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DaueresserGK0712 hat 391 Bewertungen mit einer Durschnittsbewertung von 3.7 Sternen geschrieben.
DaueresserGK0712 hat am 07.Dec Geburtstag
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Ich blickte während meiner Frühstückspause auf das aktuelle Landhaus Menü, voller Tatendrang fieberte ich dem Abend entgegen. Das hörte sich doch vielversprechend an. Tartar von der geräucherten Forelle oder Ochsenbäckchen Ravioli zum Hauptgang Tafelspitz vom Kalb oder Fisch oder vegetarisch und das finale Dessert ließ mir schon mal vorab das „Wasser im Mund zusammenlaufen“. Aber am allermeisten freute ich mich auf die „gehobene Küche“ laut eigener Homepage und den etlichen Bewertungen bei tripadvisor google etc. Sitzt man 2-3 Stunden am Tisch, dann sollte man doch immer was zum Beißen griffbereit haben, dementsprechend aß ich lediglich zum Frühstück zwei mit Butter belegte Käsestangen und zum Mittag eine Lasagne nebst einem kleinen italienischen Salat. Die beiden obligatorischen Freitagnachmittag-Mohnschnecken vom Bäcker meines Vertrauens tauschte ich gegen einen Müsliriegel ein.
Abends dann angekommen, wurden wir zu unserem Tisch geführt bzw es wurde uns der erste im Raum angeboten. Es strahlte eine helle Halogen Lampe auf unseren Tisch, perfekt für tolle Fotos, fatal für meine Migräne. Allerdings war in dem Raum allesamt die Tische mit hellen Strahlern versehen, so dass wir in den Nebenraum verfrachtet wurden, im ersten Moment nett, im zweitem Moment sehr sehr kühl, aber besser als die knapp 30 Grad im „hellen“ GR.
Wir wurden nach einem Aperitif gefragt, wir verneinten zuerst, dann meinte ich, ich könne zum Aperitif ja ein kleines gezapfte Pils trinken. 3 Minuten später kam ein 0,5er Pils in einem Hefeglas, meine Frau bestellte ein Flasche Wasser, die wurde dann in einer Plastikflasche serviert.
Plastikflasche. Ich kann mich gut an die letzte Plastikflasche in einem Lokal erinnern, das war in Viernheim bei einem Wirtshaus, da servierte mir der indische Inhaber eine Hefeweißbier vom Lidl (stand tatsächlich drauf) und vor 2 Jahren im Schwimmbad, bekam ich auch eine Plastikflasche Wasser. Unser Tisch war mit Herzen eingedeckt, das Menü gerollt in einem Holzring. Frische Blumen, Stoffservietten im Weinglas, das alles passte für den ersten Moment, bis, ja bis „ oh nee“ mich aus meinen Gedanken riss. „Maispoularde oder Fisch, menno“ Geflügel oder Fisch. Keine vegetarische Alternative, kein Fleisch. Zeitgleich kam am Nachbartisch zwei Pärchen, bei der Bestellung meinte der Mann „für 44 Euro bestelle ich normalerweise immer ein 500 Gramm Rumpsteak, ich hätte auch gerne heute eines bei Ihnen“ zähneknirschend entschied er sich dann für den Fisch. Ein Kopfschütteln nach dem anderen zierte dann der Nachbartisch. Wir entschieden uns dann auch für den Kabeljau, der auch bei uns teilweise starkes Kopfschütteln erntete.
Nach 25 Minuten Wartezeit kam dann der „Gruß aus der Küche“, wortlos legte man uns zwei leicht trocken geratene Gebäck Herzen hin, dazu gab es ein Kräuterdip sowie eine sehr nach Tomatenpaste erinnernde rote Frischkäsecreme. Bestimmt selbst gemacht, hier empfehle ich beim nächsten Mal den Griff in die Frischetheke im Großmarkt, für einen Convenience Aufstrich. Mit Sicherheit keine Verschlechterung.
Es kam der erste Gang, der große Zeiger auf der Uhr hatte gerade eine Runde hinter sich gebracht. Süßkartoffelsuppe mit einer bissfesten, gut gemachten Garnele am Spieß.
Dazu ein Imitat von Felsalat. Ein Fauxpass. Es wurde vergessen den Feldsalat in der Küche mit Essig und Öl anzumachen. Der rohe Feldsalat wurde lediglich mit Balsamico beträufelt, auf die Nachfrage zu einem Olivenöl, wurde uns in einer Soßenkelle einfaches Öl gereicht. Das hatte leider keinen guten Geschmack. Dann vergingen wieder ca 30 Minuten bis uns der Kabeljau mit dem Mangold serviert werden sollte. In der Karte stehend:
Kabelaju | Mangold | lila Kartoffeln (Merke: Plural)
Auf dem Teller folgte dann ein Stück Kabelajua was schön geteilt wurde auf "Gemüse Allerlei".
Jede Menge Karottenstifte, Chicoree, Gurken, Paprika und vereinzelte kleine Mangoldstreifen. Allerdings schmeckte man den überhaupt nicht raus. Dass der Fisch und das Gemüse kein Salz und kein Pfeffer gesehen hat, erwähne ich besser mal nicht. Die drei Scheiben lila Kartoffeln, hatten schön Salz abbekommen, aber aneinander gesetzt ergab das eine dreiviertel kleine Kartoffel. Keinerlei Sättigungsbeilage. Meine bessere Hälfte meinte dann zu mir „ für eine Frau ist das Menü vom Sättigungsgrad ganz passabel, aber die vielen Männer hier, die werden hier bestimmt nicht satt“ da hatte meine Tischnachbarin voll ins Schwarze getroffen.
Nachdem der große Zeiger zwei Mal über die volle 12 gelaufen ist, wir aber keine 4000 Euro von der Bank kassiert haben, dafür auch nicht ins Gefängnis mussten, landeten wir am Ende auf der Süßigkeiten-Strasse. Das Süße-Finale: Es wurde in der Küche keine Mühe gescheut, etliche Rosenblätter, sogar zwei kleine roten Tulpenblätter zierten meinen Teller.
Der angepriesene Biskuit entpuppte sich als ein normales Stück Mandelkuchen in Kreisform gestochen, das versprochene weiße Mouse in keinster weise ein „weißes Mouse“, von der Art eine schnell aufgeschlagene „Paradies Creme“. Dazu ein fruchtig erfrischendes Sorbet, in der Karte als Mandarine gekennzeichnet ähh erhofft, kam ein stark pigmentierte Sarotti-Mohr-Kugel , äähh eine Schokokugel Sorbet (??). Kleiner Einwurf: Es gibt bestimmt 150.000 klasse Sorbet-Rezepte und in (fast) jedem "Sorbet 1x1" Buch steht geschrieben, es eignen sich für Sorbets keineswegs Zartbitter-, Vollmilch - , weiße und Edelschokolade Zugaben.
Auf Beifall für die Küchenleistung verzichteten meine Frau und ich freiwillig. Beim Gang auf die Toiletten kam uns dann wieder das gedämpfte Lichterspiel, Cremes und Lotion für die Haut, Erfrischungstücher, Papier sowie Stoffhandtücher und feine Klaviermusik für die Ohren, entgegen.
Fazit:
Preislich (die Rechnung veranschlagte knapp 115 Euro, abzüglich des Gutscheins mussten wir noch 65 Euro berappen, was mit ganz viel wohlwollendem "Rap" dann noch einigermaßen ging) hat man den Spagat zwischen ambitionierte und bodenständige Küche geschafft. Auch die Sanitären Einrichtungen und die sehr einladende Einfahrt zu den Parkplätzen verdienen maximale Punkte. Man würde gerne kulinarisch zwei, drei Ligen höher mitspielen, die Basics dafür haben wir (leider) nicht gesehen und nicht geschmeckt. Hier fehlt ein „klasse Koch“ der mut zum Würzen an den Tag legen könnte und auch den Gästen das serviert, was auf der Karte steht.
Das Ganze erinnerte uns mehr an das bekannte Spiel „Reise nach Jerusalem“ - an diesem Abend ohne Stühle. Wie meinte Andreas Möller nach einem Spiel: "Speziell in der zweiten Halbzeit haben wir einen guten Tag erwischt.“ Dem ist nichts mehr hinzu zu fügen.