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Die Dame am Telefon zeigt sich selbstbewusst bis ungehalten, gewährt uns aber vor Ort generös einen Tisch. Die übersichtliche Speisekarte erstreckt sich über gerade mal zwei Seiten, wird aber von einigen aktuellen, auf Schiefertafeln präsentierten Angeboten komplettiert (z.B. Ochsenbäckle). Das fesche Gebäude im Schwarzwaldstil hat vermutlich in früheren Zeiten tatsächlich das hiesige Postamt beherbergt. Neben einem gutbürgerlich eingerichteten Gastraum und einer gerade erst frisch saniert wirkenden, sehr schicken und modernen Toilette wird vor allem die grosszügige Aussenterrasse gerne frequentiert. Neben dem Gebäude plätschert malerisch das Flüsschen Alb dahin.
Die Wahl der Speisen ist schnell getroffen, allerdings bedarf es vielfältiger Versuche der Kontaktaufnahme, bis die resolute, vielgefragte Servicedame den Weg zu uns einschlagen kann (auch hier stranden zahllose, verzweifelte, hungrige Touristen auf der Suche nach einem freien Tisch). Wir wählen wie so oft 1x Fleisch, 1x Fisch – mit der Absicht, den anderen vom eigenen Gericht probieren zu lassen. Dass nach einem „heissen“ Wochenende am Sonntagabend die eine oder andere Speise nicht mehr geliefert werden kann oder eine Zutat ausgegangen ist, kennt man ja. Aber hier ist das kein Problem. So freuen wir uns auf den „Salat Fischernetz“ mit gebratenen Fischfilets und Garnele, garniert mit Cherry-Tomaten, Aioli Dip und Baguette für 16,90 Euro, sowie auf den Zwiebelrostbraten mit Beilagensalat, Spätzle und geschweissten (sic!) Zwiebeln für 21,90 Euro. Geschweisst? Ein Fehler des Übersetzungsprogramms? Der Aufdruck auf der vielleicht vakuumierten Fertigware? Der Zustand des eifrigen Kochs? Während wir noch rätseln, wird das Essen zu unserer freudigen Überraschung sehr rasch aufgetragen. Der medium gebratene Zwiebelrostbraten schwimmt in einer aromatischen Soße und ist mit reichlich geschmälzten Zwiebeln bedeckt. Die vollschlanken, kräftigen Spätzle könnten tatsächlich handgeschabt sein. Das Fischernetz aus reichlich Blattsalaten kann einen üppigen Fang verbuchen, allerdings schmecken die Fischfilets schon beim Verzehr etwas merkwürdig. Vor allem die Garnele scheint nicht mehr ganz taufrisch zu sein. Das Aioli testen wir nur kurz an, lassen es aber aufgrund der hohen Tagestemperaturen besser wieder zurückgehen. Ausserdem ist die Fischportion schon üppig genug.
Die Getränke – ein Weizen für 4,20 Euro und das obligatorische Rieslingschorle für 3,90 Euro – sind tadellos. Allerdings scheitert der Versuch, ein sortenreines Rotweinschorle nach Wunsch zu ordern (O-Ton Service: „Das machen wir nicht“). Da die Küche am Sonntag schon um 19 Uhr schliesst, konnten wir grade noch in den Genuss eilig servierter Speisen kommen. Am Nebentisch wird allerdings eine Dame rund gemacht, weil ihr Gatte erst etwas später nachkommt. Huch, da haben wir aber noch Glück gehabt. Um 20 Uhr macht allerdings das gesamte Lokal dicht. Da sich ein flaues Gefühl im Magen verbreitet, ordern wir rasch noch einen Grappa (3,50 Euro). Der kann allerdings ein weiteres Bauchgrimmen auch nicht mehr verhindern. Die kommende Nacht verbringen wir mit heftigem Gerumpel im Bauch. Da kommt einem schon ein Satz aus einer Geschichte von Anton Tschechow in den Sinn: „Sie hatten recht: der Stör neulich hatte einen leichten Stich.“
Noch am kommenden Tag haben wir mit den unschönen Folgen dieses Abendessens zu kämpfen. Schneller vergessen ist dann eher der etwas harsche, sehr resolute Umgangston der Servicedame. Als willkommener Gast haben wir uns auf jeden Fall nicht gefühlt. Aber manchmal ist man schon dankbar, wenn einem überhaupt der Hunger gestillt wird. Und rein optisch waren wir ja erst mal beglückt!