paar Tage vor dem närrischen Höhepunkt der „Meenzer Fassenacht“ und nach einem Routinebesuch in der Uni-Klinik war uns nach einem leckeren Mittagsmahl zumute. Die große Ruhe vor dem Rosenmontagsumzug ließ unsere Landeshauptstadt fast schon idyllisch wirken. Beim Spaziergang entlang des Rheins konsultierte ich den roten Onkel, der online unter dem Webnamen „viamichelin“ firmiert.
Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche
Geschrieben am 06.04.2019 2019-04-06| Aktualisiert am
06.04.2019
Besucht am 26.03.2019Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 17 EUR
Schon dreimal war ich in den letzten Wochen bei Jochen. Was wie ein platter Treppenwitz klingt, ist jedoch genau so passiert. Und zwar in der Eggensteiner Straße 11 im Karlsruher Stadtteil Knielingen. Ehrlich gesagt bin ich vorher einige Male an dem nicht gerade einladend wirkenden Thai-Lokal vorbeigefahren ohne davon groß Notiz zu nehmen. Mit „Bonjour, Tristesse!“ würde ein von mir sehr geschätzter GG-Schreiberling die in die Jahre gekommene Fassade treffend analysieren. Aber die kulinarische Neugier siegte über das eher schmucklose Äußere des Restaurants und so war ich Ende Januar zum ersten Mal zu Gast bei „Thai-Jochen“ und seiner thailändischen Frau Emely, um ein paar ihrer Spezialitäten auszuprobieren.
Keine Ahnung, wie lange der Laden schon existiert. Jochen hat es mir bestimmt erzählt, aber das menschliche Gedächtnis verdrängt auch gerne mal was. Nicht so leicht zu verdrängen ist das etwas in die Jahre gekommene Erscheinungsbild des Gebäudes, in dessen Parterre sich der Asia-Schuppen befindet. Die großen Schaufenster deuten auf eine frühere Nutzung als Verkaufsladen hin. Die hohe Fensterfront erhellt zweifellos den Raum, aber bei entsprechend intensivem Sonnenschein kann es leicht passieren, dass man als Gast mit dem Gargrad seiner Grillente auf dem Teller gleichzieht. Vielleicht würden ja ein paar Jalousien oder Vorhänge Abhilfe schaffen.
Ein ungewöhnlicher Mix aus altem Wirtshausmobiliar – entweder vom Vorgänger übernommen oder im Internet ersteigert – und Devotionalien aus Fernost erwartet den Gast beim Eintritt in das nicht besonders gemütlich wirkende Innere des Lokals. Dunkle, abgewetzte Fliesen, leidlich bequeme Polsterstühle, weißgestrichene Wände, mit Bambusmatten verkleidete Säulen und von der Decke baumelnde, bedruckte Asia-Schirme aus Bambus und Reispapier fielen mir ins Auge. Der Thekenbereich erinnerte an vergangene Kneipentage. Der frühere König Chulalongkorn, den sie auch Rama den Großen nannten, grüßte über der Eingangstür. In der Summe wirkte das Interieur recht behelfsmäßig zusammengestellt. Vielleicht tut sich da ja noch etwas in den kommenden Monaten bzw. Jahren.
Die Speisenkarte kam laminiert und in doppelseitig bedrucktem DIN-A3-Format an den Tisch. Ein Dutzend Vorspeisen, wovon die Hälfte aus der Suppenschüssel zu löffeln war, ein paar Salate, zehn verschiedene Wok-Gerichte bzw. Curries, Bratreis und Bratnudeln in diversen Ausführungen sowie fünfmal Fisch und fünfmal Vegetarisches stand da gelistet. Bei vielen Speisen konnte man – wie man es beim Asiaten gewohnt ist – die Fleisch- bzw. Fischeinlage wählen. Zwischen knuspriger Ente und gebratenem Huhn lag eine Preisspanne von 3 Euro.
Natürlich gab es die meisten Hauptgerichte auch in der Schweinefleisch-, Rindfleisch- oder der Garnelenversion. Preislich bewegte man sich zwischen 8 und 11 Euro, lediglich bei den Fischgerichten lag man mit 12,50 Euro (Pangasius) und 16,50 Euro (Tilapia) etwas höher. Aber letztere kommen für mich eh nicht in Frage, da die genannten Zuchtfische aus den Asia-Aquakulturen weder gut schmecken, noch besonders gesundheitsfördernd anmuten. „Da kann ich mir ja gleich ein paar Fetzen Küchenrolle einweichen, panieren und in die Pfanne schmeißen!“ sagte einmal ein overhypter deutscher TV-Koch auf die Frage, was er denn von Pangasius-Filet halte. Ich bin zwar selten seiner Meinung, aber hier stimme ich ihm absolut zu.
Die Personaldecke des kleinen Familienbetriebs ist überschaubar. Jochen schmeißt den Service und liefert Essen aus, seine Frau steht am Herd und auch seine Tochter hilft in der Küche. Die geht leider etwas zu Lasten der Sauberkeit im Gastraum. So dauerte es eine ganze Weile bis das Geschirr vom Nebentisch abgeräumt wurde. Bei meinem letzten Besuch Ende März musste ich das verschmutzte Tischset meines Voressers austauschen. Das darf bzw. sollte eigentlich nicht passieren, egal wie viel Manpower zur Verfügung steht.
Den Durst zur Mittagszeit löschte eine Flasche Teinacher Mineralwasser für sehr faire 3,50 Euro. Da das 0,2l-Fläschchen mit 2,30 Euro das Budget belastet hätte, investierte ich gerne in die Dreiviertelliterklasse. Als Vorspeisen genoss ich bisher die frittierten Wan-Tan (3,50 Euro) sowie eine kleine Tom Yam Gung, also eine Tom Yam Suppe mit Garneleneinlage (3,90 Euro). Die sechs knusprigen Teigtaschen wurden im Frittierkörbchen mit typisch süßer Thai-Chilisauce serviert. Sie gerieten nicht zu fettig und erfüllten ihre Aufgabe als Appetizer redlich. Vielleicht hätte die recht sparsame Füllung etwas saftiger ausfallen können, aber das ist auf hohem Niveau geklagt.
Die traditionelle Thaisuppe namens Tom Yam wusste mit pikanter Säure zu gefallen. Sie duftete herrlich nach Zitronengras und die Chilipaste befeuerte den Gaumen. Die Garnelen gingen in der nach Gemüse und Galgant schmeckenden Brühe im wahrsten Sinne des Wortes unter. Aber TK-Ware zieht gegenüber frischen Produkten meistens den Kürzeren. Als eiweißliefernde, eher geschmacksneutrale Einlage taten sie ja auch nicht weh. Was mir immer wieder bei Thaisuppen und -soßen auffällt: je weiter man sich dem Suppen- bzw. Soßenboden nähert, desto schärfer wird die Angelegenheit. Die Gravität der Gewürze eben.
Bei einem Besuch traute ich mich an Emily’s Spezial-Vorspeisenteller für zwei Personen (12,90 Euro), der mir den Hauptgang ersetzte. Das reichbestückte Frittierwerk bestand aus drei Frühlingsrollen, vier Wan-Tans, vier in Backteig versteckten Garnelen, drei stattlichen Hühnerspießen und einer Portion frittiertem Schweinefleisch, das vorher mit Sesam mariniert wurde. Letzteres muss dem Küchenteam spontan eingefallen sein, da ich die auf der Karte genannten Schweinefleischbällchen vergeblich suchte. Die in herzförmigen Schälchen dazu gereichten Saucen gab es in den Ausführungen „süß-sauer“, „scharf“ und „Erdnuss“. Auf dem Teller reich an Gaben war so ziemlich alles Fett, was glänzte.
Über die Wan-Tans habe ich mich ja schon ausgelassen. Sie gehörten zusammen mit den Frühlingsrollen zu den crunchigen Highlights des Fritteusen-Potpourris. Besonders die Rollen haben ein Lob verdient. Innen schön fluffig und mit Hackfleisch bzw. China-Gemüse gefüllt, waren es drei formidable Vertreter der Gattung „Pho pia“ und allem Anschein nach auch selbstgemacht. Die Putenspieße wurden vorher mit Erdnusssauce bestrichen. Sie waren schön knusprig, fielen aber - was das Fleisch betraf - etwas zu trocken aus. Zum Dippen ok, zum Pur-Essen etwas zu staubig.
Die in Backteig gehüllten Garnelen waren eindeutig zu fettig. Hier wäre der nicht ganz so saugfähige Tempurateig eine Alternative gewesen. Über das totfrittierte Schweinefleisch lege ich besser den Mantel des Schweigens. Nur so viel dazu: es schmeckte eher bescheiden und hatte bei seinem Bad im Fett-Jacuzzi sämtliche fleischliche Textur eingebüßt. In einer Blindverkostung hätte ich irgendwo zwischen Soja-Chips und Beef Jerky eingecheckt.
Über die beiden anderen Hauptgerichte, die ich mir hier schon einverleibte, kann ich wesentlich Positiveres berichten. Das „Panaeng Gai“ (Hühner-Curry, 7,80 Euro) zeichnete sich durch eine eher milde Schärfe und eine von der Kaffir-Limette herrührende Frische aus. Man hatte nicht mit der Zugabe von Kokosmilch gespart und so mutete das in einer ovalen Schüssel servierte Thai-Gericht eher wie ein mit reichlich Einlage versehener Asia-Suppeneintopf an. Grüne Bohnen und rote Paprika brachten mit als Rot-Grün-Schwachen fast zur Verzweiflung. Um der üppigen Menge an Sauce Herr zu werden, musste ich sogar noch eine kleine Portion Reis nachordern, die kulanterweise nicht berechnet wurde.
Ein ähnliches Bild bei dem mit „Ped Pad Gra Pau“ betitelten Wokgericht, das mit knusprig gegrillter Ente – die lässt Jochen ganz brutal global aus Thailand „einfliegen“ – on Top daherkam. Hier verhalf herzhaft duftendes Thai-Basilikum der auf Soja-Basis geköchelten Sauce zu mehr aromatischer Tiefe. Bambussprossen, Zwiebeln, Bohnen und Paprika schwammen in der Umami-Brühe, der wohl mit ein wenig MNG geschmacklich auf die Sprünge geholfen wurde. Ein leichtes Bitzeln auf der Zunge entlarvte das Quäntchen E621 im Abgang. Das Fleisch der Ente fiel zwar recht saftig aus, tendierte aber nach kurzer Nachgarzeit ins Gummiartige, wie man das häufig bei Asia-Ware feststellt. Sicherlich nicht das nachhaltigste Geflügelgericht meines Lebens, aber für 10,80 Euro auf jeden Fall preiswerter als der sonst über das Szechuan-Gemüse gelegte Gummiadler beim Otto-Banal-Chinesen.
Klar kommt es in erster Linie auf das an, was auf dem Teller liegt bzw. in der Schale schwimmt, aber mit einem angenehmeren äußeren Erscheinungsbild würde das Knielinger Thai-Lokal sicherlich auch am Mittag mehr Gäste anlocken. Dennoch ist das „Emily’s“ eine sättigende und auch preisgünstige Alternative zu den bereits rezensierten Läden in der Umgebung. Wer keine MNG-Intoleranz hat, Frittiertes gut verträgt und das Saucenbad dem Saucenspiegel vorzieht, der ist in der Eggensteiner Straße 11 gut aufgehoben. Und manchmal reicht das ja auch.
Schon dreimal war ich in den letzten Wochen bei Jochen. Was wie ein platter Treppenwitz klingt, ist jedoch genau so passiert. Und zwar in der Eggensteiner Straße 11 im Karlsruher Stadtteil Knielingen. Ehrlich gesagt bin ich vorher einige Male an dem nicht gerade einladend wirkenden Thai-Lokal vorbeigefahren ohne davon groß Notiz zu nehmen. Mit „Bonjour, Tristesse!“ würde ein von mir sehr geschätzter GG-Schreiberling die in die Jahre gekommene Fassade treffend analysieren. Aber die kulinarische Neugier siegte über das eher schmucklose... mehr lesen
Emily's Thai Spezialitäten
Emily's Thai Spezialitäten€-€€€Restaurant0721 86486901Eggensteiner Str. 11, 76187 Karlsruhe
3.0 stars -
"Karlsruher Mittagstisch – Teil 5: Wer sich nicht vom äußeren Erscheinungsbild abschrecken lässt, kann sich hier großzügig portionierte Thai-Gerichte schmecken lassen" marcO74Schon dreimal war ich in den letzten Wochen bei Jochen. Was wie ein platter Treppenwitz klingt, ist jedoch genau so passiert. Und zwar in der Eggensteiner Straße 11 im Karlsruher Stadtteil Knielingen. Ehrlich gesagt bin ich vorher einige Male an dem nicht gerade einladend wirkenden Thai-Lokal vorbeigefahren ohne davon groß Notiz zu nehmen. Mit „Bonjour, Tristesse!“ würde ein von mir sehr geschätzter GG-Schreiberling die in die Jahre gekommene Fassade treffend analysieren. Aber die kulinarische Neugier siegte über das eher schmucklose
Besucht am 30.01.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 89 EUR
Ende Januar kam es zu einem spontanen Abendessen mit dem Kollegen Daueresser. Die Idee, das im Mannheimer Stadtteil Lindenhof beheimatete Restaurant „Hans Walter“ einmal gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, stammte natürlich von ihm. Der Mannheimer Foodscout, der erst kürzlich mit der Collini-Medaille in Silber ausgezeichnet wurde, schwärmte in den höchsten Tönen nach einem dort genossenen Mittagstisch. Der ungewöhnliche Name des Lokals ließ zunächst nicht auf deutsch-französisch inspirierte Landküche schließen. Doch soll man ein Buch ja nicht nach seinem Umschlag beurteilen und so erlebten wir einen überraschend genussvollen Abend, der uns in unverkrampft lässiger Atmosphäre die ehrlich gekochte Bistroküche von Florian Haas bescherte. Kollege Daueresser hat vor ein paar Wochen einen höchst amüsanten Bericht dazu vorgelegt. Hier nun die „Nachlese“…
Seit September 2017 führt Haas dieses kleine Fleckchen „Savoir vivre“ in der Quadratestadt. Dabei besann er sich bei der Namensfindung auf seine kulinarischen Wurzeln. Sein Großvater Hans war Bäckermeister und leidenschaftlicher Anhänger einer klassisch deutschen Küche, während sein weltoffener Opa Walter in Frankreich kochen gelernt und lange an der badisch-elsässischen Grenze als Küchenmeister gearbeitet hatte. Und so stehen heute die Namen Hans und Walter sinnbildlich für den deutsch-französischen Küchenmix des Bistros an der Meerfeldstraße.
Schon von außen hieß uns die gemütliche Beleuchtung des Restaurants durch seine hohe Fensterfront wärmstens willkommen. Der geschmackvoll eingerichtete Gastraum hatte mächtig viel französisches Flair zu bieten. Das etwas rustikal wirkende Bistromobiliar kam dabei ganz locker ohne Tischdecken aus. Dafür glänzten uns polierte Weingläser von zünftigen Tischplatten aus Naturholz entgegen. Die dunklen Wände und die auf dem Fliesenboden ausliegenden Teppiche sorgten zusätzlich für stimmungsvolle Behaglichkeit.
In die Decke eingelassene Strahler, dezente Wandleuchten und ein paar freihängende Retro-Lampen zeichneten sich für die angenehmen Lichtverhältnisse verantwortlich. Flackerndes Kerzenlicht drang aus gläsernen Windlichtern, gedämpfte Klaviermusik trug zur akustischen Entspannung bei. Wäre da nicht das Restaurantlogo mit den beiden urdeutschen Namen gewesen, wir hätten die männliche Servicekraft glatt mit einem freundlichen „Bonsoir“ begrüßt.
Der Schriftzug „Straße des Handwerks“ leuchtete nicht zufällig über dem Eingang zur Küche, denn für den Pfälzer Küchenchef Florian Haas hat Hausgemachtes oberste Priorität. Der gelernte Koch und Konditor, der vorher im Mannheimer Sternerestaurant Marly gearbeitet hat, zeigte uns schon auf der Schiefertafel mit den Empfehlungen, wie er die deutsch-französische Freundschaft kulinarisch aufzuarbeiten gedachte.
Rinderkraftbrühe (6,90 Euro), Tête de Veau (Kalbskopf) mit Meerrettich-Vinaigrette (9,90 Euro), Kalbsrahmbraten mit Spätzle (21,90 Euro) und Moules Frites (18,70 Euro) standen da in Kreide einträchtig untereinander geschrieben. Für Süßmäuler wartete Mousse au chocolat mit diversen Sorbets (9,90 Euro) sowie das beschwipste Hefekuchendessert namens Baba au Rhum (8,20 Euro).
Auch die Speiseauswahl von der Standardkarte suggerierte franko-germanische Gutbürgerlichkeit. Deftiges aus der heimischen Fleischküche, wie das panierte Schnitzel „Wiener Art“ (14,80 Euro) oder die Rinderroulade à la Opa Walter (17,90 Euro), wechselte sich mit klassischer französischer Hausmannskost ab. Gebackene Boudin noir mit Apfel-Zwiebel-Sauce und Kartoffelpüree (17,80 Euro), Kabeljau auf Rahmkraut (21,90 Euro), Coq au vin „classique“ vom Schwarzfederhuhn (16,70 Euro) sowie das mit Café-de-Paris-Butter und selbstgemachten Fritten servierte Entrecôte (26,90 Euro) durften da natürlich nicht fehlen.
Das Drei-Gang-Menü, bestehend aus einem halben Dutzend Weinbergschnecken in Knoblauch-Gewürzbutter, Schweinemedaillons in Champignonrahmsauce sowie ein paar Kugeln Sorbet kam gerade mal auf 28 Euro. Preislich bewegte man sich bei den Hauptgerichten meist zwischen 15 und 20, bei den Vorspeisen knapp über oder unter 10 Euro.
Für den Männerdurst hatte man sogar ein Helles Augustiner vom Fass (0,5l für 5,10 Euro) auf Lager. Außerdem standen zwei preisgünstige Hausweine vom Weingut Pflüger aus Bad Dürkheim sowie acht verschiedene Weine im offenen Ausschank zur Verfügung. Flaschenweine außer der Reihe gab es wahrscheinlich auf Anfrage, so meine Vermutung.
Doch der Mannheimer Weizenbiertrinker präferierte eine Erdinger Urweisse aus der Halbliterflasche für sportliche 5,10 Euro. Meine Entscheidung fiel zunächst auf einen trockenen Roten aus dem Languedoc von Hecht & Bannier (8,90 Euro für 0,2l). Später gesellte sich noch ein etwas flacherer Côte du Rhône namens „Quatre Cépages“ (7,20 Euro für 0,2l) von Laudun Chusclan Vignerons dazu. Bei den Getränkepreisen ging es also schon wesentlich städtischer zu. Die 0,75l-Flasche Mineralwasser der Marke Selters lag bei gerade noch akzeptablen 5,50 Euro.
Die Rebsorten Carignan und Syrah sorgten bei der ersten, recht vollmundigen Cuvée für kraftvolle Eleganz im Glas. Kräftig ging es auch bei unseren Vorspeisen zu. Meine Rinderkraftbrühe (6,90 Euro) punktete mit üppigem Fleischgeschmack, angenehmer Säure und fluffigen Markklößchen, die vielleicht eine Spur zu sehr nach Knochenmark schmeckten. Spätestens bei den Pfälzer Tapas „neuinterpretiert“ lagen wir jedoch goldrichtig. Hier präsentierte uns Florian Haas Pfälzer Leibspeisen im Kleinformat. Das Material dafür stammte von seinem Hausmetzger aus Mutterstadt. Die Hausmacher Leberwurst hatte Format. Er rollte sie zu einer von krossem Zwiebelcrunch ummantelten Praline. Diese schmierten wir auf das hausgebackene Graubrot, das in seiner Tüte aus Butterbrotpapier an alte Schultage erinnerte.
Fein abgeschmeckt war auch das Häufchen Weinsauerkraut, auf dem ein angebratener Mini-Saumagen thronte. Die Blutwurst packte Haas in eine kross frittierte Wan-Tan-Hülle, während er das mit Essig-Öl angemachte Schwartenmagen-Carpaccio mit Kapern, getrockneten Tomaten, gereiftem Parmesan und Oliven in Richtung Mittelmeer verschob. Die jeweils 8,20 Euro waren für das komplette, vierteilige Tapas-Sortiment sehr gut angelegt.
Bei unseren beiden Hauptgängen gaben wir den deutschen Hausmannskostklassikern den Vorzug. Die mürbe geschmorte, nach Hausfrauenart mit Gurke gefüllte Rinderroulade (17,90 Euro) kam als stattliche Portion mit selbstgemachten Eierspätzle und einer kräftigen Sauce auf den Teller. Separat dazu wurde noch ein Schälchen mit aromatisch duftendem Rotkraut gereicht. Die fluffige Schwabenbeilage wurde kurz vor dem Servieren noch einmal in Butter geschwenkt, was für zusätzlichen Kick am Gaumen sorgte.
Beim Kalbsrahmbraten (21,90 Euro) wurde der ursprünglich geplante Blumenkohlsalat problemlos in einen mit delikatem Kartoffel-Preiselbeer-Dressing angemachten Feldsalat umgewandelt. Auch hier überzeugte die nicht zu helle Rahmsauce auf ganzer Linie. Die beiden beachtlichen Fleischscheiben wiesen eine saftig-mürbe Konsistenz auf. Ihr delikater Kalbsgeschmack erfuhr durch die kräftige Jus kongeniale Unterstützung. Mit deskriptiven Floskeln wie „ehrlich gekocht“ oder „traumhaft“ bis hin zu „sagenhaft geil“ huldigten die beiden Schmortopfenthusiasten dem Soßengott, den sie hier Florian nannten. Zusammen mit den herrlich zarten Butterspätzle war das ein Leib- und Seelengericht im bestbürgerlichen Sinne, welches uns hochzufrieden die Stoffservietten in das leergefutterte Porzellan legen ließ. So geht schmackhafte Hausmannskost mit Anspruch.
Fazit:
Man sollte schon ein geübter Esser sein, denn hungrig geht aus dem „Hans Walter“ keiner raus. Selbst auf das Dessert mussten wir aufgrund der Portionsgrößen verzichten. Service und Ambiente empfanden wir als äußerst angenehm. Die legere Umgebung fand auf den unprätentiös angerichteten Tellern ihre passende Fortsetzung. Ohne viel Chi-Chi, aber mit ganz viel Geschmack bot Florian Haas herzerwärmendes Soulfood, das den französisch-deutschen Brückenschlag stimmig vollzog. Kochlegende Paul Bocuse, der von einem großformatigen Foto in der Küche dem Chefkoch Haas tagtäglich auf die Finger schaut, sagte einmal: „Ein saftiges Bohnenkraut ist besser als ein trockener Hummer!“ Recht hatte er.
Ende Januar kam es zu einem spontanen Abendessen mit dem Kollegen Daueresser. Die Idee, das im Mannheimer Stadtteil Lindenhof beheimatete Restaurant „Hans Walter“ einmal gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, stammte natürlich von ihm. Der Mannheimer Foodscout, der erst kürzlich mit der Collini-Medaille in Silber ausgezeichnet wurde, schwärmte in den höchsten Tönen nach einem dort genossenen Mittagstisch. Der ungewöhnliche Name des Lokals ließ zunächst nicht auf deutsch-französisch inspirierte Landküche schließen. Doch soll man ein Buch ja nicht nach seinem Umschlag... mehr lesen
Restaurant Hans Walter
Restaurant Hans Walter€-€€€Restaurant0621-39184365Meerfeldstr. 81, 68163 Mannheim
4.5 stars -
"Charmantes Mannheimer Bistro, in dem sich deutsch-französisches Soulfood in entspannter Atmosphäre genießen lässt" marcO74Ende Januar kam es zu einem spontanen Abendessen mit dem Kollegen Daueresser. Die Idee, das im Mannheimer Stadtteil Lindenhof beheimatete Restaurant „Hans Walter“ einmal gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, stammte natürlich von ihm. Der Mannheimer Foodscout, der erst kürzlich mit der Collini-Medaille in Silber ausgezeichnet wurde, schwärmte in den höchsten Tönen nach einem dort genossenen Mittagstisch. Der ungewöhnliche Name des Lokals ließ zunächst nicht auf deutsch-französisch inspirierte Landküche schließen. Doch soll man ein Buch ja nicht nach seinem Umschlag
Besucht am 18.01.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 29 EUR
Was eigentlich als dritter Teil der Landauer Burgerinitiative geplant war, wurde zu einem unerwartet orientalischen Abend in der neu gestalteten Clubhausgaststätte, die unter der Leitung von Dirk Buhrmann mit einer Art syrisch-deutschen Integrationsküche für Aufsehen sorgt. Buhrmann betreibt seit August 2018 das Vereinslokal des SV Landau West auf der Wollmesheimer Höhe und hat dem Fußballerschuppen ein neues Konzept verpasst. Selbst jahrelang in der Systemgastronomie tätig, weiß Buhrmann, wie man ein solches Vorhaben organisatorisch auf die Kette kriegt. Und so waren es auch seine Kontakte, die ihm einen syrischen Küchenchef bescherten.
Mit Munzer Almasry, der in seinem Heimatland auch als Konditor tätig war, hat er einen richtig guten Fang gemacht und sein anfängliches auf Burger, Rumpsteak und Fingerfood ausgelegtes Speiseprogramm um arabisch-orientalische Gerichte erweitert. Der unorthodoxe Küchenmix aus Burgern und Baba Ganoush bzw. Rumpsteak und Kabsa (traditionelles arabisches Reisgericht) kommt gut an. In der nicht gerade besonders vielfältigen Landauer Gastroszene stellt der neue „Clubhaus-Syrer“ eine erfreuliche Alternative dar.
Etwas versteckt im Wohngebiet, direkt hinter dem Siedlerheim Wollmesheimer Höhe gelegen, befindet sich das Vereinsheim mit Blick auf den gepflegten Rasenplatz des SV Landau West. Ein paar Stufen geht es hoch und man steht auf der hübsch angelegten Außenterrasse, auf der sich lauschige Sommerabende sicher ganz vortrefflich genießen lassen. Selbst von draußen dürfte man das Treiben auf der mächtigen Großbildleinwand im Inneren des Lokals ohne weiteres beobachten können. Denn eines wurde mir schon beim Betreten der Clubhausgaststätte klar: hier kommen die „skylosen“ Fußballfans voll auf ihre Kosten.
Als wir an jenem Freitagabend zum ersten Mal „beim Dirk“ aufschlugen, war nicht ganz so viel los wie beim letzten Champions-League-Spiel der Bayern. Der Beamer an der Decke strahlte eher in sich gekehrt im „Off-Modus“. Das neuwertige Mobiliar in hellem Holzton atmete keineswegs den Muff in die Jahre gekommener Vereinslokale. Hier wurde ordentlich renoviert, was nicht nur das dunkle Holzlaminat des Bodens suggerierte. Ein gepflegter Thekenbereich (ganz wichtig für die durstigen Kicker!), gerahmte Fußballnostalgie an den Wänden, ein paar grüne Topfpflanzentupfer und eine für meinen Geschmack etwas zu helle Deckenbeleuchtung prägten das propere Ambiente des großzügigen Gastraumes.
Je nachdem wie viel gerade los ist, teilen sich Munzer und Dirk die Arbeit in der Küche. Ein paar junge Aushilfen haben dann im Service alle Hände voll zu tun. Dem jungen Mädel, das uns an jenem Abend bediente, machte die Arbeit sichtlich Freude. Die Speisenauswahl ist auf ein Klemmbrett geheftet. Auf rotes Papier wurde das Essen, auf blaues das Getränkeangebot kopiert. Auf den ersten beiden Seiten ging es orientalisch zu. Mit Mutabbal (Auberginenpüree), Baba Ghanoush (Auberginen-/Sesamdip) und Hummus wurden drei mit dem Pürierstab hergestellte Mezze-Klassiker auf einem Teller als „Starter-Mix“ (4,50 Euro) angeboten. Falafel wurde als Burger (6,50 Euro), im Sandwich (4 Euro) oder als Spezialteller mit frittierter Aubergine, Salat, Joghurtsauce, Hummus und Baba Ghanoush (10,50 Euro) angeboten.
Kabsa (arabisches Reisgericht mit Hähnchenfleisch), Makluba-Reistopf mit Hackfleisch und Aubergine sowie der Bombay Teller, auf dem Pulled Chicken von einer Curry-Ananas-Sauce und orientalischem Reis begleitet wird, komplettieren den kulinarischen Ausflug in den Nahen Osten. Das 250 Gramm schwere Rumpsteak kommt mit kleinem Salat, Zwiebelconfit und frischem Meerrettich (oder Kräuterbutter) auf den Teller. Zusammen mit den an frittierte Bratkartoffeln erinnernden Pommes Chips (noch mit Haut) belief sich das fleischgewordene Gutbürgerstück auf faire 17,50 Euro. Ein wenig Fingerfood vom Hühnerbein bzw. -flügel sowie acht verschiedene Burgervarianten ergänzten das vielfältige Speiseprogramm, das sicher nicht nur bei hungrigen Sportlern Anklang findet.
Auch bei den Getränkepreisen wird erstaunlich gastfreundlich kalkuliert. Das Flens fließt für 4 Euro vom Fass ins 0,4l-Glas, die Flasche Mineralwasser schlägt mit gerade mal 2,50 Euro zu Buche. Der Verzicht auf Coca-Cola und Co. wurde mit diversen Erfrischungsgetränken der Marke „Fritz“ kompensiert. Aber auch hier bleibt man preislich auf dem Boden. Über die 2,50 Euro für das 0,33l-Fläschchen kann man nicht meckern. Das von mir favorisierte Helle von der Schlossbrauerei Maxlrain entpuppte sich als süffiger Gerstensaft aus dem schönen Oberbayern und wurde mit 3,40 Euro (0,5l-Flasche) berechnet.
Uns war ganz nach orientalischer Kost zumute, weshalb wir uns für den bereits erwähnten Starter-Mix als Vorspeise, gefolgt von einem Falafel-Teller (7 Euro) und einem Falafel-Burger entschieden. Die Schale Pommes (3 Euro) zum Teilen durfte natürlich nicht fehlen. In die pürierten Mezze-Dips tunkten wir dünnes Fladenbrot, dem es leider ein wenig an Frische mangelte. Das war nicht weiter tragisch, schmeckten doch alle drei Orientpürees hervorragend. Der Hummus bestach durch seine aromatische Kreuzkümmelnote und hatte durch den wohldosierten Einsatz von Zitronensaft genügend Frische im Repertoire. Das aus Aubergine und Sesampaste zubereitete Baba Ghanoush stand ihm geschmacklich in nichts nach. Genau wie das fruchtig-rauchige Auberginenpüree namens Mutabbal kam es mit Granatapfelkernen getoppt und mit etwas Olivenöl beträufelt auf den länglichen Teller. Alle drei Mezze-Dips waren sehr fein abgeschmeckt und stimmten uns gut auf die bald folgenden Hauptspeisen ein. Und das zu einem sagenhaften Preis-Genuss-Verhältnis.
Ähnlich lobend muss ich mich über meine fünf kross frittierten Kichererbsen-Bällchen äußern. Zusammen mit einer leichten Knoblauchsauce (in einer Extraschale), einem säuerlich angemachten Salätchen sowie ein wenig Fladenbrot war das ein äußerst herzhafter und gut sättigender Teller. Die gekonnt gewürzten Orientkroketten waren im Inneren noch leicht fluffig und dufteten herrlich nahöstlich nach Kreuzkümmel, Koriander und Co. Zugegeben: ich kann mich wirklich nicht erinnern, jemals bessere Falafel gegessen zu haben. Geschmacklich waren die üblicherweise im Wrap oder im Fladenbrot servierten Frittierkugeln aus dem Land der lachenden Hülsenfrucht ihren Artverwandten aus dem Döner- bzw. Imbissladen meilenweit voraus. Der Fall war klar: Herr Munzer Almasry hatte anscheinend so richtig einen an der Falafel und das richtige Händchen, wenn es ums Würzen der selbigen ging. Meine Verlobte sah das nach dem Genuss ihres Falafel-Burgers übrigens ganz genauso.
Bei den Pommes tippte ich zuerst auf selbstgemachte Ware, was jedoch Dirk Buhrmann grinsend verneinte. Verblüfft über die tolle Qualität dieses Convenience-Produkts dippte ich die krossen „Kartoffelschiffchen“ in das Schälchen mit der Knobi-Sauce und musste zugeben, dass Fertigfritten auf solchem Niveau den Selbstgeschnitzten bzw. -gestanzten nicht nur Konkurrenz machen, sondern diese sogar noch übertrumpfen.
Als süßen Abschluss gab es noch ein wenig Grießgebäck mit Dattelfüllung aufs Haus. Bei den in der arabischen Küche als Ma’amoul bezeichneten Keksen zeigte Munzner Almasry, dass er auch sein Konditorhandwerk nicht verlernt hatte. Das mürbe – und vor allem nicht zu süße Gebäck mit Degustationshintergrund verhieß Dattelglück im gemusterten Grießmäntelchen und schmeckte einfach himmlisch.
Bei einem Folgebesuch, als ich den Niedergang der bayrischen Fußballelite gegen die wie be“klopp“t aufspielende Mannschaft aus Liverpool live miterlebte, ließ ich mir meinen Avocado-Burger mit eben jenen Luxusfritten zu einem bieraufsaugenden Abendmahl pimpen. Meine Kumpels taten sich währenddessen am Falafel Teller Spezial mit Grillauberginen und drei verschiedenen Dips (10,50 Euro) gütlich. Wie sich später herausstellen sollte, blieben der famose Burgerteller und die prächtigen Frittierbälle die einzigen Lichtblicke an diesem tristen Fußballabend.
Nun, Championsleague-Spiele werden mich in der nächsten Zeit sicher nicht mehr zu meinem neuen Lieblingsdiner auf der Wollmesheimer Höhe führen. Wohl aber die handwerklich sauber gekochte und äußerst schmackhaft zubereitete Orientküche des „Clubhaus-Syrers“. Der freundliche Gastgeber macht hier jedenfalls eine ganze Menge richtig und das scheint sich herumzusprechen.
Was eigentlich als dritter Teil der Landauer Burgerinitiative geplant war, wurde zu einem unerwartet orientalischen Abend in der neu gestalteten Clubhausgaststätte, die unter der Leitung von Dirk Buhrmann mit einer Art syrisch-deutschen Integrationsküche für Aufsehen sorgt. Buhrmann betreibt seit August 2018 das Vereinslokal des SV Landau West auf der Wollmesheimer Höhe und hat dem Fußballerschuppen ein neues Konzept verpasst. Selbst jahrelang in der Systemgastronomie tätig, weiß Buhrmann, wie man ein solches Vorhaben organisatorisch auf die Kette kriegt. Und so waren... mehr lesen
Dirk's Diner
Dirk's Diner€-€€€Restaurant, Vereinsheim0634131961Barbarossastraße 16, 76829 Landau in der Pfalz
4.0 stars -
"Großartige Falafel bei Landaus neuem „Clubhaus-Syrer“" marcO74Was eigentlich als dritter Teil der Landauer Burgerinitiative geplant war, wurde zu einem unerwartet orientalischen Abend in der neu gestalteten Clubhausgaststätte, die unter der Leitung von Dirk Buhrmann mit einer Art syrisch-deutschen Integrationsküche für Aufsehen sorgt. Buhrmann betreibt seit August 2018 das Vereinslokal des SV Landau West auf der Wollmesheimer Höhe und hat dem Fußballerschuppen ein neues Konzept verpasst. Selbst jahrelang in der Systemgastronomie tätig, weiß Buhrmann, wie man ein solches Vorhaben organisatorisch auf die Kette kriegt. Und so waren
Besucht am 05.01.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 31 EUR
Buletten-Bastion Landau die Zweite. Wo früher der gemeine Passant kurz mal eben einen verschämten Blick durch die meist offenen Fenster der berühmt berüchtigten Landauer Eckkneipe „Nomadas“ riskierte, geht es heute viel entspannter zu. Statt Dauerberauchung und lauter Rockmusik werden hier seit Mai 2018 in entspannter Atmosphäre saftige Burgerkreationen auf die Bambusteller gebracht. Schuld für diesen radikalen Kurswechsel in Sachen gastronomischer Gebäudenutzung sind Julius Kimmle und Mathias Kühn.
Julius Kimmle stammt aus einer der ältesten Kellereien der Pfalz, dem in Kapellen-Drusweiler ansässigen Weingut Julius Kimmle mit angeschlossener Vinothek, das vor ca. 140 Jahren von seinem gleichnamigen Opa gegründet wurde. Die Idee, neue Pfade abseits vom Weinbau zu beschreiten, reifte in ihm schon länger. Zusammen mit seinem Buletten-Buddy Mathias Kühn wagte er im letzten Jahr den Schritt in die Selbstständigkeit. Kühn, der schon längere Zeit in der Gastro tätig war und vorher im Landauer Spezialitätenladen und Restaurant „Oel de Vie“ hinter Tresen bzw. Herd stand, schmeißt jetzt den Laden am Untertorplatz, während sein Partner im Hintergrund die Orgafäden zieht.
Und das Konzept mit hochwertigen Homemade-Burgern scheint aufzugehen. Bei unseren beiden Besuchen im Januar war gut was los in der modern eingerichteten Landauer Burger-Butze. Zu späterer Stunde, als der große Andrang vorüber war, nahm sich „Burgermeister“ Kühn ein wenig Zeit, um über sein Frisch-Frikadellen-Projekt mit uns zu plaudern. Der sympathische Endzwanziger verriet uns, dass das täglich frisch gewolfte Rindfleisch vom Bergzaberner Qualitätsschlachter Kieffer stammt. Die Buns bekäme man von der regional bekannten Bäckerei Becker („De‘ Bäcker Becker“) aus Edesheim geliefert.
Sein Team besteht aus etwa 10 jungen Leuten (darunter viele Studenten), die in Wechselschicht die Patties grillen und die Fritten lobenswerter Weise gleich zweimal brutzeln lassen. Denn „ohne Fries kein Preis“ wie schon der Kartoffelkönig McCain aus Kanada wusste. Mit den Kollegen von der benachbarten Bengels Bar (jaja am Untertorplatz tut sich was…) veranstaltet man gemeinsame Events und baut medienwirksam auf monatliche Votings, um neue Spezial-Burger ins Programm aufzunehmen. Zur Zeit unseres Besuches war es ein Camembert-Preiselbeer-Burger mit Salat, Kräuterschinken und Birnen-Preiselbeersauce, den sie für 9 Euro im Laugen-Bun servierten.
Aber auch das Standardprogramm kann sich sehen lassen. Unter den Namen „Classic“, „Cheese“, „BBQ Bacon“, „Chili Cheese“, „Ziegenkäse“, „Landau“, „Parma“ und „Avocado“ firmieren acht verschiedene Varianten, die alle eine Gemeinsamkeit besitzen: ein medium gebratenes, 150 Gramm schweres Beef-Patty. Bei der Landau-Version (8,50 Euro) gesellt sich beispielsweise gegrillte Blutwurst, karamellisierte Zwiebel, Sauerkraut, Gewürzgurke, Salat und Senfsoße dazu. Das alles wird zwischen zwei Laugen-Brioche-Hälften gepackt und heraus kommt ein deftiger Pfalz-Burger, der den Namen seiner Herkunftsstadt nicht zufällig trägt.
Vegane Vegetarier und vegetarisch eingestellte Veganer bekommen selbstverständlich auch ein Veggie-Patty aus schwarzer Bohnenmasse, Leinsamen, Cashew-Kernen und getrockneten Tomaten ins Bun geklemmt. Preislich rangieren die Bagage-Burger zwischen 7 und 10 Euro. Die zweimal frittierten, aber nicht selbst gemachten Kartoffelstäbchen kosten 2,80 Euro extra. Wenn sie von der Süßkartoffel stammen, werden 3,20 Euro berechnet. Die Pommes-Preise sind human. Teilt man sich wie wir eine Portion von den mit Jalapeños und hausgemachtem Chili con Carne getoppten „Chili-Cheese-Fritten“ (6 Euro), muss man sich schon mächtig ins Zeug legen, um den Teller leer zu bekommen.
Bei den Getränken hat man ein paar bekannte Flaschenbiere (Astra und Flensburger) sowie das regional gecraftete „Erdmännchen“ vom Landauer Bierprojekt (in der 0,5l-Bügelflasche für 4,40 Euro) am Start. Das naturtrübe, recht süffige Helle gefiel mir durch sein exotisches, leicht fruchtiges Aroma. Als Buletten-Begleiter definitiv keine schlechte Wahl. Wer es eher mit Limo & Co. hält, kann sich an Fritz-Cola, Club-Mate und Konsorten vergreifen. Der angebotene Wein stammt von Heiner Sauer aus Böchingen und dem Familienweingut von Mitinhaber Julius Kimmle. Für Pfälzer wichtig: die Riesling-Schorle liegt bei akzeptablen 4 Euro für den Schoppen.
Vergleicht man den Gastraum mit dem etwas heruntergekommenen Kneipeninterieur vergangener Tage, so wird schnell klar, dass die Landauer Buletten-Bagage beim Renovieren richtig hingelangt hat. Etwas grell erleuchtet wirkte der von freihängenden, nackten Glühbirnen beschienene Gastraum, so mein Ersteindruck beim Eintritt ins Innere des Burger-Bistros. Man bestellt vorne an der Theke (wo man auch gleich bezahlt), nimmt sich die Getränke aus dem daneben platzierten Kühlschrank (die passenden Gläser findet man rechts davon im Regal) und wartet auf originellen, aber leidlich bequemen Bistrostühlen aus Metall auf sein Essen. Abstellfläche bieten die mit derber Holzplatte ausgestatteten Säulen-Tische mehr als genug.
Im Hintergrund läuft unaufgeregte Lounge-Mucke - vielleicht eine Spur zu laut aufgedreht. Der Gemütlichkeitsfaktor hält sich in Grenzen. Es wurde anscheinend mehr Wert auf eine zeitgemäß funktionale Einrichtung gelegt. Würden noch ein paar mehr Bilder das strahlende Weiß der Wände überdecken, könnte man mit den passenden Strahlern auf einige der Glühbirnen verzichten. Es würde der Atmosphäre des Raumes sicher nicht schaden.
Neben der etwas zu mächtigen Portion Chili-Cheese-Fritten hatten wir beim letzten Mal den mit karamellisierten Zwiebeln verfeinerten BBQ-Bacon-Burger (8,70 Euro) sowie den aus Parmaschinken, Mozzarella, Tomaten, Rucola, Limetten-Mayo und Tomatenpesto bestehenden Parma-Burger (9 Euro) geordert. Nach ein wenig Wartezeit – Gutes will ja bekanntlich Weile haben – bekamen wir die perfekt medium gebratenen Craft-Buletten an den Tisch gebracht. Geschmacklich war an ihnen rein gar nichts auszusetzen. Saftiges Fleisch traf auf ein fluffiges, innen leicht angeröstetes Brioche-Bun. Dazwischen jede Menge gute Zutaten, die für süffigen Schmelz, knackige Frische und angenehme Würze sorgten.
Genau wie beim Chili-Cheese-Burger (8,70 Euro), den ich ein paar Wochen vorher genossen hatte, stimmte auch beim BBQ-Bacon das Fleisch-Belag-Verhältnis. Die selbstgemachten Saucen hatten genug Pep, um die Arrangements zwischen den Buns geschmacklich einzubinden. Wenn ich sie mit dem ein paar Wochen vorher probierten Bio-Burger der Marke „Rohr“ (siehe Landauer Burgerinitiative Teil 1) vergleiche, so haben mir die Prachtexemplare im Bagage sogar noch etwas besser gemundet. Irgendwie saftiger und mit etwas mehr Wumms am Gaumen präsentierten sich die mit Bravour gegrillten „Gutburger“. Wobei natürlich die selbstgemachten Pommes bei Pascal Rohr um eine knappe Kartoffelstäbchenlänge besser ausfielen.
Aber wie uns Mathias Kühn verriet, will man in naher Zukunft auch wieder selbstgemachte Fritten anbieten. Wir sind gespannt, wie sich die neue Pommes-Offensive auswirkt und freuen uns jetzt schon auf den Frühling im Bagage, da seit Anfang dieses Monats der saisonale, mit Bärlauchpesto, Radieschen und Baby-Spinat verfeinerte Bärlauch-Burger auf dem Speiseplan steht. Ein Grund mehr, dort mal wieder aufzuschlagen.
Buletten-Bastion Landau die Zweite. Wo früher der gemeine Passant kurz mal eben einen verschämten Blick durch die meist offenen Fenster der berühmt berüchtigten Landauer Eckkneipe „Nomadas“ riskierte, geht es heute viel entspannter zu. Statt Dauerberauchung und lauter Rockmusik werden hier seit Mai 2018 in entspannter Atmosphäre saftige Burgerkreationen auf die Bambusteller gebracht. Schuld für diesen radikalen Kurswechsel in Sachen gastronomischer Gebäudenutzung sind Julius Kimmle und Mathias Kühn.
Julius Kimmle stammt aus einer der ältesten Kellereien der Pfalz, dem in Kapellen-Drusweiler... mehr lesen
Bagage
Bagage€-€€€Restaurant063415496844Königstr. 2, 76829 Landau in der Pfalz
4.0 stars -
"Landauer Burgerinitiative Teil 2: Junger Buletten-Betrieb in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Eckkneipe, der mit saftigen Argumenten und guter Stimmung im „Gepäck“ ein überwiegend junges Publikum anspricht" marcO74Buletten-Bastion Landau die Zweite. Wo früher der gemeine Passant kurz mal eben einen verschämten Blick durch die meist offenen Fenster der berühmt berüchtigten Landauer Eckkneipe „Nomadas“ riskierte, geht es heute viel entspannter zu. Statt Dauerberauchung und lauter Rockmusik werden hier seit Mai 2018 in entspannter Atmosphäre saftige Burgerkreationen auf die Bambusteller gebracht. Schuld für diesen radikalen Kurswechsel in Sachen gastronomischer Gebäudenutzung sind Julius Kimmle und Mathias Kühn.
Julius Kimmle stammt aus einer der ältesten Kellereien der Pfalz, dem in Kapellen-Drusweiler
Geschrieben am 04.03.2019 2019-03-04| Aktualisiert am
04.03.2019
Besucht am 03.01.2019Besuchszeit: Mittagessen
Der Hunger zur Mittagszeit hat mich in den letzten Wochen wieder öfter über den Rhein geschickt. Der Lunchgelegenheiten gibt es in der gegenüberliegenden Fächerstadt viele. Von Wörth aus gelangt man am schnellsten in den westlichsten Stadtteil Knielingen. Die dortigen Mittagsadressen (Fischerhaus, Schuhs, Mediterran) habe ich weitgehend abgegrast und hier auf GG dokumentiert. Das war vor gut einem Jahr. Doch auch die Karlsruhe Gastrolandschaft zeigt sich lebendig und so war ich seit Beginn dieses Jahres schon viermal Gast im Fashion Asia Grill, einem Anfang Mai 2018 neu eröffneten Partnerlokal des Karlsruher Vorzeigejapaners Kaiseki.
Mitten im schmucklosen, von Industrie und Gewerbe dominierten Stadtteil Daxlanden befindet sich dieses vom Namen her nicht besonders originell betitelte Asia-Lokal. Äußerlich hebt sich das unscheinbare Eckhaus nicht von der in die Jahre gekommenen Wohnsiedlung ab, in der man es kaum vermuten würde. Wären da nicht die großformatigen Banner, die neben dem Logo auch gleich ein paar Gerichte zur Schau stellen, würde man glatt daran vorbeifahren. Zudem erlaubt seine Abseitslage kein zufälliges Vorbeikommen. Hier muss man sich als Liebhaber fernöstlicher Köstlichkeiten schon gezielt auf den Weg machen. Und dieser lohnt sich, so viel kann ich schon einmal vorwegschicken.
Der chinesische Küchenchef Hong Lang Wang, der auch die kulinarischen Geschicke des Kaiseki in der Innenstadt leitet, zeichnet sich für die Kreationen verantwortlich und pendelt deshalb zwischen den beiden Standorten hin und her. Wang ist ein Koch mit viel Erfahrung, hat schon in diversen Nobelschuppen und gehobenen Hotelküchen rund um den Erdball gewirkt (u.a. im katalanischen Drei-Sterne-Tempel „El Celler de Can Roca“) und kennt sich mit verschiedenen asiatischen Küchenstilen bestens aus. Seine Idee, ein komplett neues, innovatives Konzept in Sachen Asia-Food in Karlsruhe zu verankern, erläuterte er mir bei einem netten Plausch.
Laut Wang wird im Fashion Asia Grill komplett auf Geschmacksverstärker verzichtet und viel Wert auf Zutatenfrische und -qualität gelegt. Außerdem kann man – ganz nach koreanischer Tradition – die Speisen am Tisch selbst zubereiten. Dazu hat man zwei Möglichkeiten: entweder grillt man die Zutaten direkt am Tisch oder schmeißt sie in den asiatischen Feuertopf (Sukiyaki), wo sie vor sich hin köcheln. Egal für was man sich entscheidet, der gesellige Aspekt der Nahrungsaufnahme wird dadurch noch gefördert. Fondue- und Raclettefans wissen wovon ich rede.
Die abendliche Auswahl ist vielfältig. Mariniertes Roastbeef, Lammkoteletts, Schweinebauch, Rippchen oder Hühnerschenkel bieten unterschiedlichste Grillmöglichkeiten am Tisch. Wem der Geschmackssinn eher nach Fisch und Meeresfrüchten steht, hat die Wahl zwischen Riesengarnelen, Tintenfisch, Butterfisch und Jakobsmuscheln. Veggies mit Tischgrillambition dürfen sich auf Süßkartoffeln in Knoblauchöl und Sesammarinade freuen. Oder sie entscheiden sich für den asiatischen Feuertopf mit Kimchi, Gemüse und Tofu. Auch Asia-Gourmands, die auf gebratene Nudeln, Reispfannen und Omeletts stehen, werden hier fündig. Die Preise oszillieren dabei zwischen 10 und 15 Euro. Lediglich die Sukiyaki-Varianten liegen da etwas drüber.
Mittags sind diese außergewöhnlichen Zubereitungen am Tisch nur auf Vorbestellung möglich, was mich bisher noch nicht in den Genuss hat kommen lassen. Das Mittagsmenü beschränkt sich auf zwölf verschiedene Gerichte, die immer gleichzeitig mit Miso-Suppe, Krautsalat, zwei Mandus (Korea-Dumplings) und einem kleinen Nachtisch serviert werden. Ein Drittel des Mittagsangebots, das sich preislich zwischen 8 und 15 Euro bewegt, habe ich mir in den letzten zwei Monaten einverleibt und war stets sehr zufrieden. Auch wenn ich das Schälchen Krautsalat regelmäßig zurückgehen ließ, da dieser so gar nicht nach meinem Geschmack ist.
Stets freundlich und gut aufgelegt präsentiert sich der Service im Fashion Asia Grill. Mit der Leiterin, Frau Lee, die mich mittlerweile als Stammgast ansieht, kommt man leicht ins Gespräch. Bereitwillig gibt sie Auskunft über die verwendeten Zutaten, die stattliche Sake-Sammlung in der Glasvitrine und das hier vornehmlich verkehrende Publikum, das sich an asiatischen „Heimatabenden“ über das Erscheinen deutscher Gäste schon mal wundert.
Asiaten essen bekanntlich gerne und lange. Die Möglichkeit sich aus einem Topf oder einer Gemeinschaftsplatte am Tisch zu bedienen und sich dabei nach Herzenslust kommunikativ austauschen zu können, scheinen die meisten Besucher aus Fernost sichtlich zu genießen. Entsprechendes ließ sich bei meinen Besuchen am Mittag beobachten.
Bei der Einrichtung des Lokals hat man auf China-Kitsch weitgehend verzichtet. Stattdessen dominieren klare Linien und eckige Formen. Da baumeln auch gerne mal futuristisch erscheinende Lampenschirmquader von der Decke. Alle Tische sind in der Mitte mit einem Gasgrill ausgestattet. Man sitzt auf ansprechend designten, sehr bequem gepolsterten Stühlen mit Kunstlederüberzug oder auf sofa-artigen Wandbänken mit angenehm weicher, ebenfalls mit Lederimitat überzogener Rückenlehne. Sitzt man in der Nähe des von grellen LEDs und roten Kunstblumen recht eigenwillig gestalteten Thekenbereichs, fällt der Blick zwangsläufig auf die von der Decke baumelnden Plastikfische, die der risikofreudige Innenarchitekt als eigenartiges Fisch-Mobile installiert hat. Nun, den hier einkehrenden Asiaten scheint es zu gefallen.
Hinter zwei Schiebetüren (Shoji) wartet ein weiterer Gastraum, der einem traditionellen Tatami-Zimmer nachempfunden wurde. Auf die dämmenden Matten aus Reisstroh hat man zwar verzichtet, dennoch kann man es sich auf dem Boden bequem machen, da entsprechende Sitzkissen bereit liegen. Nur vier in den Holzboden eingelassene Tische (alle mit integriertem Grill) beherbergt dieses gemütliche Séparée. Durch die Absenkung im Bereich der Tische finden auch Gäste ohne Hang zur Seiza-Sitzhaltung genügend Platz, um ihre Beine baumeln zu lassen. Ein paar Paravents komplettieren das traditionelle Japan-Feeling beim Essen.
Apropos Essen: als ich Anfang Januar das erste Mal hier aufschlug, entschied ich mich für das gebratene Rindfleisch auf Reis und Gemüse (11,90 Euro), das in einer Steinschale serviert wurde. Am Tisch wurde mir erklärt, dass man die hausgemachte, pastöse Chili-Sauce mit dem heißen Inhalt der Schale zu vermengen hatte. Mit dem Spiegelei on top und den Shitake-Pilzen war meine erste Reis-Bowl eine vollmundige Umami-Bombe von angenehmer Schärfe. Das Gemüse hatte noch leichten Biss, während das in Streifen geschnittene Rindfleisch eine feine Würze beisteuerte. Da wurde wohl vorher fachmännisch mariniert. Insgesamt war das von der Menge her eine völlig ausreichende Portion, die kein Glutamat-Bitzeln auf der Zunge provozierte. Auf ein eindimensionales, auf Soja basierendes Aromenkonstrukt, das bei so manchem Otto-Normal-Chinesen als gustatorisches Hintergrundrauschen zu verzeichnen ist, wurde hier lobenswerter Weise verzichtet. Stattdessen punktete das Reisgericht mit einem gut ausbalancierten Zusammenspiel von Würze, Frische und Säure. Mein Vater, der mir an jenem Tag Gesellschaft leistete, lobte ebenfalls sein gebratenes Rindfleisch, das seinen Weg aus dem Wok mit reichlich Gemüse- und Glasnudelassistenz antrat. Auch er war sichtlich begeistert von seinem ersten Gaumenerlebnis im Fashin Asia Grill.
Bei meiner zweiten Einkehr hatte ich einen meiner Kollegen im Schlepptau. Während er sich nach meinem Ratschlag für das gebratene Rindfleisch auf Reis und Gemüse entschied, wählte ich die Variante mit den zylinderförmigen koreanischen Reiskeksen (Tteok), die auf den ersten Blick wie unausgehöhlte, dicke Penne-Nudeln wirkten. Die Gochujang-Chili-Sauce kam in ausreichender Menge und europäisch gezügelter Schärfe in die Metallschüssel. Im Zusammenspiel mit Sojabohnen, Frühlingszwiebeln und Sesam ergab sich daraus ein äußerst schmackhaftes Tteokbokki, das in der koreanischen Küche ein beliebtes Streetfoodgericht darstellt. Die 12,90 Euro waren definitiv gut angelegt. Zumal auch die dazu gereichten Mandus einen köstlichen Appetizer abgaben.
Gerade hatte ich in puncto Korea-Food Kimchi gelegt, zog es mich bei meiner dritten Einkehr ins kulinarische Japan. Diesmal tauschte ich die Miso-Suppe nicht gegen eine Gemüse- oder Fleischbrühe ein, sondern setzte mich schlürfend mit dem Sojapasten-Aufguss auseinander. Nur vom Krautsalat ließ ich nach wie vor die Finger. Als Hauptgericht befand sich ein in Streifen geschnittenes Tonkatsu (paniertes Schweineschnitzel) in der Schale meines Vertrauens. Eine mit frittierten Karotten und Kartoffeln versehene Currysoße sorgte für den süffigen Unterbau. Eine ordentliche Handvoll Duftreis komplettierte das knusprig-pikante Asia-Schnitzelerlebnis. Für 10,90 Euro (inklusive dem bereits erwähnten „Begleitmaterial“) war das ein äußerst fair kalkulierter Mittagstisch.
Die letzte Einkehr erfolgte dann zusammen mit meiner Herzensdame. Wir waren auf dem Heimweg vom Winterurlaub aus Österreich und trafen nach gut vierstündiger Fahrt zur Mittagszeit in Daxlanden ein. An zwei Tischen schmurgelten asiatische Gäste ihre marinierten Grilladen um die Wette. Sie ließen sich ihre selbstgegrillten Speisen sichtlich schmecken. Für den Durst sollte es diesmal ein hausgemachter Zitronengras-Tee mit Minze und Honig sein (0,5 l für 4,30 Euro). Genau wie der etwas übersüßte, normale Eistee (gleicher Preis), den ich ein paar Wochen zuvor mit Mineralwasser strecken ließ, wurde auch er im Einmachglas mit Deckel und Strohhalm serviert.
Die Getränkepreise fallen im Fashion Asia Grill (im Gegensatz zu den Speisen) schon etwas höher aus. Das hatte ich schon bei meinen vorherigen Stippvisiten festgestellt. 3,30 Euro für einen halben Liter Gerolsteiner Mineralwasser finde ich schon etwas happig. Das naturtrübe Bier aus dem Schwarzwald namens „Waldhaus ohne Filter“ (0,5 l) schlug mit sportlichen 4,10 Euro zu Buche. In Kombination mit den preisgünstigen Mittagsmenüs passte allerdings das Gesamtpaket, das für eine Person nie die 20-Euro-Grenze sprengte.
Auch mit meiner vierten Lunchschüssel war ich sehr zufrieden. Das gebratene Rindfleisch (12,80 Euro) wurde mit Udon-Nudeln kombiniert. Pak Choi, Sprossen, und Frühlingszwiebeln sorgten für vegetabile Frische, während geröstete Sesamkörner nussig-aromatische Akzente beisteuerten. Auch meine Begleiterin staunte, als sie das mit vier kleineren Schüsseln und einer großen Schale bestückte Tablett vor sich stehen sah. In ihrer rein vegetarischen Bowl lagen verschiedene Sorten Gemüse, die alle im Kimchi-Stil fermentiert, also vorher zusammen mit bestimmten Gewürzen eingelegt waren, auf einer soliden Reisbasis. Die Chili-Sauce kam in einer Extraschüssel und musste untergehoben werden. Ein paar Stücke Tofu (paniert und frittiert) lagen als kleine texturelle Zugabe obenauf. Ihr mundete auch der begleitende Krautsalat richtig gut. Ganz zu schweigen von der Miso-Suppe und den Mandus. Mit gerade einmal 7,90 Euro fürs komplette Menü kann selbst der sparsamste Vegetarier nicht meckern.
Die erfreulichen Gaumenerlebnisse zur Mittagszeit haben mein Interesse an einem abendlichen Asia-Topf oder einem Tischgrillevent geweckt. Ich gehe davon aus, dass wir demnächst auch mal mit Freunden das Abendprogramm austesten werden. Zum Lunch kann ich das mittlerweile auch beim Guide Michelin gelistete Asia-Lokal (siehe www.viamichelin.de) nur wärmstens empfehlen.
Der Hunger zur Mittagszeit hat mich in den letzten Wochen wieder öfter über den Rhein geschickt. Der Lunchgelegenheiten gibt es in der gegenüberliegenden Fächerstadt viele. Von Wörth aus gelangt man am schnellsten in den westlichsten Stadtteil Knielingen. Die dortigen Mittagsadressen (Fischerhaus, Schuhs, Mediterran) habe ich weitgehend abgegrast und hier auf GG dokumentiert. Das war vor gut einem Jahr. Doch auch die Karlsruhe Gastrolandschaft zeigt sich lebendig und so war ich seit Beginn dieses Jahres schon viermal Gast im Fashion Asia... mehr lesen
Fashion Asia Grill Restaurant
Fashion Asia Grill Restaurant€-€€€Restaurant072156876715Daxlander Str. 125, 76185 Karlsruhe
4.5 stars -
"Karlsruher Mittagstisch – Teil 4: Abwechslungsreiche, koreanisch-japanische Fusionsküche, die mich mittlerweile regelmäßig nach Daxlanden führt" marcO74Der Hunger zur Mittagszeit hat mich in den letzten Wochen wieder öfter über den Rhein geschickt. Der Lunchgelegenheiten gibt es in der gegenüberliegenden Fächerstadt viele. Von Wörth aus gelangt man am schnellsten in den westlichsten Stadtteil Knielingen. Die dortigen Mittagsadressen (Fischerhaus, Schuhs, Mediterran) habe ich weitgehend abgegrast und hier auf GG dokumentiert. Das war vor gut einem Jahr. Doch auch die Karlsruhe Gastrolandschaft zeigt sich lebendig und so war ich seit Beginn dieses Jahres schon viermal Gast im Fashion Asia
Besucht am 26.12.2018Besuchszeit: Abendessen 5 Personen
Rechnungsbetrag: 82 EUR
Mit dem Essengehen an Weihnachten ist es ja immer so eine Sache. Nicht selten erliegt man schon vor dem Besuch einer Speisegaststätte der Festtagsvöllerei. Besonders an den Weihnachtsfeiertagen kann die Einkehr im Restaurant schnell zum gastronomischen Pfefferminzblättchen werden. Monty-Python-Fans mit Vorliebe für „den Sinn des Lebens“ wissen wovon ich rede. Nach den Gaumenerlebnissen in Bremerhaven und Worpswede, ließen wir es an den Festtagen etwas entschlackter angehen. Anstatt weihnachtlicher „Fresskapaden“, wurden im Fritz-Piaskowski-Hallenbad (Bremen-Vegesack) ordentlich Bahnen geschwommen. Außerdem sorgten ausgedehnte Deichspaziergänge entlang der Wümme (Oberneuland) für reichlich frische Luft um die Nase.
Liest man sich durch die gängigen Portale, wird das Restaurant Hermes mit Lobeshymnen geradezu überschüttet. Einige wähnen es gar im Olymp griechischer Grillkunst. Doch Vorsicht war geboten. Der eingefleischte Gyrosologe meines Vertrauens (bei GG unter dem Decknamen „Hanseat1957“ bekannt) hatte den Souvlaki-Schuppen gar nicht in seine Hitliste aufgenommen. Ich war ziemlich gespannt, ob es der Laden mit renommierten Pfälzer Kulttavernen (Olympia und Poseidon in Landau oder Sto Castello in Kandel) würde aufnehmen können.
Das Domizil des kulinarischen Götterboten befindet sich in der August-Bebel-Allee. Ein kleiner Spaziergang führte uns quasi „Vahr away“ in den von Sven Regener so stiefmütterlich behandelten, nördlichen Stadtteil. In der Neuen Vahr Nord wohnen auf nicht einmal einem Quadratkilometer ca. 8000 Menschen. Viele Hochhäuser, aber auch viel Grün drumherum zieren hier den wilden Bremer Osten.
Da wunderte es mich auch nicht, dass sich der angesteuerte Hellenentempel von seinem äußeren Erscheinungsbild her als schmucklos-funktionales Anwesen präsentierte. Denn, um es gleich auf den Punkt zu bringen: der weiß überstrichene Klinkerbau mit der Aufschrift „Hermes“ wirkte von außen nicht besonders einladend. Ein paar aufgespannte Sonnenschirme trotzten der kalten Jahreszeit. Ansonsten zeigte sich der Terrassenbereich vorm Lokal verständlicherweise komplett leergefegt. Mit gemischten Gefühlen betrat ich unsere Abendbrotstätte, war dann aber von der Gestaltung des großräumigen Gastraums positiv überrascht.
Wir hatten selbstverständlich reserviert, denn im Hermes kann es anscheinend schon an „normalen“ Tagen recht eng werden. Dementsprechend voll war der Laden gerade an Weihnachten. Unser Tisch, eingerahmt von zwei bequem gepolsterten Sitzbänken, und abgeschirmt von hölzernen Trennelementen aus dunkel gestrichenem Holz, wäre für vier Personen optimal gewesen. Da wir jedoch zu fünft anrückten, musste am Tischende ein zusätzlicher Stuhl Abhilfe schaffen. Dieser befand sich allerdings mitten im Durchgang, der vom Servicepersonal und anderen Gästen häufig frequentiert wurde. Kein besonders komfortabler Platz für den halb auf dem Gang sitzenden Bremer Edelmann. Ein Platzwechsel war von Nöten.
Schön, dass die junge Mannschaft von Edi Lühring, dem Geschäftsführer des Restaurants, an diesem Abend so flexibel war und uns trotz der beengten Situation einen Alternativplatz anbot. Mit unserem neuen, in unmittelbarer Lage zur Theke befindlichen Sitzabteil, waren nun alle zufrieden und wir konnten uns ganz relaxed der Lektüre der Speisenkarten widmen.
Mein Blick schweifte durch das „Unterholz“ der Innenausstattung. Sie erinnerte mich etwas an das im Sommer 2017 besuchte Restaurant Sparta im Ortsteil Lesum, meinem Bremer Favorit in Sachen Gyros, Tzatziki und Co. Denn der Verzicht auf den ganzen Hellas-Kitsch, den man auch heute noch in Form von Wandbemalungen (meist irgendwelche Götter, die in den Bereichen Genuss und Laster promoviert hatten…), Efeuranken (wie oft haben Gäste diese Blätter als Teil ihres Beilagensalats fehlinterpretiert…), Adonis-Figuren (damit Mann bzw. Frau weiß, zu was griechische Kost im Extremfall führen kann…) und Pappmaché-Säulen („alles sooo schön antik eingerichtet hier“…) in so manch einer alteingesessenen Grillfleisch-Spelunke antrifft, ließ den Raum im positiven Sinne „spartanisch“ wirken.
Eigentlich ganz gemütlich hier, so das knappe Fazit, das ich im Kreis der Familie verlauten ließ. Trotz des großen Andrangs, hielt sich die Lautstärke in Inneren erfreulicherweise in Grenzen. Die Idee, den Gastraum mit viel Holzbalken und Trennelementen auszustatten, führte zu einer recht gemütlichen Atmosphäre. Von wegen Präsentierteller – wir fanden es im Schein der von Korbgeflecht umhüllten Hängelampe ganz angenehm, zumal sich der hölzerne Sichtschutz in den Dienst unserer Sitznische stellte.
Weihnachten huldigte man hier in Form einer kleinen Auswahl an Feiertagsempfehlungen. Saganaki (gebackener Schafskäse) mit Honig und Sesam, mit Feta gefüllte Paprika Florinis (gefüllte Spitzpaprika), Entenbrust mit Kartoffelklößen und Rotkohl (jaja, die Deutsch-Hellenen…) sowie eine waschechte Moussaka schafften es auf die Weihnachtskarte, die mit Apfel-Zimt-Pannacotta und der südamerikanischen Süßspeise namens „Tres leches“ noch zwei ganz und gar nicht griechische Desserts parat hatte.
So weit, so ungewöhnlich. Zumindest vom ersten Speiseneindruck her. Das in Klarsichthüllen steckende, in Lederoptik-Hardcover eingebundene Standardrepertoire war auf die üblichen Einlegeblätter gedruckt und las sich da schon eher wie die Auswahl beim Otto-Normal-Hellenen um die Ecke. Gemischte Platten mit allem was der Fleischesser so mag, diverse Gyros-Varianten, ein paar Lammfleischgerichte aus dem Backofen, eine überschaubare Anzahl an Fischtellern und eine stattliche Palette an Mezedes aus dem appetitanregenden Vorspeisenprogramm. Alles preislich recht unauffällig und durchaus mit den Beträgen aus der Pfälzer Provinz vergleichbar.
Eine Flasche vom deutlich überschätzten Mineralwasser der Marke Gerolsteiner belief sich auf recht sportliche 5,50 Euro. Das Köstritzer Kellerbier (0,3 l) floss für 3,20 Euro vom Fass ins Glas, während mein aus Bitburger Pils und Zitronensprudel gemischtes Alster (0,4 l) mit 3,90 Euro zu Buche schlug. „Ein schlechtes Bier macht eben keinen guten Radler!“, sagt man bei uns. Eine Tresenphilosophie, die sich auch dieses Mal wieder bewahrheitete. Ich hatte den Eindruck, dass man bei den Getränkepreisen etwas kräftiger hinlangte als beim Essen.
Vorweg bestellten wir die Peperonipfanne (5,80 Euro) zur Einstimmung. Von der Menge her waren die in Knoblauchöl gebratenen Schoten ideal zum Teilen. Anfänglich vermisste ich etwas die dunklen Röstflecken, die beim Grillen über Holzkohle entstehen. Aber die grünen Paprikagewächse hatten eine derart gut ausbalancierte Schärfe, dass sie über alle Zubereitungszweifel erhaben waren. Auch machte man hier nicht den Fehler, sie unter gebratenen bzw. gegrillten Knoblauchstückchen zu begraben. Ein Auftakt nach Maß, der unsere Freude auf die Hauptgänge noch steigerte.
Die beiden jüngeren Damen am Tisch teilten sich die vegetarische Vorspeisentafel für zwei Personen (16,90 Euro), die zu meiner Verblüffung einen urdeutschen Namen trug. „Paul’s Vorspeisenplatte“ vereinte eine große Auswahl an gefüllten, panierten, frittierten und gebackenen Mezedes. Große weiße Bohnen (Gigantes), panierter Fetakäse (Saganaki), panierte Auberginen und Zucchini, gefüllte Weinblätter, mit Schafskäse und Spinat gefüllte Blätterteigtaschen (Teropetkia) und nochmal zwei Hände voll gebratener Peperoni lagen flankiert von zwei stolzen Hügeln aus Tzatziki und Fetakäsecrème. Dem nicht genug, orderte man noch einen zusätzlichen Teller mit gebratenen Champignons (2,40 Euro) dazu. Die nicht gerade kalorienarme Veggie-Platte war aus meiner Sicht ein klassisches Panadebeispiel für unsinnigen Fleischverzicht beim Griechen. Aber gut, manche essen ja auch beim Italiener Jägerschnitzel. Geschmeckt hat es den beiden Teilzeitvegetarierinnen, auch wenn mir ihre Fettverdauung an diesem Abend Rätsel aufgab.
Neben der fleischlosen Frittierlandschaft wurde ein großer gemischter Salat (7,50 Euro), die Moussaka von der Weihnachtskarte (15,90 Euro) und zur Ehrenrettung des letzten, versprengten Karnivoren am Tisch die Athen-Platte (14,50 Euro) geordert. Bei dieser war ein Krautsalat inklusive. Für einen kleinen Obolus von 0,80 Euro wurde daraus ein kleiner gemischter Beilagensalat. Ein zusätzliches Kännchen Käsesauce (= die obligatorische, erwärmte Fertighollandaise) wurde mit 1 Euro extra berechnet. Auf dem Hauptstadt-Teller befanden sich ein saftiger Souvlaki-Spieß, ein gut gewürztes Hacksteak von schön mürber Konsistenz, ein etwas zu fettig geratenes Lammkotelett (kein Kronenfleisch, schade!) sowie ein frisch vom Drehspieß geschnittener, knuspriger Gyroshügel. Als Beilage hatte ich mich für die Bratkartoffelchips aus der Fritteuse entschieden. Zusammen mit einer ordentlichen Kelle vom hausgemachten Tzatziki war das ein durchaus überzeugendes Argument gegen den späten Weihnachtshunger.
Bis auf das Lammkotelett war das ein sehr gelungener Grillteller, der bzgl. Saftigkeit und Würze nichts zu wünschen übrigließ. Das Fleisch präsentierte sich handwerklich kompetent zubereitet. Marinieren geht ja bekanntlich über Studieren. In der Hermesküche wussten sie anscheinend wie man fachmännisch die Grilladen röstet. Die „Bratkartoffeln“ entpuppten sich als anständige TK-Ware und fielen nicht übermäßig fettig aus. Die griechische Joghurt-Gurken-Pampe schmeckte frisch und nicht übertrieben nach Knoblauch. Auch der Beilagensalat wusste mit frischen Zutaten zu gefallen. Insgesamt erschien mir der Preis für die gebotene Qualität stimmig. Ähnlich zufrieden äußerte man sich am Tisch über den mächtigen Moussaka-Tafelberg, bei dem nicht an Bechamelsauce und Gratinkäse gespart wurde.
Zufrieden und gut gesättigt schickte uns der Götterbote von der Neuen Vahr Nord wieder hinaus in die Bremer Nacht. Der kleine Verdauungsspaziergang tat gut und unterstützte den digestiv wirkenden Ouzo aufs Haus, den wir spendiert bekamen. Schnell waren wir uns einig: eine empfehlenswerte Adresse mehr im Bremer Gastrodschungel und definitiv eine Wiederholungstat wert.
Mit dem Essengehen an Weihnachten ist es ja immer so eine Sache. Nicht selten erliegt man schon vor dem Besuch einer Speisegaststätte der Festtagsvöllerei. Besonders an den Weihnachtsfeiertagen kann die Einkehr im Restaurant schnell zum gastronomischen Pfefferminzblättchen werden. Monty-Python-Fans mit Vorliebe für „den Sinn des Lebens“ wissen wovon ich rede. Nach den Gaumenerlebnissen in Bremerhaven und Worpswede, ließen wir es an den Festtagen etwas entschlackter angehen. Anstatt weihnachtlicher „Fresskapaden“, wurden im Fritz-Piaskowski-Hallenbad (Bremen-Vegesack) ordentlich Bahnen geschwommen. Außerdem sorgten ausgedehnte Deichspaziergänge... mehr lesen
4.5 stars -
"Schmackhafte Hellenenkost beim Götterboten von der Neuen Vahr Nord" marcO74Mit dem Essengehen an Weihnachten ist es ja immer so eine Sache. Nicht selten erliegt man schon vor dem Besuch einer Speisegaststätte der Festtagsvöllerei. Besonders an den Weihnachtsfeiertagen kann die Einkehr im Restaurant schnell zum gastronomischen Pfefferminzblättchen werden. Monty-Python-Fans mit Vorliebe für „den Sinn des Lebens“ wissen wovon ich rede. Nach den Gaumenerlebnissen in Bremerhaven und Worpswede, ließen wir es an den Festtagen etwas entschlackter angehen. Anstatt weihnachtlicher „Fresskapaden“, wurden im Fritz-Piaskowski-Hallenbad (Bremen-Vegesack) ordentlich Bahnen geschwommen. Außerdem sorgten ausgedehnte Deichspaziergänge
Geschrieben am 10.02.2019 2019-02-10| Aktualisiert am
11.02.2019
Besucht am 23.12.2018Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 273 EUR
Gerade hatten wir den vorweihnachtlichen Ausflug (inklusive Grünkohlteller…) nach Worpswede verdaut, stand auch schon der nächste Kulturtrip ins Haus. Und Haus ist da durchaus wörtlich zu nehmen, denn wir statteten dem Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven einen Tag vor Weihnachten einen Besuch ab. Zusammen mit dem Klimahaus und dem Deutschen Schifffahrtsmuseum gehört es zu einer Reihe interessanter Ziele, die sich in der zum Bundesland Bremen gehörenden Exklave ansteuern lassen.
Wie schön, dass unsere beiden Bremer Genusskomplizen an jenem Abend Zeit hatten, um dem kulturellen Input der deutschen Ein- und Auswanderungsgeschichte einen kulinarischen Gegenpart folgen zu lassen. Warum nicht einmal zusammen im altehrwürdigen Fischereihafen-Restaurant der Familie Natusch speisen? Auch Borgi war nach reiflicher Überlegung von dieser Idee halbwegs begeistert und reservierte einen Tisch für vier in diesem Nostalgieschuppen für Fisch-, Schalen- und Krustentierverehrer.
„Das Natusch“, wie die fischbegeisterten Gäste diesen traditionsreichen Familienbetrieb auch nennen, wird seit August 2017 von Kenneth Natusch-van Kesteren und seiner Frau Tanja in dritter Generation geführt. Mitten im Fischereihafen gelegen und gerade mal 200 Meter von den Fischauktionshallen entfernt befindet sich der stattliche Klinkerbau, der uns hübsch angestrahlt und zurückhaltend weihnachtlich dekoriert empfing. Dass man sich hier in erster Linie auf die Zubereitung von Meeresbewohnern konzentriert, duftete einem schon an der Eingangstür entgegen.
Hier ließen wir die urig eingerichtete Fischerstube, deren rustikales Holzinterieur eher an eine hyggelige Hafenkneipe erinnerte, links liegen, um gleich nach rechts in den deutlich edler wirkenden Gastraum, der den maritimen Charme einer Schiffskajüte ausstrahlte, abzubiegen. Unsere Bremer Freunde hatten es sich bereits im hinteren Bereich der stilvoll mit Holz ausgestatteten Stube gemütlich gemacht. Ihr Tisch befand sich in Ecklage, unmittelbar neben dem Eingang zu einem weiteren, etwas kleineren Raum, dem sogenannten Kapitänszimmer „Errol Flynn“. Der Name ist kein Zufall, stammen doch große Teile der originellen Einrichtung aus der Yacht des früheren Schauspielers und Frauenschwarms, der in den 30er bzw. 40er Jahren seine größten Erfolge feierte.
Schon beim Eintritt in das Innere des Restaurants wurde uns regelrecht warm ums Herz, denn der sehr geschmackvoll in Szene gesetzte Raum strahlte genau jene Form kultivierter Gastlichkeit aus, die leckeren Essensduft mit der gedämpften Akustik angeregter Tischgespräche vermischte, um dem eintretenden Gast das Ankommen zu erleichtern. Frei nach dem Motto: „Lass uns mal vor Anker gehen im kulinarischen Heimathafen!“. Zweifelsohne der passende Rahmen, um dem vorweihnachtlichen Trubel für ein paar Stunden zu entfliehen. Und das mit drei hervorragenden Gesprächspartnern am Tisch – was will man eigentlich mehr? Gut, vielleicht noch etwas Leckeres zu essen…
Für eine angenehme Beleuchtung sorgten die dezent in die holzbeplankte Decke eingelassenen Strahler. Warmes Kerzenlicht steuerte zusätzlich auf den cremeweiß eingedeckten Tischen ein wenig romantisches Flackern bei. Mit Weihnachtsdekoration hielt man sich lobenswerter Weise etwas zurück. Man setzte eher auf klassische Eleganz, die sich in Form gefalteter Stoffservietten, silbern glänzender Untersetzer und auf Hochglanz polierter Wein- und Wassergläser auf unserem Tisch widerspiegelte. Pfeffer- und Salzmühle, Brottellerchen und Einfachbesteck komplettierten die damit auch ziemlich vollgepackte Tischfläche.
Der Weinkühler war bereits auf einem schmalen Beistelltisch platziert. Scheinbar ging man davon aus, dass es sich bei den hier Anwesenden um veritable Schluckspechte handelte, beherrschte doch zumindest einer von ihnen den Dialekt der südlichen Weinvölker nahezu fließend. Der andere Bacchus-Verehrer betete sogleich sein übliches „Mosel unser – im Himmel“, was uns zur Strafe eine durchschnittliche Flasche Riesling (2017er Blauschiefer, 27 Euro) von Markus Molitor einbrachte. Aber wer den Gott des Weines eben erzürnt, muss die vinophilen Konsequenzen tragen. Da gab sich dann auch der Pfalzweinenthusiast geschlagen und machte gute Miene zu „bösem“ Säurespiel.
An diesem Abend wurden wir primär von der gleichen Servicedame umsorgt. Nur das Filetieren des Karpfens wurde vom Restaurantleiter persönlich am Tisch erledigt. Unsere hübsche, junge Bedienung machte ihre Sache grundsätzlich gut. Frau Schalinski agierte umsichtig und gab auf Nachfragen bereitwillig Auskunft. Kleinere Schwächen machte sie durch ihr sympathisches Wesen locker wett. Ihren Lapsus mit dem Champagnergläschen (ok, immerhin stolze 9,50 Euro wert), bei dem die Schampusdrossel am Tisch sofort das Fehlen jeglichen Blubbers diagnostizierte, klärte der „Möttfelder“ direkt am Ausschanktresen. Dass er innerlich vor Wut „schäumte“, ist jedoch nur ein Kalauer, den ich mir im Nachhinein zu dieser Situation zusammengereimt habe. Zumindest nach außen hin ließ sich der abgezockte Schaumweinhasardeur wenig anmerken. Ein Profi eben – durch und durch!
Man reichte uns die großformatigen Speisenkarten zum Aufklappen. Das übersichtliche Angebot erstreckte sich auf zwei Seiten und fiel erwartungsgemäß fischlastig aus. Gleich zu Beginn grüßte die Pfälzer Heimat mit drei Weinempfehlungen. Ein Grauburgunder, ein Rosé und ein Merlot gab es als „Natusch-Edition“ von Markus Pfaffmann aus Walsheim, meinem alten Schulkameraden vom Landauer Otto-Hahn-Gymnasium, für faire 24,50 Euro die Flasche.
Bei den Vor- und Hauptspeisen zeichneten sich in erster Linie die Nordsee bzw. der Atlantik für die Herkunft der Zutaten verantwortlich. Keine Frage, mit Oosterschelder Premium Austern, Nordsee-Krabben direkt vom Kutter, Suppe vom bretonischen Hummer oder Kammmuscheln vom Grill hatte man es als Krusten- bzw. Schalentiersympathisant gar nicht so einfach, die richtige Entscheidung bei der Wahl des Entrees zu treffen.
Die Liste an Hauptgerichten beinhaltete siebenmal Fisch, zweimal Fleisch und einmal Vegetarisches. Nordsee-Seezunge, Yellowfin-Thunfisch, Limandesfilet, weißer Heilbutt (Wildfang), Winter-Dorsch und Aischgründer Weihnachtskarpfen sieht man nicht so häufig auf einem Speisezettel stehen. Mit der Keule von der Hafermastgans und dem argentinischen Entrecôte standen immerhin zwei Alternativen für flossenverachtende Karnivoren bereit.
Etwas dürftig war dagegen das fleisch- bzw. fischlose Angebot, das Winter-Blattspinat mit glasierten Möhrchen, Haferwurzeln, Burrata und Grillkartoffeln für stolze 20,50 Euro listete. Gut, für Vegetarier ist das Natusch nicht die erste Adresse, aber ein bisschen mehr Auswahl dürfte es bei dem – auch preislich – etwas gehobeneren Anspruch des Hauses schon sein.
Für 43,50 Euro wurde noch zusätzlich ein Weihnachtsfest-Menü offeriert. Irland-Lachs, Loup de mer und Bratapfeleis klangen in der Summe zwar spannend, überzeugten jedoch an unserem Tisch niemanden so richtig, weshalb wir fröhlich à la Carte wählten.
Das Amuse passte auf einen geschwungenen Häppchenlöffel. Der Küchenkapitän grüßte uns mit einem eher langweilig angemachten Garnelensalat auf Mayo-Basis. Tja, die Eröffnung hätten wir uns wahrlich etwas raffinierter vorgestellt. Schnödes Weiß- und deutlich besseres Mehrkornbrot wurden zusammen mit einem Schälchen Butter gereicht. Die Flasche Mineralwasser kam auf sportliche 5,90 Euro in der Dreiviertelliterflasche. Aber in Bremerhavens erstem Fischlokal am Platz zu speisen hat nun mal seinen Preis, das war uns schon nach der Durchsicht des Speiseangebots klar geworden. Die Frage war nur, ob das Gebotene diesen auch wert sein würde.
Schon die Vorspeisen dämpften ein wenig unsere wahrscheinlich viel zu hohen Erwartungen und hinterließen eher gemischte Gefühle am Tisch. Die Nordsee-Bouillabaisse, die mit einer recht leisen Sauce Rouille und einer ordentlichen Fischeinlage (11,50 Euro) daherkam, konnte noch am meisten überzeugen. Meine etwas profan in einer Tasse servierte Krabbenfischersuppe mit Nockerln vom Winterdorsch (9 Euro) hatte zwar ein zupackendes Krustentieraroma, schmeckte mir aber eine Spur zu streng nach Cognac. Da stimmte das Feintuning beim Abschmecken nicht so ganz.
Die Portion Irland-Lachs aus der Orangen-Meersalzbeize (18,50 Euro) meines Gegenübers fiel derart homöopathisch aus, dass man sie auch locker hätte als Dekoelement auf dem Tellerrand platzieren können. Weniger sparsam war man dagegen bei der Salatbeilage (Baby Leaf, Zuckerhut, Rapunzel). Der eigentliche Protagonist, der qualitativ bemerkenswerte Lachs, wurde dadurch zum Nebendarsteller degradiert. Diese fehlproportionierte Vorspeise war ihren ambitionierten Preis definitiv nicht wert, so die einhellige Meinung am Tisch.
Ob nun die Nordsee-Krabben wirklich direkt vom Kutter kamen, hätte wohl nicht einmal Errol Flynn herausgeschmeckt. Die Dame, die mir schräg gegenübersaß, genoss sie zusammen mit einer Cocktail-Crème und einer Vinaigrette-Sauce. Für ein taugliches Krabben-Foto saß sie leider zu weit entfernt, aber das, was sich da für knapp 20 Euro auf ihrem Teller befand, war weder besonders ansprechend angerichtet, noch finessenreich zubereitet. Auch bei dieser Vorspeise stimmten Anspruch und Wirklichkeit genauso wenig wie Preis und Leistung.
Vielleicht würden es ja die Zwischengänge richten. Den Kammmuscheln vom Grill konnten weder Borgi noch ich widerstehen. Drei perfekt glasig gebratene Exemplare verteilten sich auf dem hübsch arrangierten Teller. Für farbliche Grundierung sorgte eine leider viel zu säurearme Rote-Bete-Beurre blanc. Der in Zylinderform gebrachte Winter-Blattspinat hatte zudem jeglichen Biss verloren. Die ebenfalls recht mürbe gedämpfte Kerbelwurzel und das ins Massige tendierende Pastinakenpüree hinterließen in der Summe einen durchwachsenen Gesamteindruck. Sicherlich hatte man sich bei der Zusammenstellung der Komponenten des Muschelgerichts seine Gedanken gemacht. Auch war der Großteil der Zutaten handwerklich solide zubereitet. Aber es fehlte die zündende Geschmacksidee, die den gustatorischen Funken auf unsere Gaumen hätte überspringen lassen.
Danach gab es erst einmal was zu schauen. Der blaue Weihnachtskarpfen (22,50 Euro) hatte seinen Aufenthalt im Riesling-Dampfbad sichtlich gut überstanden und lag von ein wenig Wurzelgemüse-Chiffonade bedeckt auf einem großen Metallblech, auf dem er sogleich vom Restaurantleiter fachgerecht filetiert wurde. Nach der Lektion in Sachen Fischzerlegung lagen zwei supersaftige, kompetent zubereitete Karpfenfilets auf dem Teller. Aufgrund seines manchmal leicht modrig-muffig schmeckenden Fischfleisches hat der Karpfen mittlerweile ein echtes Image-Problem, was ihn von vielen Speisenkarten verbannt hat. Hier gelang er jedoch ausgezeichnet und fiel vom Geschmack her leicht nussig-erdig aus. Passend dazu wurden Sahne-Meerrettich, geschmolzene Butter und Salzkartoffeln als klassische Beigaben gereicht. Die junge Dame neben mir schien mit ihrem Hauptgang vollends zufrieden zu sein.
Auch an den in der Pfanne gebratenen Filets von der echten Limande bzw. Rotzunge (27,50 Euro) gab es wenig auszusetzen. Mit Tomatenwürfeln und Lauchzwiebeln verfeinerte Nordsee-Krabben verliehen dem Plattfisch eine frische Note. Die à part gereichte Sauce Béarnaise stellte sich dabei genauso in den Dienst der Sättigung wie die noch leicht bissfesten Salzkartoffeln.
Das kapitale Filet vom weißen Heilbutt (29,50 Euro), welches sich der nette ältere Herr gegenüber von mir gönnte, kam leider in der gleichen, geschmacklich unspektakulären Serienausstattung auf den Teller wie die als Zwischengang servierten Kammmuscheln. Vielleicht hätte da die Küche eine alternative, leicht abgewandelte Garnitur anbieten können. Sie tat es nicht und was für meinen Genusskumpan noch viel schwerer wog, war die Tatsache, dass sein Fischfilet wohl einen Tick zu lange unter dem Salamander weilte und deshalb etwas zu trocken ausfiel.
Mein im Tataki-Stil, auf beiden Seiten nur leicht angebratenes Yellowfin-Thunfischsteak (26,50 Euro) lag vor geronnenem Protein (Albumin) strotzend auf einem Häuflein Wokgemüse. So weit, so unprätentiös angerichtet. Das laut Speisenkarte in Sashimi-Qualität dargebotene Thunfischfilet sah deshalb auch nicht besonders schön aus. Die weiße Schmotze hätte man ja mit ein wenig Küchenpapier nachträglich noch entfernen können. Oder man hätte den Fisch – wie das die Profis tun – kurz vor dem Anbraten in ein Salzbad gelegt. Das trennt bekanntlich die Muskelfasern an der Oberfläche und das Albumin wird nicht abgesondert. Doch das war nicht der einzige Kritikpunkt bei meinem Hauptgang. Zwei stattliche Nocken Sellerie-Haselnuss-Püree hätten von ihrer Süße her jedem Nachtisch zur Ehre gereicht. Auf dem leicht asiatisch angehauchten Fischteller erschienen sie mir jedoch mehr als deplatziert. Der klebrigen Masse nicht genug, befand sich auch noch ein Schälchen Quittenchutney inmitten des Ensembles. Dagegen konnte sich dann auch die fein abgeschmeckte Curry-Ingwersauce geschmacklich kaum durchsetzen. Schade, denn von der Idee her war das ein durchaus nachvollziehbares Gericht, das hier als Opfer der Zuckerdose klebrig gegen die Wand gefahren wurde.
Das nahm mir dann auch die Lust auf einen süßen Abschluss. Der Rest des Tisches durchstreifte munter per Dessertvariation (10,50 Euro) die Natusch-Patisserie und erfreute sich an aromatischem Christstollen-Eisparfait, saftig-süßen Glühweinkirschen, marinierten Datteln, cremigem Rahmeis von der Bourbon-Vanille sowie fluffiger Spekulatiusmousse an Clementinenkompott. Das kalorienreiche Weihnachtsdessert begeisterte besonders den „Süßen Fan“ am Tisch. Borgis aus Mango, Blaubeere und Mandarine bestehende Sorbet-Trilogie (7,50) wollte dagegen nicht so recht zünden.
Das Fazit habe ich ja eigentlich schon in die Überschrift gepackt. Im Natusch gibt man sich traditionell und klassisch gutbürgerlich. Mit internationalen Akzenten geht man hier zwar sparsam um, verschließt sich aber modernen Einflüssen nicht. Das mag vielleicht für manche Gäste etwas zu gewollt wirken. Die hohe Produktqualität beim Fisch und bei den Schalentieren ist jedoch nicht zu leugnen. Aber die haben mittlerweile auch andere Restaurants zu bieten. Wer auf eine romantische Atmosphäre und umsichtig agierenden Service steht, ist hier gut aufgehoben. Das Verhältnis von Preis und Genuss hatte bei unserem Besuch noch Luft nach oben. Dennoch haben wir diesen Abend sehr genossen und freuen uns jetzt schon auf eine Wiederholung dieser vorweihnachtlichen Tradition, die uns schon einige bemerkenswerte kulinarische Erlebnisse mit unseren Freunden aus der Hansestadt bescherte.
Gerade hatten wir den vorweihnachtlichen Ausflug (inklusive Grünkohlteller…) nach Worpswede verdaut, stand auch schon der nächste Kulturtrip ins Haus. Und Haus ist da durchaus wörtlich zu nehmen, denn wir statteten dem Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven einen Tag vor Weihnachten einen Besuch ab. Zusammen mit dem Klimahaus und dem Deutschen Schifffahrtsmuseum gehört es zu einer Reihe interessanter Ziele, die sich in der zum Bundesland Bremen gehörenden Exklave ansteuern lassen.
Wie schön, dass unsere beiden Bremer Genusskomplizen an jenem Abend Zeit hatten,... mehr lesen
3.5 stars -
"Bremerhavens Benchmark in Sachen Fischküche bescherte uns einen wunderschönen Abend – wenn auch die Gesellschaft am Tisch und das Drumherum mehr dazu beitrugen als die Speisen auf unseren Tellern" marcO74Gerade hatten wir den vorweihnachtlichen Ausflug (inklusive Grünkohlteller…) nach Worpswede verdaut, stand auch schon der nächste Kulturtrip ins Haus. Und Haus ist da durchaus wörtlich zu nehmen, denn wir statteten dem Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven einen Tag vor Weihnachten einen Besuch ab. Zusammen mit dem Klimahaus und dem Deutschen Schifffahrtsmuseum gehört es zu einer Reihe interessanter Ziele, die sich in der zum Bundesland Bremen gehörenden Exklave ansteuern lassen.
Wie schön, dass unsere beiden Bremer Genusskomplizen an jenem Abend Zeit hatten,
Besucht am 22.12.2018Besuchszeit: Mittagessen 5 Personen
Worpswede und das Teufelsmoor waren mir bis vor kurzem noch überhaupt kein Begriff. Ein kleiner vorweihnachtlicher Ausflug führte uns in das nördlich von Bremen gelegene Künstlerdorf, das sich an jenem Samstag eher regnerisch präsentierte. Doch der „Bonze des Humors“, eine lachende Buddha-Statue in der Nähe des Parkplatzes, machte uns Mut und so erklommen wir wenig später den 54,4 m hohen Weyerberg, auch das Matterhorn von Worpswede genannt. Natürlich ließen wir auch den Niedersachsenstein, ein 18 m hohes Backsteinmonument zu Ehren der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten, nicht aus.
Wetter und Witterung erlaubten es leider nicht, dass wir mit dem Torfkahn durchs Teufelsmoor segelten. Auch der historische Moorexpress kam nicht in Betracht, da der Nostalgie-Zug (fast) nur in den wärmeren Monaten unterwegs ist. In etwa genauso alt wie die historische Bahnstrecke von Bremen nach Stade ist der Worpsweder Bahnhof, der vom ortansässigen Künstler Heinrich Vogeler entworfen wurde. Das liebevoll restaurierte Bahnhofsgebäude aus dem Jahre 1910 beherbergt heute ein stilvoll eingerichtetes Restaurant, das seit 2014 von Ulrike und Frank Hartmann geführt wird, und in dem eine zeitgemäße deutsche Küche aufgetischt wird.
Da bot es sich förmlich an, den kleinen Spaziergang für ein Mittagessen in dem unter Denkmalschutz stehenden Jugendstilgebäude zu unterbrechen. Und so kam es, dass sich vier Bremer und ein Pfälzer im ehemaligen Sommerwartesaal des Worpsweder Bahnhofs einfanden, in freudiger Erwartung auf eine gute deutsche Küche. Erst beim näheren Betrachten der Webseite fiel mir auf, dass wir unser samstägliches Mittagsmahl in der 1.Klasse des Restaurants abhielten. So wurde der hübsch im Landhauslook eingerichtete Anbau nämlich bezeichnet.
Um dorthin zu gelangen, führte uns der Weg einmal quer durch alle Gasträume, die hier in Anlehnung an ihre frühere Funktion unter 2. bzw. 3.Klasse, Schalterhalle und Dienstraum firmieren. Was mir Betreten des Bahnhofsgebäudes gleich auffiel: jeder Raum wird von einem eigenen Stil geprägt und unterscheidet sich von der Einrichtung her grundlegend von den anderen. Die 3.Klasse versprühte mit ihrer hölzernen Rustikalität gemütliches Kneipenflair, während das Kaminzimmer der 2.Klasse mit antik anmutendem Mobiliar die gute alte Zeit heraufbeschwor. Mein Blick fiel auf das stilvoll eingerichtete Separee, einem kleinen, von der „Schalterhalle“ abgetrennten Raum, in dem eine bis zu acht Gäste große Gesellschaft hätte tafeln können.
Jeder der Räume wirkte in sich stimmig möbliert. Mal dominierten dunkle Holztöne, mal erstrahlten Tische und Stühle in lackiertem Weiß. Auch die Beschaffenheit des Bodens variierte von Raum zu Raum. Der Weg zu unserem Tisch führte über derbe Holzdielen, robuste Fliesen und edlen Stabparkett in den sauber eingedeckten Gastraum, wo früher die Fahrgäste zur warmen Jahreszeit auf den Zug warteten. Auf den leidlich bequemen, weißlackierten Landhausstühlen aus Holz lagen helle Sitzkissen, die das Verweilen auf der Sitzfläche aus Binsengeflecht erträglicher machten. Auf weißem Leinen sorgten Einfachbesteck, Wasser- und Weingläser, herzförmig gefaltete, aufgestellte rote Papierservietten sowie ein schicker Teelichthalter für eine geschmackvolle Tischdeko.
Die Speisenkarte, welche in Form eines handlichen Ringbuches konzipiert war, informierte zunächst über vergangene bzw. noch anstehende Events, wie beispielsweise diverse Kohlfahrt-Parties im Februar. Kennt der gemeine Pfälzer so nicht, scheint aber als geselliges Gemeinschaftsbesäufnis die im Norden fehlenden Wein- und Bierfeste ganz gut zu ersetzen.
Eine Seite umgeblättert und es wurden einige saisonale Gerichte vorab empfohlen. Darunter auch des Norddeutschen liebstes Wintergemüse, das wegen seiner markanten Wuchshöhe gerne auch Oldenburger Palme genannt wird. Zur klassischen Ausstattung des Grünkohltellers (12,90 Euro) gehörten Kasseler, Kochwurst und Pinkel. Zusammen mit Salzkartoffeln klang das nach einem sättigenden Gericht für die kalte Jahreszeit.
Die Auswahl der Speisen schien mir mit Bedacht gewählt. Karotten-Ingwer-Süppchen (6,50 Euro) und hausgeräucherter Fjordlachs (8,90 Euro) klangen als Vorspeisen verlockend. Bremer Knipp (13,90 Euro), Schnitzel Wiener Art (13,90 Euro) und gegrillte Schweinemedaillons (16,90 Euro) standen für Gäste mit größerem Hunger bereit.
Fischerfrühstück mit Krabben, Rührei und Bratkartoffeln (21 Euro), Zander- und Wolfsbarschfilet (18,90 bzw. 19,50 Euro) sowie der als Kombination aus diesen drei Fischpositionen bezeichnete „Kutterteller“ (21 Euro) sorgten ebenfalls für Aufsehen. Alle Gerichte wurden auch als kleinere Portion angeboten – ideal für ältere Gäste oder Leute mit weniger Hunger.
Und schließlich zu fleischloser Letzt ein respektables Salat- bzw. Veggie-Angebot, das mit Grünkohlcurry, vegetarischem Geschnetzelten, Gnocchi mit Basilikumpesto und Ziegenkäsetalern (alle 14 Euro) sowie drei verschiedenen Salattellern auch die Fleischverweigerungsfraktion zufriedenstellte.
Eine Handvoll Desserts, darunter Crème brulée, Panna Cotta, Tartufo und Schoko-Soufflé (alle so um die 7 Euro), standen für Süßschnäbel bereit. Die üblichen Eisbecher für Nachtischler der älteren Schule ebenso.
Für den Männerdurst sorgte Haake-Beck vom Fass, das es auch in der naturtrüben Version als Kräusen (0,4l für 4,40 Euro) gab. Beim Mi-Wa-Preis-Index rangierte man im oberen Mittelfeld, die Flasche Vilsa Gourmet (0,75l) sprudelte für 5,60 Euro in unseren Wassergläsern. Auch ein paar Weinflaschen aus Deutschland, Frankreich, Italien und Südafrika tummelten sich auf den hinteren Seiten des Speise- und Getränke-Ringbuchs. Nichts Aufregendes, was man hier unbedingt niederschreiben müsste.
Die Grünkohlenthusiasten von der Weser schlugen an diesem Tag so richtig zu. Gleich dreimal fand der mit deftigen Schweinereien beladene Nordmannsteller den Weg an unseren Tisch, wenn auch eine Portion im etwas schmäleren Seniorengewand geordert wurde. Zwei saftige Scheiben Kasseler wurden von herzhafter Kochwurst flankiert. Dazwischen „pinkelte“ die grobkörnige Grützwurst aus dem drall gespannten, essbaren (?) Kunstdarm. Die geräucherten Viktualien lagen auf einem ansehnlichen Grünkohlhügel, der von Hafergrütze durchsetzt war. Zusammen mit den Salzkartoffeln war das Paradebeispiel eines sättigenden Wintergerichts, um das Schonkost-Schurken und Auf-Diät-Asketen sicher einen weiten Bogen gemacht hätten.
Das norddeutsche Schmorgemüse soll ja angeblich mit jedem Aufwärmen besser schmecken. Wahrscheinlich wurde das „Worspweder Allerlei“ schon am Vortag angesetzt, was der Küche die Vorbereitung sicher einfacher machte. Keine Ahnung, ob da ganz klassisch Gänseschmalz oder eben die schweinerne Variante Verwendung fand. Die drei Bremer hinterließen jedenfalls keine – Achtung Kalauer! – „Kohl-Lateralschäden“ auf ihren Tellern und verputzten die Deftigkeiten mit Genuss und der üblichen norddeutschen Gelassenheit.
Unsereins fischte dagegen in kulinarisch klarem Gewässer. Auf meinem Kutterteller befanden sich neben den beiden gekonnt gebratenen und schmackhaft gewürzten Filets (Wolfsbarsch und Zander) auch eine ansehnliche Portion goldgelber Bratkartoffeln, deren feine Würze von etwas Speck und Zwiebel herrührte. Wären sie noch ein wenig knuspriger ausgefallen, hätten sie in jeder Pfälzer Weinstube für wahre Begeisterungsstürme gesorgt und so manches medium gebratenen Rumpsteak daneben alt aussehen lassen. Frische Nordseekrabben mit Rührei komplettierten das um zwei Filets erweiterte Fischerfrühstück. Dass beide auch ganz gut ohne Bröselhülle auskamen, musste selbst ich als eingeschworener Panierfisch-Sympathisant einräumen. Egal, ist der Ruf erst ruiniert, isst man Fisch auch unpaniert! Vor allem wenn er so lecker gewürzt und perfekt gebraten auf dem Teller landet wie im Worpsweder Bahnhof.
Fast hätte ich es vergessen. Unsere Teilzeit-Vegetareuse lobte ihr Grünkohlcurry, das mit Cashewkernen und Linsen verfeinert wurde. Mit Jasminreis als Beilage schien ihr der asiatisch angehauchte Gemüseteller die richtige Wahl gewesen zu sein.
Die freundliche Servicedame machte ihre Sache gut. Auch als sich das Lokal immer mehr füllte, behielt sie den Überblick und unser Platz im etwas abgeschiedenen Anbau trug nicht dazu bei, dass wir uns nicht aufmerksam umsorgt fühlten.
Nach dem Essen hatte ich noch eine kurze Begegnung mit einem Einheimischen. Er hieß Jan Torf und stellte sich als 35%-iger Kräuterlikör heraus. Diese regionale Spezialität des Teufelsmoores war ein aromatisch intensiver Digestif, der es locker mit Ramazotti, Fernet und Co. aufnehmen konnte. Ein gelungener Abschluss unseres gemütlichen, vorweihnachtlichen Mittagessens im Kreise der Familie. Worpswede war sicherlich einen Ausflug wert. Beim nächsten Besuch nehmen wir dann den Torfkahn und schippern auf der Hamme. Aber nur mit Borgi an der Pinne!
Worpswede und das Teufelsmoor waren mir bis vor kurzem noch überhaupt kein Begriff. Ein kleiner vorweihnachtlicher Ausflug führte uns in das nördlich von Bremen gelegene Künstlerdorf, das sich an jenem Samstag eher regnerisch präsentierte. Doch der „Bonze des Humors“, eine lachende Buddha-Statue in der Nähe des Parkplatzes, machte uns Mut und so erklommen wir wenig später den 54,4 m hohen Weyerberg, auch das Matterhorn von Worpswede genannt. Natürlich ließen wir auch den Niedersachsenstein, ein 18 m hohes Backsteinmonument zu Ehren... mehr lesen
4.0 stars -
"In Worpswede verstehen sowohl Kunstaffine als auch Kulinariker oft nur „Bahnhof“ – und das völlig zu Recht!" marcO74Worpswede und das Teufelsmoor waren mir bis vor kurzem noch überhaupt kein Begriff. Ein kleiner vorweihnachtlicher Ausflug führte uns in das nördlich von Bremen gelegene Künstlerdorf, das sich an jenem Samstag eher regnerisch präsentierte. Doch der „Bonze des Humors“, eine lachende Buddha-Statue in der Nähe des Parkplatzes, machte uns Mut und so erklommen wir wenig später den 54,4 m hohen Weyerberg, auch das Matterhorn von Worpswede genannt. Natürlich ließen wir auch den Niedersachsenstein, ein 18 m hohes Backsteinmonument zu Ehren
Geschrieben am 19.01.2019 2019-01-19| Aktualisiert am
20.01.2019
Besucht am 21.12.2018Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 29 EUR
Bremen, kurz vor Weihnachten 2018. Der Einzelhandel profitierte gnadenlos vom Kaufrausch der konsumorientierten Masse der „Weseraner“. Das Mittelalter ließ man sich an der Schlachte so richtig weihnachtlich schmecken und selbst in der Markthalle Acht boxte der Papst im Kettenhemd. Bremens härtester Restauranttester weilte jedoch im fernen Berlin und stand dort mächtig unter Spannung. Er teilte Watt durch Ampère am Landwehrkanal, um sich von seinen kulinarischen Streifzügen, die ihn durch die Niederungen der heimischen Top-Gastronomie geführt hatten, zu erholen.
Der Himmel war hoch, der Kaiser war fern und sehnsüchtig trällerte es durch die Hanseaten-Taiga. Klar, dass da so mancher Zigeunerjunge aus dem sonnigen Südwesten seine schwarze Balalaika an den nächstbesten toten Baum hing und schon beim ersten Morgenrot die geläufigen Fressportale nach neuen Gaumenerlebnissen durchforstete. Entdecken, aufspüren, genießen und – wesentlich später dann – berichten. So der einfache Plan, der auch ganz ohne das Insider-Wissen einheimischer Genuss-Ikonen aufgehen sollte. Um es mit einem chinesischen Sprichwort zu sagen: Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt an die Quelle! Also die ganzen gehypten, schwer angesagten Gastro-Institutionen entlang der Weser mal umgehen und mit leerem Magen voll rein ins kulinarisch Ungewisse.
Die Entscheidung, kurz vor unserem Besuch des Überseemuseums noch eine kleine Mittagsmahlzeit bei einem Bremer Chinesen einzunehmen, war ja prinzipiell nicht verkehrt. Als bekennender Dumpling-Vernichter sollte es dann bitteschön aber auch ein Dim Sum Laden sein. Doch anstatt gleich zum Hulsberg-Kantonesen zu pilgern, suchte ich aus Gründen der Zeitersparnis etwas in Museumsnähe aus. In einer ruhigen Seitenstraße, dem Philosophenweg, befand sich das wenig einladend wirkende China-Restaurant Zui Yuan, dessen Internetauftritt mir ehrlich gesagt viel mehr zusagte als sein äußeres Erscheinungsbild.
Zwischen zwei verzierten Säulen, die ganz im Zeichen des Drachens standen und den Stützen eines chinesischen Tors nachempfunden waren, sollte uns der Weg ins Innere des Lokals führen. Keine Ahnung, ob es die leicht heruntergekommene 70er Jahre Fassade war oder der Umstand, dass sich der Laden zur Mittagszeit komplett leer präsentierte, meine Begleitung fand jedenfalls die Idee da einzukehren recht „semi“. Schon leicht panisch stammelte ich spontan erdachte Floskeln wie „Geheimtipp vom Borgfelder“ und „ganz oben bei Tripadvisor“, um doch noch in den Genuss der gedämpften Reisteigtaschen zu kommen.
Das Fallbeil der kulinarischen Entscheidungsfindung sauste herab und wir befanden uns ein paar Minuten später als einzige Gäste inmitten eines altmodisch eingerichteten Bremer Klischee-Chinesen, dessen Ambiente gar nicht typischer hätte ausfallen können. Große, zum Teil kreisrunde Tische mit drehbarer Innenplatte, leidlich bequeme Polsterstühle, ins Kitschige abdriftende Lampenschirme, die wie leuchtende Blütenkelche von der Decke baumelten. Und natürlich das obligatorische Aquarium, das entsprechend der Größe des Raumes etwas mickrig anmutete. Schade auch, dass man es mit dem Purismus bei der Tischdeko schlichtweg übertrieb. Den schmucklosen, dunklen Holztischen hätten ein paar Farbtupfer ganz gut getan.
Irgendetwas brummte laut vor sich hin. Doch wir konnten das fiese Geräusch nicht richtig zuordnen. Dämpfen die ihre Dumplings etwa im Betonmischer? Egal, besonders gemütlich war es im Inneren eh nicht, da nahmen wir eben auch ein Dauerbrummen in Kauf, zumal wir ja erst einmal mit dem Inspizieren der Speisenkarten beschäftigt waren. Für den Liter Mineralwasser der Marke „Vilsa-Brunnen Classic“, der – für ein Restaurant eher ungewöhnlich – aus der Plastikflasche kam, wurden später 7 Euro abkassiert. Da staunte der an günstigere Getränkepreise gewöhnte Provinzler nicht schlecht.
Das Dim-Sum-Angebot fiel schon sehr üppig aus. Ich zählte an die 50 (!) verschiedene Kleinigkeiten auf den in Klarsichtfolien steckenden Seiten der viel zu umfangreichen Speisenkarte. Jede Menge Bratreis- bzw. Bratnudelgerichte, Geschmortes aus dem Tontopf und an die 20 verschiedene Suppen standen auf dem kulinarischen Quantitätsprogramm. Doch dem nicht genug. Huhn, Schwein, Rind, Ente, Fisch, Krabben, Tofu und Gemüse fanden in ca. 50 weiteren Hauptgerichten Verwendung. Wer da noch an die Frische der Zutaten glaubt, ist selber schuld.
Eigentlich der perfekte Zeitpunkt, um das Lokal schleunigst wieder zu verlassen. Aber getreu dem chinesischen Küchenmotto: „Jeden Tag eine Glutamat!“ bestellte ich munter drauflos. Bei den gedämpften Jiaozi (auch als „Ha gao“ bekannt) mit Garnelenfüllung (3,80 Euro) kann man ja eigentlich nichts falsch machen. Dachte ich. Bei den Shaomai (oder „Shumai“, 3,60 Euro) handelte es sich um gedämpfte kleine Reisteigsäckchen, die mit Garnelen und Hackfleisch gefüllt waren.
Wagemutiger waren da schon die knusprig frittierten Garnelenbällchen (4,60 Euro), die man auch ruhig als „Bälle“ hätte bezeichnen dürfen. Mit den Krabben-Huhn-Dumplings (3,60 Euro) ging der Dim-Sum-Wahnsinn heiter weiter. Ein Glück, dass sich meine Begleitung für die gekochten China-Maultaschen mit Gemüsefüllung (3,60 Euro) entschied. Es waren die einzigen kulinarischen Lichtblicke in einer ansonsten wenig wohlschmeckenden Dim-Sum-Parade.
Die ebenfalls mit undefinierbarem Grünzeug gestopften Baozi-Hefeklöße (3,40 Euro) schmeckten einfach nur pampig und gerieten von ihrer Füllung her total überwürzt. Oh Baozi, du aus Hefeteig nachgebautes Brustimplantat! Was lassen sich in deinem Inneren für Köstlichkeiten verstecken. Frische Zutaten wie etwa China-Schnittlauch (Jiucai), Pak-Choi oder Shitake-Pilze hätten die beiden gefüllten Asia-Dampfnudeln tatsächlich in appetitliche Leckerbissen verwandeln können. So blieb nur ein enttäuschtes „Hab-ich-schon-viel-besser-gegessen“.
Die vor Geschmacksverstärker strotzende Soja-Sauce gab den leider nicht in den traditionellen Bambuskörbchen servierten Kanton-Tapas dann den Rest. Bitzelten die verschiedenen Füllungen der Dampftäschchen nicht schon genug auf unseren Zungen, so war es die schwarze Würzsauce aus der weltweit wichtigsten Ölsaat, die den Gaumen vollends betäubte. Umami hin oder her, wenn die im Reisteig versteckten Zutaten nicht mehr schmeckbar sind, kann man sich den ganzen chinesischen „Kleinscheiß“ ja auch sparen und gleich die gustatorische Wahrnehmung mit der MNG-Keule erschlagen.
Wir erinnerten uns an den tollen Abend im „Lecker Song“ (Berlin), dessen ambitionierte Dim-Sum-Auswahl den Geschmackssinn auf sehr angenehme Weise anregte. Neben den eindimensional schmeckenden Garnelen-Happen, deren Füllung sich schon beim kleinsten Zupacken mit den Stäbchen aus der Reismehlhülle verabschiedete, waren es in erster Linie die frittierten Garnelenbälle im Croutonmantel, die uns enttäuschten. Viel zu mächtig portioniert und dann auch noch vollgesogen mit Frittierfett, präsentierten sich die mit geschmacksneutraler Krebstierfüllung servierten Cholesterinbomben nicht gerade als Magenschoner.
Die freundliche Bedienung beendete schließlich den Dauerbrummer, der auf eine defekte Heizung im hinteren Bereich des Gastraums schließen ließ. Ich sah sie nur, wie sie wieder unter der Sitzbank hervor krabbelte und danach der Baustellenlärm abrupt endete. Keine Ahnung, wie sich dieser Laden seit seiner Eröffnung im Jahre 1994 hier hat halten können. Das Essen und das Ambiente können es jedenfalls nicht sein.
Lieber Borgi, solltest du einmal den Weg der Philosophen kreuzen, mache um diese Bremer Asia-Institution bitte einen Bogen und denke dabei an den heiligen Glutamartin. Der teilte nicht nur seine Kochjacke, sondern in erster Linie Aminosäure- und Nukleinsäureionen, um später als Erfinder des 5. Geschmackssinns die Soja-Sauce zu legitimieren.
In diesem Sinne: „Einmal Bonitoflocken mit Maggi bitte! Aber pronto Toronto!“
Bremen, kurz vor Weihnachten 2018. Der Einzelhandel profitierte gnadenlos vom Kaufrausch der konsumorientierten Masse der „Weseraner“. Das Mittelalter ließ man sich an der Schlachte so richtig weihnachtlich schmecken und selbst in der Markthalle Acht boxte der Papst im Kettenhemd. Bremens härtester Restauranttester weilte jedoch im fernen Berlin und stand dort mächtig unter Spannung. Er teilte Watt durch Ampère am Landwehrkanal, um sich von seinen kulinarischen Streifzügen, die ihn durch die Niederungen der heimischen Top-Gastronomie geführt hatten, zu erholen.
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2.0 stars -
"Alteingesessener Dim-Sum-Laden, dessen Internetpräsenz deutlich mehr überzeugte als seine Teigtäschchen" marcO74Bremen, kurz vor Weihnachten 2018. Der Einzelhandel profitierte gnadenlos vom Kaufrausch der konsumorientierten Masse der „Weseraner“. Das Mittelalter ließ man sich an der Schlachte so richtig weihnachtlich schmecken und selbst in der Markthalle Acht boxte der Papst im Kettenhemd. Bremens härtester Restauranttester weilte jedoch im fernen Berlin und stand dort mächtig unter Spannung. Er teilte Watt durch Ampère am Landwehrkanal, um sich von seinen kulinarischen Streifzügen, die ihn durch die Niederungen der heimischen Top-Gastronomie geführt hatten, zu erholen.
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Seinem Urteil zur Mainzer Genusssituation schlossen wir uns vorbehaltlos an, zumal uns unweit der Rheinallee ein Restaurant empfohlen wurde, dessen saisonal geprägter Frischeküche der „Guide“ ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis attestierte. Seit 2012 lacht hier dem einkehrenden Gourmand ein keckes Michelin-Männchen, das für „sorgfältig zubereitete und preiswerte Mahlzeiten“ steht, entgegen.
Die Rede ist vom Restaurant Geberts Weinstuben, dessen beeindruckende Historie bis ins Jahr 1887 zurückreicht. Ihr Namensgeber Johann Gebert war Bäcker und zudem mit einer Winzertochter verheiratet. Klar, dass der Backstube irgendwann eine Weinstube angegliedert wurde, was auch den Plural im Namen erklärt. Vor 45 Jahren war es Wolfgang Gebert, der Vater des heutigen Küchenchefs und Inhabers Frank, der aus der Weinstube eine Anlaufstelle für Feinschmecker und Genießer machte. Frank Gebert führt seit 2007 zusammen mit seiner Frau Dagmar das alteingesessene Lokal in der Mainzer Neustadt und setzt dabei auf deutsche Klassik mit klar erkennbarem französischem Akzent. Und dieser Küchenmix scheint richtig gut anzukommen.
Wir waren recht früh dran an jenem kalten Freitagmittag. Die Frage nach unserer Reservierung verneinten wir mit der gleichen Spontanität, die schon unserer Einkehr zugrunde lag. „Wolle mern roilosse?“ Beim Anblick der blau-gelb-roten Faschingsdekoration, welche die Fenstersimse bevölkerte, lag mir schon die Suggestivfrage aus „Mainz bleibt Mainz wie es singt und lacht“ auf der Zunge, aber die junge Dame vom Service hielt anscheinend noch ein paar Kapazitäten für Laufkundschaft bereit. Sie bot uns einen zentral gelegenen Tisch inmitten des vorfastnachtlich geschmückten „Wohnzimmers“ der Geberts an. Tanzende Harlekins und bunte Narrenkappen kündeten von der fünften Jahreszeit. An der Decke befestigte Farbbänder schwebten girlandenartig über den Dingen.
Doch auch ohne die zurückhaltend arrangierte Fassenachtsdeko hatte der Gastraum einige Hingucker in Sachen ungewöhnlicher Einrichtung zu bieten. Allein die kleinteilig gläsernen Retro-Kristallleuchter, die pompös von der Decke baumelten, sorgten für Aufsehen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Eine mit allen erdenklichen spirituellen Wassern ausstaffierte Anrichte entstammte wohl dem vorigen Jahrhundert. Ein Querspiegel mit breitem Silberrahmen hing raumvergrößernd über einer langen Couch, die mit ihren samtbezogenen Kissen im Schnörkellook den Vintage-Gedanken aufrechterhielt.
Bei den übrigen, sehr bequem gepolsterten Sitzmöbeln regierte die Farbe Violett, die sich auch bei den Vorhängen fortsetzte. Sie passte sowohl zur güldenen Wandtapete als auch zum rustikalen Holzdielenboden ganz prima. In stilvolles Weiß gehüllte Tische, auf Hochglanz polierte Weingläser, kleine Brottellerchen, Zweifachbesteck aus Silber und hübsch gefaltete Stoffservietten zeugten von klassischer Tafelkultur ohne jeglichen Muff. Ein rundum würdiger Rahmen für ein hoffentlich ebenso genussvolles Mahl war gegeben.
Schon beim Aufklappen der Speisenkarte jauchzte ich innerlich vor Freude. Großes Format – kleine Auswahl. Genauso mag ich es am liebsten. Bei den Aperitif-Empfehlungen fiel mir sofort der „Quitten Royal“, ein mit hausgemachtem Quittenlikör aufgefüllter Riesling-Sekt, ins Auge. Nicht die 7,80 Euro für das Gläschen (0,1l), sondern die Aussicht auf einen guten Rotwein zum Essen und die bevorstehende Rückfahrt in die Pfalz verwehrten mir den Trinkspaß vorweg. Klar hätte es auch eine mit Ingwer, Kurkuma und Zimt verfeinerte Quitten-Limonade (0,1 l für 4 Euro) sein können, aber in Anbetracht der überaus verlockend klingenden Vorspeisen, wurde jene schnell überlesen. Stattdessen sollte eine Flasche Gerolsteiner (0,75l für 6,50 Euro) unserem Durst Einhalt gebieten.
In Zitronenpfeffer geräucherter Label-Rouge-Lachs mit frischem Apfelmeerrettich (12,80 Euro), hausgemachte Geflügelterrine mit Quittenchutney (10 Euro) und französische, in Geberts Kräuterbutter gefallene Weinbergschnecken (das halbe Dutzend für 9,50 Euro) ließen mich gedanklich ins benachbarte Elsass abdriften. Klare Entenessenz mit Käsegebäck (7,80 Euro) und Hamburger Krebssüppchen mit Cognac (7,50 Euro) ließen schon den Suppenkasper in mir schlürfen, ehe eine dreigängige Menüempfehlung die à-la-Carte-Träume eines gestandenen Kulinaristen mühelos unter sich begrub.
Zum Preis von 36 Euro hatte Frank Gebert ein appetitlich klingendes Dreigang-Menü zusammengestellt. Es bestand aus der schon erwähnten Geflügelterrine, geschmorten Kalbsbäckchen auf Kartoffelpüree, glaciertem Marktgemüse und sautierten Pilzen sowie einem zartbitteren Schokomousse mit Pommeranzen-Sorbet und frischen Beeren. Selbst die verführerisch klingenden Hauptspeisen, unter denen sich so reizvolle Leib- und Magengerichte wie Züricher Kalbsgeschnetzeltes oder rosa gebratener Rehrücken an Wacholderrahmsauce tummelten, ließen uns nicht von dem Menügedanken abrücken. Zweimal drei Gänge wurden in Auftrag gegeben.
Beim Blick in die großzügige Flaschenweinkarte wurde die frühere Bestimmung dieses Anwesens mehr als deutlich in Erinnerung gebracht. Nach Rebsorten bzw. Weinbauregionen sortiert, waren es vor allem die viele Großen Gewächse aus der Riesling-Traube, die für Aufsehen sorgten. Rheinhessen, Rheingau, Mosel, Nahe, Saar und auch die Pfalz bestimmten das mit Bedacht zusammengestellte Angebot. Namhafte Pfälzer Winzer wie der Laumersheimer Philipp Kuhn oder Friedrich Becker aus Schweigen durften da nicht fehlen. Aber auch ein paar rote Trouvaillen aus dem Burgund und dem Rhônetal waren vertreten.
Mehr wie ein Viertel sollte es an diesem Tag allerdings nicht werden. Die Entscheidung fiel auf die saftig-fruchtige Rotweincuvée „Villa Bürklin“ vom Weingut Dr. Bürklin-Wolf aus Wachenheim an der Weinstraße. Das aus den Rebsorten Spätburgunder, Dornfelder und Sangiovese (!) verschnittene Trinkvergnügen zeichnete sich durch eine zugängliche Struktur und einen kraftvollen Körper aus. Die 8,50 Euro für den leckeren Roten aus der heimischen Pfalz waren definitiv gut angelegt.
Langsam füllte sich der Gastraum. Geschäftsleute, eine Gruppe von Pensionären, die anscheinend etwas zu feiern hatten und juvenile Mittvierziger bevölkerten die gute Stube der Geberts. Doch bevor das andächtige Schweigen der Schlemmer so richtig einsetzte, grüßte die Küche mit frischem Baguette und Gänseschmalz. Mit etwas Salz und Pfeffer verfeinert ein durchaus wohlschmeckender Appetitanreger, der als kulinarische Vorhut getarnt dem ersten Hunger trotzig die fettige Stirn bot.
Den ersten Gang hätte ich so auch in einem gehobenen Elsässer Landgasthof erwartet. Zwei veritable Scheiben von der hausgemachten Geflügelterrine wurden von einem schön sauer angemachten Salatbouquet und einem à part im Schälchen gereichten Quittenchutney kongenial begleitet. Die würzige Terrine, die von einem weißen Speckrand umgeben war, hatte zwischen der pürierten Grundmasse viele Fleischstücke zu bieten. Zu den obligatorischen Pistazien gesellten sich noch eingeweichte Rosinen und rosa Pfefferkörner. Säure und Frische kam vom herzhaften Salattürmchen. Für ausgleichende Süße sorgte das geleeartige Quittenchutney. Besser hätte man die deftige Geflügelpaté nicht einrahmen können. Einziger kleiner Schwachpunkt war die Portionsgröße. Als Vorspeise eines dreigängigen Menüs hätte sie meiner Meinung nach etwas schmaler ausfallen dürfen. Ansonsten war das vom Geschmack ein sehr überzeugender Auftakt.
Maître Geberts unverkennbarer Hang zu ambitionierter Hausmutterküche im Sonntagskleid kam spätestens bei den geschmorten Kalbsbäckchen voll zum Tragen. „So und nicht anders müssen die gemacht werden!“ hätte der Bäckchen-Fachmann unseres Wörther Schlemmerclubs über die herrlich mürben Fleischhügel geurteilt. Langfaserig und kollagenhaltig präsentierte sich das saftige Schmorfleisch, das auf einem fein abgeschmeckten, dicken Klacks Kartoffelpüree thronte und von knackigem Wurzelgemüse begleitet wurde. Höhepunkt dieser Gaumenorgie war jedoch der dunkle Beiguss zu den beiden prächtigen Schmorbacken. Die beeindruckend tiefgründige Jus verriet den Aufwand und das Können, das in Frank Geberts Zubereitungen steckt. Und das ganz ohne kraftmeierische Attitüde, sondern mit sicherer Hand beim Ansetzen und Abschmecken. Süßlich-herbe Röstaromen ließen auf eine erfolgreiche Maillard-Reaktion schließen, die ein kräftiger Rotwein beim Ablöschvorgang zur richtigen Zeit unterband. So einen ehrlich gekochten, aromatisch-dichten Soßenfond hätte selbst der legendäre Haynaer Saucengott Karl-Emil Kuntz nicht besser hinbekommen. Großes Kompliment, das wir auch gegenüber der jungen Servicekraft äußerten und das bis in Frank Geberts Küche drang.
Dieser ließ sich nicht lumpen und schickte eine Extraladung des betörend leckeren Elixiers an unseren Tisch. Bis auf den letzten Tropfen leerten wir die silberne Sauciere und hätte es die gute Erziehung nicht verboten, ich hätte sie sogar vor Ort noch ausgeschleckt.
Auch hier war das einzige kleine Manko die Größe der Portion. Ein Bäckchen hätte locker gereicht, zumal auch das Pürée kein Kind von Spärlichkeit war. Sei es drum. Wir schafften den Hauptgang gerade so und wollten schon den Dessertverzicht signalisieren, da beschlich uns dann doch die Lust auf einen süßen Abschluss.
Der wurde uns nach angenehmer Wartezeit in Form zweier fluffiger Nocken Schokomousse, ein paar aufrechten Waldbeeren sowie einer Kugel vom säuerlich-frischen Pommeranzen-Sorbet serviert. Auf dem mit Schoko-Nuss-Lackierung versehenen, länglichen Porzellan steuerten rote Fruchttupfer und gelbe Mangowürfel weitere Farb- und Geschmacksakzente bei. Irgendwie passte der Teller farblich zur Fastnachtsdeko, so mein erster Eindruck. Damit es zwischen den Zähnen auch ein wenig kracht, fungierte eine Mandelhippe als Knuspersegel zwischen den beiden weichen Schokokissen. Dieser süß-herben Versuchung konnte selbst das fortgeschrittene Stadium der Sättigung wenig anhaben. Nur die durch den Pacojet gejagte Pommeranzenkugel war mir schlichtweg zu sauer.
Pappsatt und hochzufrieden machten wir uns wieder auf den Heimweg in Richtung Pfalz. Die nicht minder enthusiastische Rezension von GG-Kollege Nolux aus dem Jahr 2014 habe ich erst nach meinem Besuch bei den Geberts gelesen. Seine Empfehlung teile ich zu 100 Prozent. Essen, Service, Ambiente und PLV passen hier einfach. Seiner Schreibe nach zu urteilen dürfte der werte Herr Nolux immer noch von seiner Perlhuhnbrust mit Mandelbällchen träumen. Die würde ich dort auch nicht ausschlagen.